Seite 111 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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Nachhaltiges Business braucht „green“ Controlling
Am 15./16. September trafen sich die Mit-
glieder des AK Berlin-Brandenburg zu ihrem
jährlichen Herbsttreffen. Vorbereitet von
Christina Keindorf, Bärbel Kuhn, Herwig
Friedag und Axel Meyl diskutierten sie das
Thema Nachhaltigkeit mit dem Fokus auf
„green“ Controlling. „Green“ Controlling
stellte dabei die Erweiterung des ökonomi-
schen Parts der Lotsenfunktion des Control-
lers um den ökologischen Aspekt dar.
Nachhaltigkeit ist ein moderner Management-
begriff, dessen Ansätze sich bis zu den Indianer-
stämmen Nordamerikas zurückverfolgen lassen.
Nachhaltigkeit heißt, ein regenerierbares Sys-
tem in der Weise zu nutzen, dass dieses seine
wesentlichen Eigenschaften erhält und seinen
Bestand auf natürliche Weise regeneriert. Beein-
flusst wird das System durch ökonomische, öko-
logische, soziale und kulturelle Aspekte.
Der ökologische Aspekt gewinnt für Unterneh-
men immer mehr an Bedeutung. Ressourcen-
verknappung und Umweltkatastrophen bedin-
gen eine intensive Beschäftigung mit den
ökologischen Auswirkungen unternehmerischer
Aktivitäten. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip pro-
klamiert zwar bereits einen effizienten Umgang
mit den eingesetzten Ressourcen, greift aber zu
kurz. Eine aktive Betrachtung der ökologischen
Aspekte ist unumgänglich und für den Controller
eine wichtige Aufgabe. Beispiele von erfolgrei-
chen Unternehmen zeigen, dass sich nachhalti-
ge „grüne“ Ideen rechnen können, wenn diese
in neue Geschäftsmodelle eingebracht werden.
In einer aktuellen Studie hat der ICV den Weg
zum nachhaltigen Unternehmenserfolg in einem
Fünf-Stufen-Modell beschrieben: 1. Übertreffen
ökologischer Standards; 2. Gestaltung nachhal-
tiger Wertschöpfungsketten; 3. Entwicklung um-
weltfreundlicher Produkte; 4. Einführung neuer
Geschäftsmodelle; 5. Schaffung neuer Märkte.
Jede dieser Stufen ist ein eigenes strategisches
Aktionsfeld und stellt Unternehmensführung und
Controlling vor neue Herausforderungen. Für
den Controller ergibt sich hieraus die Aufgabe,
für die Integration grüner Ziele sowohl in Strate-
gie und Planung zu werben, als auch deren Um-
setzung zwecks Steuerung zu kontrollieren. Mit
dem Aufbau von geeigneten Messinstrumenten
und der Auswahl von relevanten Kennziffern
werden ökologische Aspekte zum Teil der Unter-
nehmenssteuerung. Das regelmäßige Reporting
sorgt abschließend für Transparenz nach innen
und außen. Dabei gilt auch für „grüne“ Kennzif-
fern, dass Verantwortlichkeiten und Ziele festge-
legt werden. Ansatzpunkte bietet der Leitfaden
zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung, den die
Global Reporting Initiative erarbeitet hat.
„Green“ Controlling steht noch am Anfang sei-
ner Entwicklung. Bisher wurde die ökonomische
Notwendigkeit zu wenig erkannt, um ökologi-
sches Wirtschaften zu integrieren. Ökologie
beschränkte sich bislang überwiegend auf die
Einhaltung gesetzlicher Mindestvorgaben. Dies
auch, weil von der Kundenseite her bislang nur
wenig Druck ausgeübt wurde. Die wachsende
Notwendigkeit von Nachhaltigkeit und „green“
Controlling zeigen die Auswirkungen von Klima-
wandel und Umweltkatastrophen in der global
vernetzten Welt. Reißt, wie in diesem Jahr mehr-
fach passiert, die weltweit gespannte Lieferkette
an strategischen Stellen, ist die Materialversor-
gung von Unternehmen massiv gefährdet: ein
messbarer ökonomischer Schaden für die be-
troffenen Unternehmen.
Nachhaltigkeit wirkt global
Für Unternehmen und Controller bedeutet dies,
über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus
„green“ Controlling zu fördern und Nachhaltig-
keit zu fordern. Die bestehenden Lieferanten auf
der einen Seite zu unterstützen, ihre Prozesse
und Materialien unter nachhaltigen Gesichts-
punkten zu überdenken. Zum anderen die Aus-
wahl neuer Lieferanten unter zusätzlichen
ökologischen Gesichtspunkten vorzunehmen.
Die stärkere Einbindung der Lieferanten in die
Entwicklung neuer Produkte ist ein weiterer
Baustein. Konkrete Beispiele zeigen, wie die
Integration von Nachhaltigkeit entlang der
gesamten Wertschöpfungskette gemeinsam
mit Lieferanten und Kunden gelingen kann. In
Unternehmen lag der Schwerpunkt bisher eher
in der kostenorientierten Optimierung von Pro-
duktion und Logistik. Zukünftig sind alle Berei-
che gefordert, auch ihren ökologischen Beitrag
zu leisten. Vom Personalbereich, über die Tech-
nik bis zum Rechnungswesen und Controlling
gibt es hierzu eine Vielzahl von Möglichkeiten.
Die Rahmenbedingungen dafür sind abhängig
vom ökologischen Reifegrad des Unternehmens.
Grundsätzlich ist ausgehend von der Unterneh-
mensleitung das ökologische Bewusstsein im
Unternehmen zu fördern und eine offene Dis-
kussionskultur zu ermöglichen, welche auch
Querdenken und kreative Ideen zulässt. Der
Einsatz von Öko-Detektiven und besondere Prä-
mien für Öko-Ideen unterstützen die Implemen-
tierung. Interdisziplinäre Ideen-Zirkel erleichtern
den kreativen Prozess durch die Betrachtung
einer Idee aus verschiedenen Blickwinkeln und
der gemeinsamen Diskussion.
Im Rahmen der Bewertung aller Ideen und Maß-
nahmen fällt dem Controller die wichtige Rolle
zu, neben den „harten“ Zahlen auch „weiche“
Faktoren in die Betrachtung mit einzubeziehen.
Diese sind anfangs nicht immer in konkrete
Zahlen zu fassen, da sie einer Vielzahl von Ein-
flüssen unterliegen. Aber: Neben der weitge-
hend in den Unternehmen implementierten Ana-
lyse von Risiken wird das Chancenmanagement
vor dem Hintergrund ökologischer Entwicklun-
gen immer wichtiger. Denn letztendlich müssen
sich auch ökologische Unternehmenskonzepte
immer rechnen.
Für den Controller ergeben sich viele interne
und externe Betätigungsfelder, die weiche und
harte Themen umfassen. Recycling von Abfäl-
len, Fördermittel für Kooperationen und For-
schung, Finanzierungswege über Öko-Banken
oder Preispositionierung von ökologischen Pro-
dukten sind nur ein paar Beispiele. Weitere Bei-
spiele finden Interessierte in den vollständigen
Präsentationsunterlagen vom 49. Treffen des AK
Berlin-Brandenburg auf der Webseite des ICV:
Arbeitskreis.111114.html.
Axel Meyl
CM Januar / Februar 2012