Controller magazin
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STRATEGISCHES
STRUKTURKOSTEN–
MANAGEMENT
Von pragmatischen Methoden zu Denken
in Wirkungsketten und Wirkungsnetzen
Eine Möglichkeit zur flexibleren Reaktion
auf das wirtschaftlich schwierigere Umfeld
von Dr. A. B.
Glutz von Blotzheim,
Controller and Contracting Supervisor, Pharma International
Clinical Research, F. Hoffmann-La Roche Ltd, Basel, Schweiz
Empirische McKinsey-Untersuchungen bei deutschen Betrieben weisen darauf hin, "daß sich Rendite–
unterschiede zwischen Unternehmungen mit vergleichbaren Sortimenten und Fertigungs verfahren primär
durch unterschiedtiche Gemeinkosten-Strukturen erklären lassen". Vor diesem Hintergrund untersuchen
wir im folgenden die h/fethoden des strategischen "Strukturkostenmanagements" in der Chemischen
Industrie. Einführend werden fundamentale Kostenbegriffe in Erinnerung gerufen, im zweiten Abschnitt
die Gründe für den ansteigenden Anteil der Strukturkosten an den Gesamtkosten in den Unterneh–
mungen aufgezeigt, im dritten Abschnitt Instrumentarien zur Sctiaffung flexiblerer Strukturen be–
schrieben und im vierten Abschnitt Lean Management dargestellt. Die Denkweisen der verschiedenen
h/lethoden werden gegeneinander abgegrenzt. Abschließend wird auf den wichtigsten Produktionsfaktor
Humankapital im Zusammenhang mit dem Freisetzen nicht benötigter Kapazitäten kritisch venwiesen.
A. KOSTENBEGRIFFE IM ZUSAMMENHANG
MIT STRUKTURKOSTEN-MANAGEMENT
In den westlichen Volkswirtschaften besteht eine
immer stärkere Diskrepanz zwischen der hoch–
dynamischen Entwicklung und der zunehmenden
Starrheit der Unternehmungen als Folge des immer
höheren Kapitaleinsatzes und der zunehmenden
Größe der Betriebe. Die Unternehmungen kennen
dadurch das Problem der Strukturkosten. Vom
erfolgreichen Management der Strukturkosten
(fixen Kosten) hängt in zunehmendem Maße die
Existenz oder zumindest die Wirtschaftlichkeit ab.
Für die einzelne Unternehmung ist die Kapazität ein
Mittel zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit, denn nur
bei optimaler Kapazitätsausnutzung ist wirtschaft–
lichste Produktion möglich. Bei optimalen betriebli–
chen Kapazitätsverhältnissen können die Struktur–
kosten (fixen Kosten, feste Kosten) auf die günstigste
Produktionsmenge verteilt werden. (K. Mellerowicz,
"Allgemeine Betriebswirtschaftslehre").
Bereits 1928 hat Schmalenbach auf das rasche
Wachstum der Fixkosten (Strukturkosten) hingewie–
sen (vgl. Eugen Schmalenbach, "Die Betriebswirt–
schaft an der Schwelle einer neuen Wirtschafts–
verfassung', zit. in: A. Deyhle, "Grenzkosten und
Fixkosten - Produktkosten und Strukturkosten",
Arbeitspapier, Gauting/München o. D., S. 2):
"..., daß der Anteil der proportionalen Kosten immer
kleiner geworden ist, und zwar so sehr, daß schließ–
lich der Anteil der fixen Kosten für die Produktions–
gestaltung bestimmend wurde."
"... die Epoche der freien Wirtschaft war nur mög–
lich, wenn die Produktionskosten im wesentlichen
proportionaler Natur waren. Sie war nicht mehr
möglich, als der Anteil der fixen Kosten immer
beträchtlicher wurde".
Schmalenbach benutzte den Begriff "proportionale
Kosten" (variable) doppeldeutig: Einmal drückt er
aus, daß sich durch die technologische Entwicklung
das Kostenbild ändert. In einer handwerklichen
Fertigung, in der die manuelle Arbeit dominiert, ist