Seite 8 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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Umlage oder echte interne
Leistungsverrechnung?
Eine Umlage ist der Versuch, mittels einer
Schlüsselgröße rechnerisch einen Verursa-
chungszusammenhang herzustellen, der in
der Realität gar nicht existiert.
Zweck des
Schlüsselns ist es, die vollen Herstellkosten und
die Selbstkosten einer Einheit berechnen zu
können. Man versucht, Schlüsselgrößen (z. B.
belegte Quadratmeter Gebäudefläche oder An-
zahl installierte IT-Arbeitsplätze) festzulegen,
welche die fixen Kosten der für andere Kosten-
stellen geleisteten Dienste möglichst genau ab-
bilden. Mittels dieser Schlüssel erfolgt dann zu-
erst die Verrechnung zwischen den abgebenden
und den empfangenden Kostenstellen. Dadurch
gelangen die Umlagekosten in den Vollkosten-
satz der direkt am Produkt arbeitenden Kosten-
stellen und von dort auf die Produkte (auch in
Abbildung 1 wurde so vorgegangen).
Fixe Kosten entstehen für Strukturen und
Kapazitäten. Sie sind die Folge von Ma-
nagement-Entscheiden. Proportionale Kos-
ten werden von der Struktur (Stückliste
und Arbeitsplan) und der Menge der herge-
stellten Produkte getrieben.
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Ein direkter Verursachungszusammenhang
zwischen der Höhe der fixen Kosten und der
Anzahl hergestellter Einheiten kann folglich
nicht bestehen. Deshalb muss auch jeder an-
gewendete Schlüssel per Definition falsch sein.
Umlagekosten sind immer falsch; niemand
kann beweisen wie falsch.
Gebäudekosten, IT-Kosten, das Betriebsleiter-
gehalt, die Infrastruktur für die interne Energie-
versorgung, die Kosten für Einkauf und Lage-
rung oder die Größe der Personalabteilung sind
nur indirekt von der Produktionsmenge abhän-
gig. Es besteht
kein direkter Verursachungs-
zusammenhang
. Die Kapazitäts- und Struk-
turkosten der direkt am Produkt arbeitenden
Kostenstellen, vor allem die Personalkosten der
nicht produktiv eingesetzten Stunden und die
leistungsunabhängigen Abschreibungen (vor-
gehaltene, nicht genutzte Kapazität) werden
ebenfalls nicht durch die hergestellten Produkt-
einheiten verursacht.
Echte innerbetriebliche Leistungsver-
rechnung ILV ist keine Umlage.
Diese wird
eingesetzt, wenn ein Kostenstellenleiter selbst
bestimmen kann, ob und wie viel Leistung er
von einer anderen Kostenstelle beziehen will
oder wenn der Leistungsbezug von anderen
direkt vom Output der eigenen Kostenstelle
abhängig ist, also eine direkte Ursache-/Wir-
kungsbeziehung besteht. Läuft eine Produk-
tionsanlage länger oder intensiver, verbraucht
sie mehr Energie, und sie muss wegen der
höheren Anzahl Betriebsstunden auch öfter
gewartet werden.
Unechte Gemeinkosten
sind leistungspro-
portionale Kosten, für deren Zurechnung auf
die Produkte der Arbeitsaufwand für die Ver-
brauchsmessung im Vergleich zu den anfal-
lenden Kosten zu hoch ist. Beispiele sind
Schmier- und Lösungsmittel sowie kosten-
günstige Verbrauchsmaterialien (z. B. Schrau-
ben, Drähte, Verpackungsmaterial oder die
Schrumpfverpackung am Ende einer Ferti-
gungsstraße). Ihre Verrechnung entspricht
nicht einer Umlage.
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Umlagen führen auf Irrwege
Die Artikelergebnisrechnung in Abbildung 1
wurde als Vollkostenrechnung erstellt. Um
wirklich alle Kosten auf die Endprodukte ver-
rechnen zu können, also für jeden Artikel ein
Produktergebnis zeigen zu können, wurden
·
die Fixkosten der vorleistenden Stellen auf
die empfangenden Kostenstellen weiter-
verrechnet (entlastet) und von dort nach
Bezugsgrößeneinheiten (Mitarbeiter- und
Maschinenzeiten) auf die Endprodukte
umgelegt (vgl. auch Abbildung 3),
·
die Materialgemeinkosten als Prozentsatz
der Einzelmaterialkosten und
·
die Verwaltungs- und Vertriebsgemein-
kosten VVGK prozentual zum Herstell-
kostenvolumen umgelegt.
Die ersten zwei Positionen ergaben die „cost
of goods sold“, die Herstellkosten der abge-
setzten Einheiten, die dritte Position führte zu
Abb. 2: Artikelergebnisrechnung als Deckungsbeitragsrechnung
Fehlentscheidungen durch Umlagen