Seite 86 - 2000-04

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magazin 4/2000 - Ol i ver Fröhl ing
Kundenprofile
Marketlngkostenfr'
(kundenbezogen)
Market ingkos ten
( un t e rnehmen s be z og en )
Te chno l og i eko s t en
(luK-lnfrastruktur und
-Appl ikat ionen)
Log i s t ikkos t en
(wer tke t t enbezogen)
Ve rwa l tungskos t en
Abb. 3: Kundenprofile als „virtuelle
Produkte"
FAZIT
Die Beurteilung des zukünft igen Erfolgs
v o n E Comme r c e s owo h l aus de r
Wirtschaftlichkeitsperspektive des Anbie–
ters als auch aus der Nutzenperspektive
des Nachfragers ist heute noch ungewiss,
gerade in Deutschland. Es überrascht
ni cht ,
dass
die E rwa r t ungen v o n E-
Commerce- und E-Business-Anbietern
„auf dem Sprung" polarisieren: Während
Hasso Plattner,
Vorstandssprecher von
SAP,
die Präsentation der Internet-Vision
des Unternehmens auf der Sapphire-An-
wenderkonferenz in Philadelphia im Sep
tember 1999 mit demSong
"1
want to
break free" einläutete
[Müller/Preissner
1
999a, S. 73), konstatiert Erwin
Conradi,
Aufsichtsratschef der
Metro,
nüchtern:
„Wir kannibalisieren uns lieber selbst, als
dass wi r uns von anderen kannibalisieren
lassen."
[Fischer
1999a, S. 39) Beiden
Statements ist eines gemeinsam: Die
Auseinandersetzung mit E-Produkten
und E-Services ist nicht mehr nur en
vogue, sondern wi rd von den Unterneh–
men als
„Muss" ,
gar als
Über lebensf rage
gesehen, unabhängig davon ob die je–
weiligen Konkurrenten nun
Oracle
oder
Wal-Mart
heißen mögen. Also:
„ (M)E too,
aber wi e?"
Entscheidend wi rd sein, in–
wieweit die neuen Spielregeln der „Inter–
net-Ökonomie" verstanden und adaptiert
we r den .
P r e i s p o l i t i k u n d Ko s t e n –
management
spielen dabei eine elemen–
tare,
logistisches Zei tmanagement über
alle Wer t schöpfungss tufen viel leicht
eine noch größere Rolle.
Und wenn man
kreativ über Konzepte für das
Internet -
Ma r ke t i ng
im Kontext der „Massen–
individual isierung" nachdenkt, dann soll–
te man die Leistungsseite nicht verges–
sen, denn ein Tester merkt sehr schnell,
ob sich ein altes Produkt lediglich in ei–
nem neuen Gewand präsent iert (vgl .
Müller/Preissner
1
999a, S. 70) und ein
Kunde wi rd trotz Preisvorteilen dem An–
bieter durch Abst immung per Mauskl ick
schnell verdeutl ichen, dass die „Problem–
lösung" für ihn mehr ist als nur das Buch
oder die Musik-CD.
Und wie verhäl t es sich schließlich mit
der eingangs erwähnten
Wer tsteigerung
aus Sicht des Shareho l der s?
Henry
Blodget
„ist einer der Analysten, die es
leicht und gleichzeitig besonders schwer
haben: Sie geben Urteile über Unterneh–
men ab, die meist keine Gewinne erzielen
und über die es kaum greifbare Daten
gibt" [msch
1
999) Ende
1
998 überrasch–
te er die Fachexperten mit einer äußerst
opt imist ischen, im Nachhinein konser–
vat i ven Wachs tumsprognose für die
Amazon-Akt ie. „E Hysterie" bei einem der
weltweit führenden „E-Analysten"? Nein.
Er empfiehlt, dass selbst der Anleger mit
„Spass am Risiko" nur in Branchenführer
des E-Commerce investieren sollte und
auch dann maximal fünf bis zehn Pro–
zent des Anlagekapitals. Er emp–
fiehlt auch, eine Anlage in vielver–
sprechende E-Commerce-Unter–
nehmen der zwei ten Generation
zu überdenken. Dies gerade vor
dem Hintergrund einer mögl ichen
Übernahme durch Branchenfüh–
rer im Handel . Diese Empfehlung
deckt sich mit den Über legungen
von
Andrew Crove,
der davon
überzeugt ist,
dass mittel - bis län–
gerfr ist ig das reine „Kl i ck -Un -
t e r n e hme n " ke i nen Bes t and
haben w i r d u n d dass Internet -
F i rmen phys i sche Kapaz i täten
aufbauen müssen , um we l twe i t
l ieferfähig zu sein.
„Die Start Ups
müssen wachsen und die Fähig–
keiten großer Untenehmen erwer–
ben, sonst können sie im globa–
len Wettbewerb nicht bestehen."
(Mül ler/Preissner
1999b,
S. 78)
So ist nicht gänzl ich ausgeschlos–
sen, dass Branchenriesen wie Wal-
Mar t in Zukunft
e\r\ Amazon.com
akquirieren, um die eigene Größe
und Ressourcenstärke mit der Geschwin–
digkeit und Kundennähe eines reinen On–
line-Händlers zu kombinieren und zu ei–
nem sog. „Clock and Mortar" -Unterneh-
men zu werden. Diese Akquisi t ionen
werden nicht aus technologischen, son–
dern aus kundenbezogenen Über legun–
gen erfolgen. Dabei geht es wie erwähnt
ni cht um den E rwe r b qual i f i z i er ten
Adressmaterials, sondern um aussage–
fähige, dynamische Kundenprofile. Inso–
fern erhöhen die heute aufgewendeten
Marketing- und Technologiekosten der
Onl ine-Unternehmen ihren Marktwer t
morgen erhebl ich und stellen mi thin eine
positive Investition in die Zukunft dar -
in welchem organisatorischen Kontext
auch immer
Literatur
Amazon.com:
Investor Relations, Seattle 1999,
<
.
Anton, T.:
RoleBased, Personal Interface, Präsen–
tation auf der SAPPHIRE '99, Nizza 1999, <http:
/
.
Barnes & Noble:
1998 Annual Report - Financial
Data & Shareholder Information, Dallas 1999,
<
.
Barret,
C. R.:
E Business: Ein Blick in die Zukunft,
in: Harvard Business Manager, 1999,4, S. 9-12.
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