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magazin 3/05 - Siegfried Weinmann
DIGITALE
DOKUMENTE
Welche Zukunft hat unser
gespeichertes Wissen?
von Siegfried
Weinmann,
Vaduz
Siegfried Weinmann, Studienabschlüsse in Mathematik und Informatik, Dr. der ETH Zürich.
Mehrjährige Projekterfahrungen als freiberuflicher Softwareentwickler im Bereich der Logistik
für Großunternehmen. Seit 1998 an der Hochschule Liechtenstein als Professor des
Kompetenzbereichs Systementwicklung, Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik und
Mitglied der Hochschulleitung
PROLOG:ZUSAMMENFASSUNG
Digital gespe i che r t e Dokumen t e l assen
sich beliebig oft or iginalget reu vervielfäl–
t i g e n u n d k ö n n e n i n n e r h a l b v o n
Compu t e r n e t z e n a l l geme i n verf i jgbar
g ema c h t u n d direkt verarbe i t e t werden ,
ohne die ums t änd l i che Überwindung von
Medienbr i Jchen; doch die Digitalisierung
un s e r e s dokumen t i e r t en Wi s sens ist mi t
einigen Risiken ve r bunden ; Auch elektro–
n i sche Medi en s ind nicht unbeg r enz t
ha l t ba r u n d ihre Daten könn e n überdi es
we g e n t e chn i s che r ode r organi sa tor i –
scher Probl eme berei t s i nne rha l b weni–
ger lahre ver ioren gehen . - Die Archivie–
rung digitaler Da t e nb e s t ä nd e stellt wich–
t ige Fragen, die sowohl t heor e t i sche wie
auch pr ak t i sche Ges i ch t spunk t e betref–
fen und Geschäftsfelder im Bereich der
Da t ens i cherhe i t erwei tern können .
1 DIGITALE DATENSPEICHERUNG
1.1 Entstehung digitaler Medien
Der Compu t e r ist in den 30e r u n d 40e r
j ähren als universel le Masch i ne für die
digi tale Da t e nv e r a r b e i t ung konz ipi er t
worden . An der Entwicklung de s Digital–
rechner s wa r en in dieser Zeit
Tuhng, Zuse,
Aiken
und von
Neumann neben
ande r en
maßgeb l i ch beteiligt . Die sehr aufwändi –
ge Ha rdwa r e di ent e in den 50e r und 60e r
jähren übe rwi egend zum Rechnen. In den
darauf folgenden zwei Jahrzehnt en eig–
ne t en sich Rechner mi t Hilfe fortschrei–
t ende r Sof twaretechnologien auch im–
me r bes se r für die Textverarbei tung. Seit
den 90er Jahren wird der Compu t e r me h r
u n d me h r zur Ke rnkomponen t e vernetz-
ter digitaler Med i ensys t eme , die auch
Geräte und Software für die Verarbei tung
von Film-, Bild-, Musik- und ande r en digi–
talen Dokumen t en umf as s t und somi t
Fernseher, Radio, CD-Spieler und ande r e
Med i enge r ä t e ve rb i nde t und ihre Einzel–
p r oduk t e dadu r ch we i t gehend er se t zen
kann.
Dokument e , die e ins t auf Stein,
Ho l z , P a p i e r b o g e n , Ma g n e t b a n d ,
Metallfolie, Vinylplatte oder ähnl i chen
Trägem, in quas i analoger Form und
für d e n Me n s c h e n me i s t direkt lesbar
f e s t g e ha l t e n wo r d e n s i nd , w e r d e n
heu t e digital gespe i cher t , s o da s s s ie
v om Computer g e l e s en und direkt ver–
arbei tet we rden können .
Die Digitalisierung und Verteilung unse r es
Wi s sens i nne r ha l b von imme r we i t er
v e r zwe i g t e n Comp u t e r n e t z e n b r i ng t
u n s n ä h e r an bi s l ang schwe r zugäng–
liche Da t e nb e s t ä nd e und verkürz t da–
durch die Informat ionswege rapide. Doch
we l chen Preis ha t die hohe Datenver–
fügbarkei t in kommerz i e l l en sowi e in
pr iva t en Bereichen und we l che Risiken
s i nd mi t de r Digi t a l i s i erung u n s e r e s
Wi ssens ve r bunden? Welche grundlegen–
den Bedingungen gel ten für die Daten–
b a u s t e i n e de r digi talen Informa t ions –
n e t z e , im Hi nb l i ck
da r auL
i hr Ver–
fügbarkei t sniveau langfristig zu stabili–
sieren oder zu s teigern?
1.2 Grundeigenschaften digitaler
Daten
Von al len ze i chenor i ent i erten Daten–
s y s t eme n ist das binäre
(aus zwei ver
s c h i e d e n e n Z e i c h e n
b e s t e h e n d e )
Spe i che r s y s t em da s e infachs t e u n d
effizienteste.^
Aus d i esem Grund wer–
d e n Da t en e l e k t r on i s c h e r Da t enve r –
a r b e i t ung s s y s t eme (auf magne t i s chen
ode r op t i schen Da t ent rägern) als struk–
tur i er t e Bi t sequenzen gespe i cher t .
Digitale Dokumen t e haben die heraus ra–
genden Vorteile, d a s s sie sich beliebig oft
or iginalget reu vervielfältigen lassen, und
d a s s digital gespe i che r t e Da t en inner–
ha lb von Compu t e r ne t zen beliebig ver–
fügbar g ema c h t und direkt (ohne Über–
wi ndung von Med i enbrüchen) verarbei–
t e t we rden können .
1.3 Entstehung von Information aus
digitalen Daten
Der Zugriff auf digital gespe i che r t e Da–
t en , als Rohstoff für Informat ion, beg i nn t
bei der syn t ak t i s chen Ebene (Wie l aut e t
die Zeichenfolge?), durchläuf t die seman-
t i sche Ebene (Was bedeu t e t die Zeichen–
folge?) und ende t auf der p r agma t i s chen
Ebene (Was bewi rkt die Zeichenfolge?).
Aus pr ak t i sche r Sicht ver i angt jeder In–
f o r m a t i o n s p r o z e s s , d a s s d i e infor-
ma t i o n s g e n e r i e r e n d e Zeichenfolge (a)
phys ikal i sch lesbar, (b) logisch ver s t änd–
lich u n d (c) mot ivi sch relevant ist.
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