24 wirtschaft + weiterbildung 01_2022 titelthema ten Executive oder Senior zu stehen habe. Oft waren dies „Alibi-Titel“, die mit der Realität wenig zu tun hatten. Er habe mitgespielt und Karriere gemacht. Dann kam ein Anruf von einem Headhunter, der ihm einen Job im Umfeld von Digitalisierung und Agilität anbot. „Im Vorstellungsgespräch erzählte man mir, es gebe eine Karriereberatung, die ganz individuell sei. Da war ich skeptisch.“ Doch er ließ sich darauf ein und heuerte bei Metafinanz an. Eine holistische Karriere Die Personalabteilung heißt „Staff Development“ (SD) und versteht sich als Serviceeinheit. Beschäftigte können sich ein Sparring für ihre Karriereorientierung holen – beispielsweise in Form von Feedback, Coaching oder einer Stärkenanalyse. Viele HRler haben sich für diese neuen Kernaufgaben zum Coach ausbilden lassen – auch Thomas Resch durchläuft gerade eine mehrjährige Ausbildung. „Karriere betrachten wir ganzheitlich. Dazu gehört die Wahl der passenden Tätigkeit, aber auch ein Jobzuschnitt, den man mit Familie und Privatleben vereinbaren kann. Beruflichen Aufstieg gibt es, aber nicht im üblichen Sinne.“ Die Karriere bei Metafinanz verläuft auf allen Ebenen nahezu horizontal. Das kommt einer kleinen Revolution gleich. Denn Karriere zu machen bedeutet in der Regel, möglichst schnell die Karriereleiter hochzusteigen. Es herrscht die Vorstellung, dass es immer aufwärts gehen muss in der Hierarchie. „Man zieht den Karren nach oben und weil das so anstrengend ist, gibt es ordentlich Schmerzensgeld, wenn man es geschafft hat. Dabei ist man nicht im Team, sondern allein oben auf dem Gipfel. Und muss aufpassen, dass man nicht runtergeschubst wird“, so Thomas Resch. Ein verordneter Karriereknick Dieses Bild sitzt tief und prägt die berufliche Identität vieler Menschen. Das weiß auch der CEO von Metafinanz, Rainer Göttmann. Er hat selbst eine klassische Karriereentwicklung durchlaufen: Vor 30 Jahren fing er in einem Versicherungsunternehmen an, war sofort im Talentprogramm, durchlief die üblichen Assessments. Die Ergebnisse stimmten und er hatte die nötige Sichtbarkeit als 1995 eine Geschäftsführungsstelle bei Metafinanz frei war. Er erinnert sich noch gut: Sein Name war im Rennen, abends um acht Uhr schickte er seine Bewerbung, am nächsten Morgen hatte er die Zusage. Mal nennt er sich HRevoluzzer, mal Agile Coach oder Klimawandler – je nachdem, was gerade am besten passt. Den Jobtitel kann er frei wählen, dieser sollte nur das ausdrücken, was er auch tatsächlich tut: Thomas Resch ist interner Coach bei Metafinanz und Agilitätsberater für Kunden des Software-Beratungshauses. Für Amway, einen multinationalen Direktvertrieb in Familienbesitz, agierte er jahrelang als Vergütungsexperte. „Wenn ich in Kontakt mit Menschen bin, sie begeistern kann und unvorhergesehene Dinge passieren – dann geht mein Herz auf. Ich liebe Komplexität. Als Personaler musste ich aber früher vor allem Excel-Sheets und SAP-Datenblätter hin und her schieben“, erzählt er mit verschmitztem Blick. Er hatte es zum Beispiel mit der Frage zu tun, ob vor dem Jobtitel eines BeschäftigFührungskarriere? Gestrichen PRAXIS. Mehr Personalverantwortung, Senioritätslevel und statusbehaftete Jobtitel sind für viele Beschäftigte entscheidende Merkmale einer Karriereentwicklung. Was passiert, wenn ein Unternehmen Hierarchien abbaut und Karriere nicht mehr mit Führungsjobs einhergeht, zeigt das Beispiel des Software-Beratungshauses Metafinanz in München. Evi Friedenbacher. „Wir alle haben das intrinsische Bedürfnis, besser zu werden. Und wenn das gelingt, ist das für mich Karriere – egal, ob es um Generalisierung, Spezialisierung oder gute Zusammenarbeit geht.“ Fotos: Metafinanz
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