Seite 3 - 2002-06

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Controller magazin 6/02
TABLEAU
DE BORD
von Klaus W.
Herterich,
Paris
Dipl.-Kfm. Klaus W. Herterich, Conseillers de Direction
franco-allemands, 35, rue La Boetie, F-75008 Paris
Ba l anc ed Scorecard, qu ' e s t - c e qu e
c'est? Kein JVlensch in Frankreich we i ß ,
wa s das ist.
Ich erkläre also meinem
Pariser Gesprächspartner probehalber,
was ich meine, spreche von Vision und
Strategie und sage, man könne doch de–
ren Einhaltung im Unternehmen nicht
nur mi t Finanzzahlen steuern, sondern
brauche dafür auch nicht-finanzielle In–
dikatoren.
«Mai s oui , Monsieur, jetzt
vers t ehe ich, Sie me i n e n das Tableau
de bord, ja, das hab e n wir natürl ich.»
«Tableau de bord» ist das Zauberwort,
das in Frankreich jeder kennt. (Mehrzahl:
Tableaux de bord, beides gleich aus–
gesprochen). Wört l ich heißt das Bord–
tabelle oder
Bordtafel. Auch da s Ar–
maturenbre t t e i n e s Autos he i ßt «l e
tabl eau de bord».
Soweit
ich
zurückdenken kann, haben
Bewerber für Führungspositionen deut–
scher Tochtergesel lschaf ten auf die
Frage, wie sie ihre Management-Tätig–
keit steuern, gesagt, das mache ich mi t
Budgets und mi t dem Tableau de bord.
Dazu ist ein Blick in die französische Fach-
l i t e r a t u r auf sch l ussre i ch. Ein Buch
«MaTtrise du Contröle de Gestion»
(sinn
gemäß «Controlling in den Griff bekom–
men») enthält 2 5 Seiten über das Tableau
de bord. Da steht «Ein dynamisches
Führungskonzept mi t dezentralisierter
Verantwortung erfordert
s tändi ge Koor–
dinat ion der Ziele und Dezentral isie–
rung ihrer Einhal tung. Dies erfordert
Tabl eaux d e bord für j ede Ebene :
Direction Generale, Geschäf tsbereiche
und operat ive Ebene .
Sie müssen drei
Anforderungen erfüllen:
1
. Aufzeigen der Ist-Situation
bezogen
auf Umfeld und Ziele.
2. Wahl der Kr i ter ien,
d i e e i n Ab–
we i c h e n
vom geplanten Weg deut–
lich machen.
3.
E i n s c h ä t z u n g d e r F o l g e n
v on
Korrekturentscheidungen.»
Das Buch kam 1985 in dri tter Auflage
heraus. Ich habe zum Vergleich in dem
Buch «Controlling» von 1991, herausge–
geben von Johann Risak und Albrecht
Deyhle nachgelesen. Dort kommt in
Deyhle's «Gedankenstützen zu den
En twi ck l ungsper spek t i ven des Con–
trolling» (Seite 359) die Balanced Score–
card noch nicht vor Sie ist, wenn ich
richt ig sehe, in Deutschland ab etwa um
1998 ins allgemeine Controller-Bewusst–
sein gedrungen.
In Frankreich ist seit Mi t te der achtziger
lahre in unzähligen Büchern vom Tableau
de bord die Rede. Allerdings findet man
die einschlägigen Ausführungen meist
nur als Unterkapi tel in Werken mi t
nobleren Titeln wie «Analyse financiere»
oder «Gestion financiere». Contröle de
gestion kommt in Frankreich erst an zwei–
ter oder dri tter Stelle.
Das Tableau de bord sei vergleichbar
mi t d em Cockpit e i ne s Flugzeugs oder
d em Führerstand e i ne s TGV, he ißt e s
an ande r e r Ste l l e . Auch da s Wort
«p i l o t ag e » k omm t d a b e i vor, a l s o
Lotsen, Steuern.
Ein anderer Autor meint, die im Tableau
enthal tenen Indikatoren sol l ten
«p e u
nombreux» ,
d. h. wenig zahlreich sein.
Sie müssten für jeden operativ Verant–
wor t l i chen 1. wi r ksam und flexibel,
2. aufs Wesentliche fokalisiert, 3. hand–
lich formul iert sein und 4. auf die er–
forderi ichen Korrekturentscheidungen
hinweisen. Hier kommt das «one-page-
only-Prinzip» von Albrecht Deyhle (CM
6 / 99 , Seite 424) zum Vorschein.
Al lgemein gilt die Regel, ein Tableau de
bord solle nicht mehr als zehn bis fünf-
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