Seite 72 - 2002-06

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C o n t r o l l e r
magazin 6/02 - Torsten Peukert / Stephan Fleischer
Durchführung imKreditinstitut
Eine Mindestanforderung an die inter–
nen Ratingverfahren ist die Verpflichtung
zur tatsächl ichen Anwendung und Nut–
zung des Verfahrens auch zur internen
Steuerung der Bank. Hieraus lässt sich
u. a. auch ableiten, dass zukünf t ig jede
Kreditentscheidung mi t einem internen
Rat ing verbunden sein w i r d . Hinzu
kommt , dass in den Kredi t inst i tuten das
Ratingverfahren als institutional isierter
und regelmäßiger Prozess eingeführt
wi rd. Neuratings werden dann jeweils
bei signi f ikanten Veränderungen des
Kunden bzw. des Kundenumfeldes, aber
mindestens einmal jähdich erfolgen.
In den Inst i tuten wi rd es eine
TVennung
v on Ra t i ngdur ch f ührung u n d Ent–
s che i dung s kompe t enz
geben müssen.
Zusätzlich wi rd eine unabhängige Über–
wachung der Ratingsystematik und des
Ratingverfahrens durch die Bankaufsicht
gefordert.
Zusammenhang mit Konditions–
gestaltung
Typische Bestandteile der Preisfindung
von Kreditgeschäften in Banken sind:
^ Laufzeit des Kredites,
^ Marktzinsniveau,
^ Risikoprämie (Ausfallwahrscheinlich–
keit des Kredits),
^ Besicherung des Kredits,
Kosten der Eigenkapitalhinterlegung,
^ Eigenkapi tal rendi te und Gewinn–
marge,
* Kosten der Kreditvergabe.
Das Ratingergebnis wi rd also an zwei
Stellen in die Kalkulation des Kreditpreises
einbezogen, sowohl als Risikoprämie als
auch als Kosten für die notwendige
Eigenmittelunteriegung.
Basel II ändert aber nur die Ermi t t lung
der Eigenmitteluntedegung und dies ist
i.d.R. nur ein Teil des Gesamtpreises ei–
nes Kreditgeschäftes. Größere Bedeutung
im Rahmen des Pricing hat dagegen die
Ermi t t l ung der Risikoprämie, da das
Rat ingergebnis die Wahrscheinl ichkei t
des Forderungsausfal ls i n e i nem be–
s t immten Zei t raum repräsentiert. Bei der
Risikoprämie handelt es sich - verein–
facht formul iert - um eine „Versicherungs–
prämie", die das kredi t individuel le Aus–
fallrisiko widerspiegelt und die in die
Gestaltung der Kreditkonditionen des be–
treffenden Kredites einfließt.
Entsprechend lässt sich der sogenannte
„erwar tete Ver lust " aus diesem Ge–
schäft errechnen. Dieses Verfahren ist
z. B. aus der Versicherungsmathematik
bekannt, auch hier werden die Prämien
a n h a n d de r Ve r l u s t e i n t r i t t swah r –
scheinl ichkei t entsprechend ermi ttel t.
Die mögl ichst korrekte Ermi t t lung dieser
Risikoprämie ist Grundvoraussetzung
bankbetriebl icher Geschäftskalkulation.
Die Durchsetzung der ermi t tel ten Prä–
mie ist für die Kreditinstitute betriebs–
wirtschaftl ich unabdingl ich und vollkom–
men unabhängig von der Änderung der
Vorschriften zur Eigenmittelunteriegung
durch Basel II. Deshalb ist auch die Ablei–
tung von „drastischen Folgen für die
Kreditversorgung des Mi ttelstandes" aus
Basel II so nicht nachvollziehbar.
Gleichwohl werden unter dem Einfluss
von Basel II durch die Einführung eines
val iden internen Ratingsystems immer
mehr Banken in die Lage versetzt, die
Risikoprämie erstmals korrekt zu er–
mi t teln. Die Durchsetzung dieser Prämie
am Markt wi rd dann zu einer bonitäts–
abhängigen Konditionsspreizung führen.
Das folgende Beispiel verdeutl icht die
Errechnung der Risikoprämie:
PD (Ausfallwahrscheinlichkeit) = 1 %
RR (Recovery Rate) = 10 %
Sicherheitenwert = 50 T€
Kredithöhe = 100T€
Kreditrisikokosten (vereinfacht für eine
Periode):
= (Kredithöhe-Sicherheitenwert)*(1 -RR)*
PD = (100-50)*(1-0,1)*0,01
= 0,45
Dies bedeutet, dass die Beispielfirma mi t
einer statistischen Ausfallwahrscheinlich–
keit (PD) von 1 % im ersten )ahr (ent–
spricht in etwa einem Standard&Poors
Rating von BB), bewertbaren Sicherheiten
von 50 T€ und einem Rückfluss im
Konkursfall von nochmals 10 % der Rest–
forderung (Recovery Rate = 10%) einen
Risikoaufschlag von 0,45% p.a. auf den
Kreditbetrag von 100 T€ zu zahlen hat.
Auswirl(ungen auf Unternehmen
Letztendlich lassen sich die konkreten
Auswirkungen auf das einzelne Unterneh–
men nur nach einer i nd i v i due l l en
Stärken-ZSchwächenanalyse beschrei–
ben. Allerdings kann davon ausgegangen
werden, dass folgende Punkte die Mehr–
zahl der mittelständischen Unternehmen
- zumindest teilweise - betreffen:
• Schaffung der notwendigen Trans–
parenz und Informationsbereitschaft
als Voraussetzung eines sachgerech–
ten Rating;
• Verbesserung der unternehmens–
internen Abläufe und der internen
Kommunikat ion;
• Verbesserung des internen Berichts–
und Managemen t i n f o rma t i ons –
systems;
• Einrichtung bzw. Anpassung eines lei–
stungsfähigen Controllingsystems mi t
Funktionen zur Planrechnung und
zum Plan-Ist-Ab–
gleich sowie der
Trennung zwi –
schen externem
und i n t e r nem
Rechnungswe –
sen;
aktive und
r e g e l m ä ß i g e
Kommuni kat ion
mi t den Kredit–
gebern;
s o w e i t
mög l i ch und
sinnvoll Erschließung neuer Wege der
Fremdfinanzierung und einer neuen
Eigenkapitalkultur.
Sowohl die Vorbereitung auf das bank–
i n t erne
Rat i ng als auch das
Ratingverfahren selber sollten als Chan–
ce und kostenloses Frühwarnsystem ver–
standen und genutzt werden. Die Unter–
nehmensanalyse sollte so schnell als
mögl ich vorgenommen werden, dami t
noch ausreichend Zeit zur Umsetzung
der notwendigen Veränderungen bleibt.B
Zuordnung CM-Themen-Tableau
2 3
3 7
G
F
598