um Zahlen, Daten, Fakten, sondern um die Gefühle und Meinungen der Beteiligten! Die Fragen, um den Klienten dazu zu bringen, sich in die anderen hineinzuversetzen, heißen zirkuläre Fragen: „Was glauben Sie, denkt Ihr Mitarbeiter über Ihre Anweisung?“ Oder: „Wenn Ihr Mitarbeiter einen Wunsch frei hätte, was glauben Sie, würde er sich von Ihnen wünschen?“ Der Klient begreift durch diese Art von Fragen früher oder später, dass seine Sicht der Wirklichkeit immer nur eine Möglichkeit von vielen ist. Coach und Klient sammeln im Rahmen ihrer Dialoge unterschiedliche Perspektiven zu einem Thema – und wenn es gut läuft, fangen beide an, schon einmal gemeinsam zu spekulieren, was der systemische Rundumblick a n neuen Ideen für ein wirklich bess e r e s Miteinander am Arbeitsplatz bringt. Weitere zirkuläre Fragen könnten zum Beispiel sein: • „Was würden Ihre Kollegen und Kolleginnen sagen, wenn Sie sich in dieser Situation anders positionieren?“ • „Was würde Ihr Kunde sagen, wenn Sie ihm schon wieder eine Veränderung vorschlagen?“ • „Wer leistet aus Sicht der Geschäftsleitung bessere Arbeit: Sie oder Ihr Kollege?“ • „Wenn Ihr Mitarbeiter jetzt hier wäre und zugehört hätte: Was würde er sagen, wenn wir ihn um einen Kommentar bitten?“ Logischerweise muss das, was ein Klient den anderen Menschen um ihn herum als Meinung unterstellt, nicht deren tatsächlichem Denken entsprechen. Es reicht, wenn auf diese Art neue Perspektiven e n t s t e h e n . D i e Praxis zeigt, dass Klienten häufig von den Antworten, die sie den Mitarbeitern in den Mund legen, sehr überrascht sind und spontan merken, wie sie anfangen, ihr „System“ mit anderen Augen zu sehen. Es gibt auch noch weitere Arten zu fragen, die typisch für das systemische Coaching sind: Skalierungsfragen: „Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie erfolgreich waren Sie beim Versuch, Ihre Mitarbeiter zu loben?“ oder: „Was müsste passieren, damit Sie auf der Skala von einer 6 auf eine 8 kommen? Hypothetische Fragen: „Was wäre, wenn das Problem von heute auf morgen einfach verschwunden wäre?“ oder: „Woran würden Sie als erstes merken, dass das Problem nicht mehr vorhanden ist?“ Paradoxe Fragen: „Was können Sie tun, um das Projekt endgültig zum Scheitern zu bringen?“ oder: „Was müssten Sie tun, um sich noch viel ausgebrannter zu fühlen?“ Grundsätzlich gilt: Wenn ein Mensch immer nur auf seine Sicht der Dinge beharrt, dann ist das destruktiv, weil er automatisch alle anderen Sichtweisen für irrational und nicht beachtenswert hält. Die Zirkularität ist nur eines von fünf Grundprinzipien des systemischen Denkens. Die anderen Prinzipien befassen sich damit, wie ein Mensch die Welt wahrnimmt und interpretiert, wie ein System danach strebt, sich langfristig selbst zu erhalten und wie Teile eines Syst e m s R wirtschaft + weiterbildung 07/08_2022 39
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