Seite 112 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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Controller sind logische Leute. Folglich sind
sie der Meinung, dass es völlig genügen
müsste, wenn ein Sachverhalt nach be-
triebswirtschaftlicher Logik ausreichend
dargestellt ist. Das reicht indessen nicht.
Um jemanden zu überzeugen, genügt nicht
bloß die Einsicht im Kopf. Überzeugt sein
muss der andere nach dem Bild der Abbil-
dung 1 sozusagen auch unter dem Tisch.
Eigentlich finden zwei Gespräche statt. Das eine
hört man. Das sind die Dinge, die einer sagt.
Aber was er sagt, ist nicht immer auch das, was
er meint. Es findet noch ein zweites Gespräch
statt – sozusagen unter dem Tisch. Das eine ist
logisch; das andere psychologisch. Der Control-
ler sagt zum Beispiel: Sie müssen jetzt planen.
Der Verkaufsleiter erwidert, dass man
• gar nicht planen könne, weil sich immer so
viel ändert;
• bei 10 000 Artikeln eine genaue Planung
nicht möglich sei;
• im Verkauf für die Planung keine Zeit habe,
sondern verkaufen müsse.
Versucht der Controller, ein Argument nach dem
anderen logisch zu widerlegen – so wundert er
sich nach einiger Zeit, warum die Geschichte
nicht weitergeht. Meist rettet er sich dann in
den Autoritätsbeweis: Die Geschäftsleitung hat
angeordnet, dass ... Damit wird der Deckel auf
dem kochenden Topf erst noch richtig zuge-
schraubt. Was der Verkaufsleiter meint, ist
wahrscheinlich, dass er nicht gerne festgelegt
sein will. Soll er in Zahlen planen, gibt es nach-
her nicht mehr wegzudiskutierende Abweichun-
gen und einen Controller, der sich darüber her-
macht, diese Abweichungen zu analysieren. Im
Grunde genommen gefährdet das Controller-
Handwerk die Sicherheit des Partners. Er soll im
Soll-Ist-Vergleich gerade stehen. Also rettet
man sich gerne in Sphären, die auch mit beyond
budgeting bezeichnet werden. Da gibt es keine
so nachvollziehbaren Verpflichtungen. Deshalb
ist es für den Erfolg bei Planung und Budgetie-
rung, beim Controlling und bei der Führung
durch Ziele so wichtig, dass nicht nur Formula-
re und Ablaufrichtlinien aufgestellt werden, son-
dern auch Spielregeln definiert und ausdrück-
lich bekannt gemacht und anerkannt sind.
Hauptregel: Keine Sorge; man darf sich irren.
Durch die ständige Präsenz des Inhalts dieser
Spielregeln sollte es möglich sein, die Überzeu-
gung auch unter dem Tisch zu erreichen, ohne
dass im Einzelfall stets davon geredet werden
muss. Dazu kommt das Geschick des Control-
lers, im einzelnen Gespräch sich empfängerori-
entiert auf den Partner einzustellen. Manchmal
hilft es auch weiter, wenn ein Mann/eine Frau
mit Controller-Funktion für sich definiert, dass
er/sie eine Rolle spielt – wie bei einem Rollen-
spiel im Seminar.
Ein Gespräch führen
Die Sprache sagt das auch schon. Ein Gespräch
betrifft ein Sachthema – z. B. im Vergleich von
Plan und Ist oder eine sich schon abzeichnende
Abweichung. Dazu kommt das Führen. Diese
Ausdrucksweise teilt mit, dass Führen eine
zweite Aufgabenstellung ist, die sich durch
Kenntnis der Sachlage nicht schon von selber
erledigt. Das ist in Abb. 2 mit Denk- und Sprech-
blase gemeint. Das analytische Denken mit der
Frage, warum sich der Sache nach etwas ereig-
net hat, besitzt Priorität in der Gesprächsvor-
bereitung. Diagnosen kommen in der sachlogi-
schen Reihenfolge vor der Therapie. Im
persönlichen Führen motiviert es aber mehr,
nicht so viel warum zu fragen. Das kann man
auf dem Tisch so ehrlich machen, wie immer
man will. Durch das, was unter dem Tisch ist,
kommt der Gesprächspartner in das Gefühl, er
müsse Rede und Antwort stehen. Das erzeugt
kontrolliert sein und nicht Hilfe zur Selbsthilfe im
Controlling-Sinn. Also therapeutisch fragen in
der Art, wie es jetzt weitergeht. Sind die Ziele
erreichbar? Wie viele Maßnahmen und Kosten
noch nötig? Therapeutisch fragen, diagnostisch
denken. Kommt auf das Therapie erzeugende
Fragen keine klare Lösung, lässt sich die
Reihenfolge wieder umdrehen. Wenn dann
Schutzbehauptungen und Recht fer tigungen
kommen, muss man in Controller-Verhaltens-
kenntnis wissen, dass dies so geschehen muss
– von dem her eben, was unter dem Tisch liegt.
Das ist Selbstwertgefühl, Sicherheitsgefühl;
Nicht-das-Gesicht-verlieren-müssen-Wunsch.
Beyond Budgeting
Dieser Fragestil, wie es weitergeht, lässt sich
auch fördern, wenn man auf das sogenannte
phased budget verzichtet, also auf das Saisona-
lisieren des Jahresbudgets in die Monate. Dann
gibt es immer die aufgelaufene Abweichung im
year to date, die zum analytischen Rückwärts-
fragen veranlasst. Also Fragen zu bringen in der
Art: Erklären Sie mal, wieso es im 1. Quartal an-
ders gekommen ist als geplant.
Dies ist ein Exzerpt. Lesen Sie den vollständigen
Artikel auf
Ersteinsteller: Albrecht Deyhle / Gerhard Radin-
ger, Controller Akademie, veröffentlicht im
Controller Handbuch, 6. Auflage, Verlag für
ControllingWissen AG
Aus ControllingWiki: Psychologik im Controlling
Abb. 1: Psycho-Logik und Logik unter und auf dem Tisch
Abb. 2: Frageverhalten des Controllers bei Abweichungen
Internationaler Controller Verein ICV