Seite 31 - 2002-06

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Co n t r o l l e r
magazin 6/02
einer Online-Bestellung oder dem Aus–
gleich einer elektronischen Rechnung. Die
Zahlungsmethode kann dabei entweder
bereits zum Zeitpunkt der Bestellung oder
erst nach der Präsentation der Rechnung
auf dem EBPP-Portal angeboten werden.
Im ersten Fall bevorzugt die Mehrzahl
der Konsumenten auch beim Online-Kauf
noch die klassische Rechnung, Einmal–
lastschrift und Zahlung per Nachnahme.
Die Lieferung von Produkten und Dienst–
leistungen an anonyme Käufer stellt da–
mi t hohe Anforderungen an ein reibungs–
los hjnktionierendes
Risk Management ,
das je nach
K u n d e n b e u r t e i l u n g
(Scoring)
eine Lieferung der bestellten
Waren und Dienstleistungen von fest
definierten Kriterien abhängig macht. Die
Berei tstel lung der ebenfalls aus dem
Scoring-Prozess resultierenden, jeweils
kundenspezifisch „r icht igen" Zahlungs–
methode schließt den Bestellvorgang ab.
In der Praxis gibt es hierzu eine Reihe von
spezialisierten Dienstleistern, die sich
über standardisierbare Schnittstellen in
die Finanz- und Vertriebssysteme des lie–
fernden Unternehmens integrieren las–
sen. Die mögl iche Auslagerung von
Dienstleistungen reicht dabei von der
reinen Payment-Abwicklung über das
Scoring von Kunden bis hin zur komplet–
t en Kundenbe t r euung und dem
Debitorenmanagement inklusive Mahn–
wesen und Inkasso. Die Funkt ional i tät
des Risk Management lässt sich in glei–
cher Weise, nur zeitlich asynchron ver–
setzt, für die Auswahl der Zahlungsart
erst nach Erhalt der elektronischen Rech–
nung auf dem EBPP-Portal einsetzen.
Im Rahmen des Customer Dispute Mana–
gement erfolgt die elektronische Verar–
bei tung von eingehenden Reklamationen
oder sons t i gen Kundenbet reuungs–
aufgaben, die ggf. zu zahlungswirksamen
Geschäftsprozessen (Gutschrift, Storno,
Ersatzlieferung, etc.) führen. Die Einbet–
tung dieser Funkt ional i tät in bereits exi–
stierende elektronische Kundenbetreu–
ungssysteme, so genannte Customer
Relationship Systeme, verstärkt die elek–
tronische Rechnungsabwicklung als we–
sentlichen Kontaktpunkt zum Kunden.
Inwieweit dieses „elektronische Call Cen–
ter" die traditionel le Kundenbetreuung
über Telefon, Fax oder eMail ablösen kann,
hängt von den Absatzkanälen, dem
Kundenportfol io und nicht zuletzt der
Komplexität der Geschäftsprozesse in der
Kundenbetreuung ab.
Exkurs: Rechtliche Anforderungen
an elektronische Rechnungen
Seit dem 01.01.2002 gilt im Rahmen
des deutschen Umsatzsteuerrechts
als Rechnung auch eine mi t einer
qual ifizierten elektronischen Signa–
tur mi t Anbieter-Akkreditierung nach
§ 15 Abs. 1 des Signaturgesetzes
versehene elektronische Abrech–
nung, welche nun gleichrangig ne–
ben den herkömml i chen Papier–
rechnungen verwende t werden
kann. Hierunter fallen insbesondere
Abrechnungen, die über das Inter–
net (eMai l) übe rmi t t e l t werden.
Während der Aufbewahrungsfr ist
gemäß § 147 Abs. 3 AO muss ab
dem 01.01.2002 sichergestellt sein,
dass die in den elektronischen Rech–
nungen enthaltenen und auf Daten–
trägern gespeicherten Daten jeder–
zeit verfügbar sind und unverzüg–
lich lesbar gemacht werden können
(§ 146 Abs. 5 S. 2 AO). Die Finanzver–
wal tung ist gemäß § 147 Abs. 6 AO
nunmehr berechtigt, Einsicht in die
gespeicherten Daten zu nehmen und
hier für auch das Datenverarbei –
tungssystem des Steuerpflichtigen
zu nutzen bzw. eine maschinel le
Auswertung der Daten oder die Zur–
ver fügungstel lung der Daten auf
einem Datenträger zu verlangen.
Der Betrieb von EIPP- und EBPP-Portalen
erfolgt entweder durch das fakturieren–
de Unternehmen selbst (Direkt-Biller-Mo-
dell) oder über Dienstleister, die in der
Funktion des so genannten Consolidators
(Consol idator-Model l ) mehrere Rech-
nungssteller über ein Portal abwickeln.
In Frage kommen hierfür z. B. Banken,
Telekommunikationsanbieter und Inter–
net Service Provider
Zentraler Baustein einer FSC-Lösung in–
nerhalb des Unternehmens ist das
Cash
Management .
Hier werden alle eingehen–
den und ausgehenden Zahlungsströme
geplant, gesteuert, überwacht und das
zur Verfügung stehende Geldvermögen
d i spon i e r t
( „Treasury" ) .
Ein
großer Schritt besteht oftmals in der Bün–
delung dieser Geldströme an einer zen–
tralen Stelle im Unternehmen oder Unter–
nehmensverbund. Ziel ist es dabei, die
o f tma l s h i s t o r i s c h g e w a c h s e n e n
„Zahlungsinseln" im Unt ernehmen zu
be s e i t i gen .
In der Li teratur und den
Produktbeschreibungen entsprechender
Systemlieferanten und Payment-Service-
Provider (PSP's) finden sich in diesem
Zusammenhang Begriffe wie „bi l l factory"
oder „corporate
Clearing
center". Die
Administrations- und Steuerungsfunktion
erfolgt dabei sowohl nach außen, d. h.
unternehmensextern, als auch innerhalb
von Unternehmensgruppen. So wi rd über
Cash-Pooling das im Konzern verfügbare
Geldvermögen gebündelt und für die Dis–
position zentral zur Verfügung gestellt.
Zusammenfassende Beurteilung
Das Financial Supply Chain Management
setzt die Idee der Optimierung von Güter–
st römen konsequent auf den Finanz–
mittelbestand eines Unternehmens mi t
seinen Zu- und Abflüssen um. In die Be–
trachtung fließen alle zahlungsrelevanten
Geschäftsprozesse über die gesamte Wert-
schöphrngskette eines Unternehmens ein,
von Lieferanten- über Kundennetzwerke
bis hin zu beteiligten Dienstleistern. Die
verbesserte Informationsqualität für die
notwendige Berei tstel lung von Geld–
vermögen optimiert die Liquidität. Durch
die Implementierung von Risk-Manage-
ment-Systemen lässt sich die Absicherung
von Forderungen realisieren und das
Zahlungsausfall- und Betrugsrisiko mini–
mieren. Die medienbruchfreie elektroni–
sche Verarbeitung von Eingangs- und Aus–
gangsrechnungen erhöht die effiziente und
effektive Verarbei tung an den Unter–
nehmensschnittstellen Einkauf und Ver–
kauf deutlich. Das integrierte Dispute Ma–
nagement schließlich komplet t iert die
Funktionalität der FSC als zentrale Infor–
mations- und Kommunikationsplattform.
Wesentliche Erfolgsfaktoren für die Ein–
führung einer FSC-Lösung sind:
^ die Fokussierung auf Verbesserungs–
potenziale bei Geschäftsprozessen im
Lieferantenmanagement, v. a. bei der
Verarbe i tung elekt ronischer Ein–
gangsrechnungen und Behandlung
von eigenen Reklamationen;
^ die Fokussierung auf Verbesserungs–
potenziale bei Geschäftsprozessen im
Kundenmanagement;
^ die Bünde l ung al ler zah l ungs –
relevanten Informat ionen in einem
zentralen Cash-Management;
die Auswahl und Integration ergän–
zender Systemmodule oder Dienstlei–
ster in die existierende IT-Umgebung;
* die Berücks i cht i gung recht l icher
und steuerrecht l icher Rahmenbe–
dingungen.
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