CM Januar / Februar 2008
SCHUFA:
Bei der SCHUFA handelt es sich
bekanntermaßen um eine Gemeinschafts–
einrichtung der deutschen Wirtschaft, die
bonitätsrelevante Informationen über End–
verbraucher sammelt und bereitstellt. Das
Geschäftsmodell basiert hierbei imWesent–
lichen auf dem Gegenseitigkeitsprinzip: Das
heißt, kreditgebende Unternehmen, die Da–
ten von der SCHUFA beziehen
mWen,
müs–
sen sich ihrerseits dazu verpflichten, selbst
auch Daten zu Verfügung zu stellen. Der
Datenpool der SCHUFA setzt sich somit aus–
schließlich aus den IVIeldungen der Vertrags–
partner sowie den aus öffentlichen Verzeich–
nissen und amtlichen Bekanntgaben ent–
nommenen Informationen zusammen. Für
die Verarbeitung dieser Daten im Rahmen
des Credit-Scorings sind insbesondere die
im SCHUFA-Datenbestand enthaltenen Ne–
gativ-Informationen über Konsumenten von
Interesse, wie beispielsweise; Die Kündigung
eines Kreditvertrags, das unbestrittene
Saldo nach Gesamtfälligkeit und Verzug, die
Existenz eines Mahn- und Vollstreckungsbe–
scheids, Hinweise auf die Eröffnung eines
vereinfachten Verfahren nach der Insolvenz–
ordnung, Angaben über mögliche Lohn–
pfändungen oder Zwangsvollstreckungen bis
hin zur Abgabe einer eidesstattlichen Ver–
sicherung.
Datenpooling:
Datenpools stellen Platt–
formen dar, mittels derer kreditgebende Un–
ternehmen Zahlungserfahrungen über Kun–
den miteinander austauschen und verglei–
chen können. Das Prinzip des Datenaus-
tauschs ist dem der SCHUFA hierbei sehr
ähnlich; Unternehmen, die eigene Daten in
den Datenpool einliefern, erhalten im Gegen–
zug externe Zahlungsinformationen aus dem
Pool. Auf dem Markt existieren unterschied–
liche Datenpool-Betreiber, die sich oftmals
auf unterschiedliche Zielgruppen speziali–
siert haben. Hinsichtlich der Zusammenset–
zung der Analysezielgruppe unterscheidet
man grundsätzlich zwischen Privat- und
Geschäftskundenpools (z.B. ZaC-Pool von
Creditreform, CMS-Pool von EOS Solutions).
In Bezug auf die Datenlieferanten können
diese weiter in Branchen- und Themenpools
untergliedert werden, wobei in Branchen–
pools typischerweise Daten einer bestimm–
ten Branche bereitgestellt werden, in
Themenpools hingegen Daten enthalten sind.
die zur Lösung einer definierten Aufga–
benstellung herangezogen werden können
(z.B. Pooling-Angebote von Arvato Info-
score).
Was die Auswahl der richtigen externen Infor–
mationsquellen zur Risikobeurteilung von Neu-
und
Bestandskunden betrifft, so gibt es keine
Patentlösung, sondern muss in Abhängigkeit
von der Struktur des individuellen Kundenport-
folios sowie der Qualität, Konsistenz und Histo–
risierung der internen Datenquellen im Unter–
nehmen gesehen werden. Grundsätzlich bleibt
jedoch testzuhalten, dass keine Auskunftei
bzw. Datenpool über Datenquellen verfügt, die
den gesamten Verlauf einer „Schuldnerkarrie–
re" abdecken. „Hart negative" Merkmale wer–
den inzwischen zwar von fast allen externen
Informationsanbietern bereitgestellt, bei
„weichen" und „mittel negativen" Merkmalen
existieren
in
vielen Fällen jedoch wesentliche
Unterschiede, was Vollständigkeit und Aktuali–
tät der Datensätze angeht.
Um ein optimales Informationsbild hinsichtlich
der kundenindividuellen Bonitätsrisiken zu er–
halten,
ist es daher zwingend erforderlich,
Daten aus
komplementären Quellen
in die
Scoring-Bewertung einfließen zu lassen.
Natürlich gilt es in diesem Zusammenhang im–
mer auch, zwischen den durch die Integration
zusätzlicher externer Informationsquellen in die
Bonitätsbewertung entstehenden Kosten und
dem hieraus resultierenden Nutzen, der Er–
höhung der Prognosegüte des Scoring-
Modells, abzuwägen.
Das Ziel des Credit-Scorings ist hierbei immer
das gleiche: Kunden, mit denen das Unterneh–
men ein hohes Kreditrisiko eingeht, möglichst
gut von den
Kunden zu trennen, mit denen
das
Unternehmen ein geringes Risiko eingeht. Be–
zogen auf das gesamte Kundenportfolio bedeu–
tet das nichts anderes, als die
möglichst treff–
sichere Einordnung der Kunden in die durch
das Scoring-Modell definierten Risiko–
klassen
(siehe hierzu auch Abschnitt 3). Das
geeignete Maß zur Quantifizierung der Trenn–
schärfe ist der so genannte Gini-Koeffizient. Bei
diesem statistischen Gütemaß handelt es sich
um eine Größe zur Bestimmung der Vertei–
lungsgleichheit der Score-Bewertung, wobei
dessen Wert je nach Stärke der Ungleichheit
zwischen null (bzw. 0 Prozent) und eins (bzw.
100 Prozent) liegen kann. Ein Wert von eins be–
deutet in diesem Fall, dass das Scoring-Modell
eine perfekte Prognosefähigkeit aufweist, das
heißt, sämtliche Kunden der Gruppe solvente
bzw. insolvente Kunden richtig zugeordnet wer–
den konnten. In der Praxis ist dieser Wert je–
doch nie vollständig erzielbar, da es sich bei
Scoring-Modellen immer um Prognoseverfah–
ren handelt, deren Erkenntnisse sich aus den
analysierten Zusammenhängen in historischen
Datenbeständen ableiten. Jedoch ist es mög–
lich, durch eine intelligente Verknüpfung inter–
ner und externer Informationsquellen die Pro–
gnosegüte des Scoring-Modells erheblich zu
steigern.
Dieser Sachverhalt wird in Abbildung 2 anhand
eines Projektbeispiels noch einmal veranschau–
licht. Das hier betrachtete Unternehmen ver–
fügte über eine relativ gute historisierte Daten–
basis über das Zahlungsverhalten seiner Kun–
den. Bei ausschließlicher Nutzung der Kun-
denstammdaten sowie der Informationen aus
den internen Abrechnungssystemen als Basis
für die Berechnung des Scoring-Modells wurde
ein Gini-Koeffizient von ca. 50 Prozent erzielt.
Durch die zusätzliche Integration bonitätsrele–
vanter Informationen aus einer Wirtschaftsaus–
kunftei konnte dieser Wert noch einmal um ca.
zwölf Prozent gesteigert werden. Die Hinzunah–
me ausgewählter Merkmale aus einer zweiten
externen Informationsquelle, die im wesent–
lichen durch die erste Wirtschaftsauskunftei
nicht abgebildet werden konnten, führte dazu,
dass die Trennfähigkeit des Scoring-Modells
sich noch einmal um acht Prozent, bezogen auf
den Gini-Koeffizienten, verbesserte.
Output des Scorings: Erkenntnis–
gewinne durch Scoring-Modellie-
rung im Forderungsmanagement
Allgemein definiert handelt es sich bei Scoring
um ein mathematisch-statistisches Prognose–
oder Punktbewertungsverfahren, mit dem die
Wahrscheinlichkeit berechnet werden kann, mit
der ein Kunde ein bestimmtes Verhalten zeigen
wird. Im Rahmen des speziell im Forderungs–
management eingesetzten Antrags-, Verhal–
tens- und Inkasso-Scorings handelt es sich bei
der zu prognostizierenden Zielvariablen in der
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