Seite 93 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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schlecht sie angehören. Damit ergeben sich die
folgenden Kombinationen in Abbildung 1. Die
Auswirkungen auf diese vier wichtigen Gruppen
sollen nun diskutiert werden.
Auswirkungen auf die vier Gruppen
Bei den nicht besonders geeigneten Frauen
dürften im ersten Schritt die Sektkorken knal-
len. Da gemäß obiger Kalkulation fast nur
noch Frauen befördert werden können, fallen
auch bessere männliche Kandidaten als Kon-
kurrenten aus. Allerdings dürfte die Freude
bei den meisten Frauen nicht sehr lange an-
halten.
Zum einen wird diese Gruppe schnell feststel-
len, dass sie überfordert ist, und zum anderen
wird es kaum an Neidern fehlen, welche ihnen
klar machen, dass die Beförderung nur auf-
grund der Quote gekommen ist. Also selbst
für die kurzfristig größten Nutznießer ist die
mittelfristige Aussicht gemischt.
Die besonders geeigneten Frauen werden
zu Recht befördert.
Sie haben durch den
Wegfall der männlichen Konkurrenz noch bes-
sere Aufstiegschancen. Allerdings hätten sie
auch ohne diese Bevorzugung Karriere ge-
macht. Sie müssen auf der anderen Seite auch
mit dem Titel der „Quotenfrau“ leben, was ihre
Akzeptanz in den Abteilungen nicht fördern
wird.
Im Weiteren müssen sie sehen, dass andere
Frauen ohne die besondere Eignung ebenfalls
Führungskräfte geworden sind und damit die
Weiterentwicklung des Unternehmens hem-
men. Zudem wird der Aufstieg für den Fall einer
Bewerbung außerhalb der Telekom schwierig,
weil jetzt jeder weiß, dass die Beförderung bei
der Telekom nicht unbedingt nach Leistung
geht. Insgesamt gibt es also auch für diese
Gruppe keine uneingeschränkt guten Aus-
sichten.
In der Gruppe der wenig geeigneten Männer
ergibt sich zunächst keine Änderung. Sie hätten
auch bei der leistungsorientierten Auswahl kei-
ne Chance auf Beförderung gehabt. Jetzt müs-
sen sie allerdings fürchten, eine wenig geeig-
nete weibliche Führungskraft vor die Nase ge-
setzt zu bekommen. Das dürfte ihre Motivation
hemmen.
Ganz schlimm sieht es für die besonders
geeigneten Männer aus.
Trotz ihrer Fähig-
keiten sind sie über Jahre blockiert und nur
ganz wenige werden ev. noch Karriere machen.
Wenn sie dann noch daran denken, dass sie
ggf. unter einer ungeeigneten Chefin arbeiten
müssen, ist die Katastrophe komplett.
Im Weiteren sind die Absolventen der Hoch-
schulen zu betrachten, deren beste ja jedes
Unternehmen für sich gewinnen will (
war for
talents
). Welcher gute männliche Absolvent
wird jetzt noch zur Telekom gehen wollen? Sind
wenigstens die Aktionäre begeistert, die ja
schon eine lange Leidensgeschichte hinter sich
haben? Sicher nicht; sie wollen natürlich auch
nur die besten Manager, seien es Frauen oder
Männer.
Karrieremanagement für Frauen
und Männer
Wenn Frauenquoten (genauso Männerquoten)
offensichtlich unsinnig sind, so sollte eine
bes-
sere Lösung
angeboten werden. Diese gibt es
und sie besteht in einem
sorgfältigen Karrie-
remanagement für alle Mitarbeiter
. Im Laufe
der Personalentwicklung zeigen sich die Stär-
ken und Schwächen der Führungskandidaten,
wobei die Unterschiede sicher nicht immer an
der Trennlinie Frau/Mann verlaufen. Mit Kursen,
Projekten, Auslandsaufenthalten, Coaching und
Mentoring stehen die notwendigen Instrumente
zur Verfügung, um die zukünftigen Führungs-
kräfte zu entwickeln.
Sollten sich frauenspezifische Schwächen zei-
gen, so sollten diese genauso bearbeitet wer-
den wie männerspezifische. Es wird sich offen-
baren, dass in Kursen zur Behebung angeblich
frauenspezifischer Schwächen auch einige
Männer viel lernen können, und umgekehrt.
Frauenquoten sind somit eine Kapitulation
vor den Anstrengungen einer guten Füh-
rungskräfteentwicklung.
Die Telekom wird
dies teuer bezahlen, indem viele, insbesondere
männliche, Talente ihr den Rücken kehren bzw.
sich erst gar nicht bewerben werden. Neue
Führungskräfte werden wohl nur noch kom-
men, wenn sie die Quote benötigen.
Dabei bedarf es nur ein wenig Geduld, um mehr
Frauen
in Führungspositionen zu sehen. Da sie
inzwischen
bereits 60% der Absolventen in
den Wirtschaftswissenschaften
stellen, wird
auch ihr Anteil in Führungspositionen im Laufe
der Jahre zunehmen. Denn kein Unternehmen
kann sich erlauben, auf Talente zu verzichten.
Die von Ministerin Schröder geforderte Geld-
strafe von 25 T€ zeigt leider nur, dass viele
Politiker die Wirtschaft nicht kennen. Bei Vor-
standsgehältern von 500 T€/p. a. und mehr
werden die Unternehmen die Strafe gerne zah-
len, bevor sie durch ungeeignete Führungskräf-
te ein Vielfaches verlieren.
Insgesamt wäre es schön, wenn sich Politiker
und Wirtschaftsführer wieder um die echten
Probleme Deutschlands kümmern würden. Da-
von gibt es mehr als genug.
Autor
Prof. Dr. Peter Hoberg
arbeitet als Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fach-
hochschule Worms. Auf Basis einer 15-jährigen Erfahrung in in-
ternationalen Unternehmen beschäftigt er sich insb. mit Themen
des Controlling und der Investitionsrechnung. Schwerpunkt
seines Interesses ist die Verbindung von Theorie und Praxis.
E-Mail:
CM Januar / Februar 2012
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