Seite 38 - CONTROLLER_Magazin_1991_05

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Controller magazin 5/91
hat oder als das irgendjemandem - am wenig–
sten dem Betroffenen - lieb sein kann. Das in
ganz groben Zügen einige dieser Kraftlinien,
einige dieser tektonischen Strukturen und
zugleich ihrer Gefahren. Jedes einzelne ließe
sich noch sehr viel länger ausdehnen.
Ich möchte für den unternehmerischen, für den
unternehmungsstrategischen Aspekt nun
daraus ganz wenige, sehr kursorische und nur
demonstrative Schlußfolgerungen ziehen und
Beispiele anführen. Zunächst die, daß die
Herausforderungen, daß die Aufgaben bedeu–
ten, daß wir nicht in einer Keynes'schen Situa–
tion uns befinden, sondern in einer Schumpe-
ter'schen. Wenngleich manche öffentliche
Haushalte dem nicht gerade Genüge tun, dazu
gehört der österreichische genauso wie der
amerikanische, gehört der italienische genauso
wie aus den unvermeidlichen Gründen inzwi–
schen auch der der Bundesrepublik Deutsch–
land.
Ich möchte zum Abschluß kommend anknü–
pfen an das, was Frau Professor Stingl für die
neuen Bundesländer gesagt hat; sinngemäß an
Überlegungen zu der Aufgabenstellung in den
Reformländern. Es wurden hier unendlich viele
Vorschläge und Ratschläge bereits erteilt,
vornehmlich angelsächsischer Provenienz. Sie
bewegen sich so auf dem Textbuchniveau der
University of Chicago, Jahrgang 1930, empfeh–
len Schocktherapien, die - wie die Erfahrun–
gen bereits zeigen - sehr wohl zum Schock
führen, aber kaum zu einer Therapie, was in
höchstem Maße gefährlich ist aus den daraus
resultierenden sozialen Spannungen. Und sie
beschäftigen sich nahezu ausschließlich mit
Makro-Ökonomie. Nun ist die Makro-Ökono–
mie eine sehr schöne Angelegenheit, wie Sie
einem langjährigen Finanzminister Glauben
schenken werden.
Aber es gibt keine Makro-Ökonomie ohne
Mikro-Ökonomie. Das Sozialprodukt wird nicht
im Finanz-Wirtschaftsministerium oder in der
Notenbank generiert, sondern nur aufgrund der
individuellen Aktivitäten in Fabriken, Betrie–
ben, Unternehmungen welche Art immer. Und
wenn es nicht rasch gelingt, die Unternehmens–
reform, Restrukturierungen, Gestaltungen,
Bilanzsanierungen, Rekapitalisierung, Eigen–
tumsordnung, Management-Ordnung, Entflech–
tungen was immer alles dazugehört und in
höchstem Maße mühevoll ist und wenn es nicht
rasch gelingt, neue selbständige untemehmeri–
sche Tätigkeiten imSinne von Schumpeter eben
auf den Punkt zu bringen, dann kann es nur
einen freien ökonomischen Fall mit allen sozia–
len und allen politischen Konsequenzen geben.
Und nichts wäre gefährlicher als dieses.
So erfreulich die Verständigung über Abrü–
stung, Tmppenbeschränkung was immer sein
mag und so notwendig dieses gewiß auch ist,
um
das Gefahrenpotential global zu verringem,
so gefährlich wäre es, ein anderes Gefahrenpo–
tential entstehen zu lassen,
i ndem Europa
anstel le von Mauer und Stacheldraht durch
e ine Wohl s tandsmauer in arm und reich
getrennt würde .
Es dauert ohnehin lang genug,
worauf schon hingewiesen wurde, ehe es
gelingen mag, die Talsohle zu erreichen und
langsam aus dieser wieder aufzusteigen und
einen über die Jahre ständig sich bessernden
Anschluß an die westeuropäische Entwicklung
zu finden. Daher ist es so notwendig, daß man
sich nun nach allen makro-ökonomischen Über–
legungen und Ratschlägen und Vorträgen und
Konferenzen und Bergen von Papieren, besse–
ren und
schlechteren, die dazu produziert
würden, sehr viel mehr den einzelwirtschaftli–
chen Aufgabenstellungen in diesen Ländern
zuführt, damit Produkte entstehen, die verkauft
werden können als Voraussetzung dafür, daß
Arbeitsplätze erhalten, gesichert oder geschaf–
fen
werden und damit entsprechende Einkom–
men
erzielt werden können.
Ein Mindes tmaß an Prosperität wird zuneh–
mend zu einer s icherhei tspol i t i schen Frage in
e inem g l oba l en Kontext
aber ganz sicherlich in
europäischen oder wenn Sie's noch eingeengter
wollen, im Bereich des östlichen und südöstli–
chen Mitteleuropas. Und ich glaube, man kann
nicht nachdrücklich genug auf diese erforderli–
che Priorität hinweisen, die Betriebe, die Unter–
nehmungen in Ordnung zu bekommen und die
Voraussetzungen, das Klima, die Atmosphäre
zu schaffen und die Bemühungen zu unterstüt–
zen, daß Neue in großer Zahl entstehen können,
weil entstehen müssen, wie die auch vorhin
erwähnten Arbeitslosenzahlen in den fünf
neuen Bundesländern zeigen. Und Plus/minus
können Sie das 1:1 auf die anderen Reformlän–
der übertragen. Da müssen Regiemngen, da
müssen supemationale Einrichtungen von
Wähmngsfonds bis Ostbank und wer immer
ihre Beiträge leisten. Entscheidend wird sein,
ob
es uns als einzelwirtschaft l ich und im e inze l –
wirtschaft l ichen Bereich Tät igen gel ingt ,
dazu
einen Beitrag, eine Unterstützung, eine Assi–
stenz zu leisten.
Di e Haupt last dafür müs s en
ohneh i n die Betroffenen selber tragen. Sie
werden es ums o erfolgreicher tun, je rascher
ihnen Ho f fnung auf Erfolg am Horizont
erkennbar erscheint.
Zuordnung CM-Themen-Tableau
05
21
26
G
R
Z
264