54 wirtschaft + weiterbildung 01_2022 hot from outside Im Jahr 2010 musste der damalige US-Präsident Barack Obama den Oberbefehlshaber der NatoTruppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, wegen abfälliger Äußerungen über die (zu massiven Truppenreduzierungen neigende) US-Regierung („Weicheier“) abrupt entlassen. Seite 2010 ist der heute 67-jährige McChrystal im Ruhestand und hat sich im Laufe der Jahre darauf spezialisiert, Führungskräfte im Umgang mit Risiken zu trainieren. Seine Botschaft lautet: „Wir haben mehr Einfluss auf widrige Umstände, als wir denken.“ Als Beweis führt er Studien an, die besagen, der Ausbruch von Covid-19 in den USA hätte deutlich milder verlaufen können, wenn staatliche Stellen innerhalb ihrer Zuständigkeiten nicht so viele Fehler gemacht hätten. Seine Trainingsinhalte hat McChrystal jetzt in einem Handbuch veröffentlicht. Darin stellt er ein „Immunsystem“ vor, das helfen soll, Risiken zu minimieren. Dieses System besteht aus zehn „Faktoren“: 1. Kommunikation. Organisationen wehren sich am besten gegen Risiken, indem kluge Kommunikationsabläufe definiert werden. 2. Narrative. Es gibt eine gemeinsame Geschichte, die alle verbindet und zu Höchstleistungen anspornt. Zum Beispiel erzählen sich Elitesoldaten, dass sie bei einem Kommandoeinsatz noch nie einen Kameraden tot zurückgelassen hätten. 3. Struktur. Eine Organisation hat nicht nur ein Organigramm, sondern jeder kennt die tatsächlich gelebten Abläufe. 4. Technologie. Technologien müssen beobachtet und ständig neu feinjustiert werden, um eine echte Unterstützung für Menschen zu sein. 5. Diversity. In Krisenzeiten zahlt es sich aus, unterschiedliche Problemlösungen zu bekommen, die aus der Verschiedenheit der Teammitglieder hervorgehen. Oft sind Altersunterschiede im Team wichtige Quellen für Lösungsstrategien. 6. Vorurteile. Jeder hat Vorurteile und sollte sich dessen bewusst sein. Führungskräfte müssen wissen, wie sie verhindern, dass Entscheidungen auf Basis von Vorurteilen getroffen werden. 7. Handlung. Die Schwerfälligkeit einer Organisation führt direkt in den Untergang. Führungskräfte müssen Organisationen regelmäßig wachrütteln. 8. Timing. Es gibt einen Zeitpunkt, um entschlossen zu handeln, den man nicht verpassen darf. 9. Anpassungsfähigkeit. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Organisationen durch frühzeitige Change-Programme an die Märkte anpassen. 10. Führung. Das „Risiko-Immunsystem“ wird durch Führungskräfte am Laufen gehalten. Echte „Leader“ füttern das Immunsystem täglich mit Aufmerksamkeit. McChrystal redet in seinen Analysen oft vom „System“, aber dann steht plötzlich wieder das Individuum im Mittelpunkt: „Das größte Risiko ist jeder selbst“ (... wenn er nicht gegen das ansteckende Gefühl der Hilflosigkeit ankämpft). Risiken handhaben Wir sind nicht ohne Einfluss Stanley McChrystal, Anna Butrico: Risk - a users guide, Penguin Random House, New York 2021, 343 Seiten, 21,00 Euro Gudrun Porath Die freie Journalistin Gudrun Porath hat sich auf die zentralen Themen der Personalentwicklung und der Organisationsentwicklung spezialisiert. Sie ist E-LearningKolumnistin für www.haufe.de/personal und Mitglied des Programmbeirats „Corporate Digital Learning Experience“ der Messe „Zukunft Personal Europe“ in Köln. Außerdem schreibt sie regelmäßig für das „Personalmagazin“ und „Wirtschaft + Weiterbildung“. Es gibt ein erprobtes Risiko-Immunsystem aus zehn Faktoren. „ „
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