Wirtschaft und Weiterbildung 7-8/2022

wirtschaft + weiterbildung 07/08_2022 23 Echtes Bedauern kann jeder lernen „Non, je ne regrette rien. C‘est payé, balayé, oublié. Je me fous du passé (Nein, ich bedaure nichts. Es ist bezahlt, weggefegt, vergessen. Die Vergangenheit ist mir völlig gleichgültig)“, mit diesem Lied wurde die französische Sängerin Edith Piaf im Jahr 1960 von einer Chanteuse zu einer Ikone. Wenn es nach dem populärwissenschaftlichen USAutor Daniel H. Pink geht, liegt die Piaf mit ihrem Liedtext völlig daneben. Er hat gerade ein Buch über das Bedauern veröffentlicht. Seiner Meinung nach ist das Bedauern die am meisten missverstandene Emotion. Harte Arbeit hilft oft, frühe Fehler auszugleichen Bedauern ist für Pink der perfekte Ausgangspunkt für eine persönliche Erfolgsgeschichte nach dem Motto „vom Schlechten zum Guten“. Wer zum Beispiel mit 30 Jahren bedauert, dass er nicht studiert hat, weil er Geldverdienen und Heiraten wollte, der kann aus seinem Bedauern die Energie ziehen und in seinem Berufsalltag Höchstleistungen bringen – um dann als Referent aus der Praxis zu einem Kongress eingeladen zu werden. Von Alfred Nobel erzählt man sich die Geschichte, dass es der Erfinder des Dynamits sehr bedauerte, immer nur mit Kriegen in Verbindung gebracht zu werden. Er suchte nach einem Imagewandel und wurde zum Stifter des Nobelpreises und in den Augen seiner Zeitgenossen zum Philanthrop. Wer das Bedauern zu etwas Positivem werden lassen will, hat folgende Chancen: Erlösendes Handeln gelingt durch eine großzügige Tat, um eine egoistische Tat aufzuwiegen oder durch harte Arbeit, um frühere Faulheit auszugleichen. Pink geht sogar noch einen Schritt weiter: „Nutzen Sie Ihr Selbstmanagement. Wie man das „am meisten missverstandene Gefühl“, das Bedauern, in positive Bahnen lenken kann, erklärt Daniel H. Pink in seinem neuesten Buch. Er ist in den USA zusammen mit Simon Sinek und Malcolm Gladwell einer der erfolgreichsten populärwissenschaftlichen Autoren. Bedauern auch als Motivation, um zukünftigem Bedauern vorzugreifen und ein Leben aufzubauen, auf das Sie stolz sein können.“ Tool: „The Weekly Regret Template“ Das Verwandeln von Bedauern in nützliches Verhalten kann man lernen, wenn man zumindest ansatzweise selbstkritisch ist. Pink hat dazu mehrere Tools entwickelt und empfiehlt insbesondere das „Weekly Regret Template“, mit dem man schon früh das ganz große Bedauern verhindern können soll. Dazu ist es notwendig, dass die Leserschaft sich vorstellt, die vor ihm liegende Woche sei schon vorbei und er vervollständige nun (aus der Zukunft) folgende Sätze: 1. Grundlegendes Bedauern: Ich wünschte, ich hätte mich diese Woche um meine Gesundheit gekümmert, indem ich ... Ich wünschte, ich hätte diese Woche meine Karriere vorangebracht, indem ich ... Ich wünschte, ich hätte diese Woche meine Ersparnisse erhöht durch ... 2. Bedauern in Sachen Kühnheit: Ich wünschte, ich hätte versucht ... Ich wünschte, ich hätte angefangen ... Ich wünschte, ich hätte gefragt ... 3. Moralisches Bedauern: Ich wünschte, ich wäre loyal geblieben zu ... Ich wünschte, ich wäre freundlicher gewesen zu ... Ich wünschte, ich hätte mich für ... eingesetzt. 4. Bedauern über Beziehungen: Ich wünschte, ich hätte die Hand nach ... Ich wünschte, ich hätte verziehen ... Der Autor ist sicher: „Indem Sie mögliches Bedauern vorwegnehmen, können Sie Ihr Leben besser gestalten.“ Daniel H. Pink: „The Power of Regret“, Penguin Books, New York 2022, 240 Seiten, 21,20 Euro Daniel H. Pink. Er schreibt seit 2001 erfolgreiche populärwissenschaftliche Sachbücher zu den Themenfeldern Arbeitswelt, Business und Technik.

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