titelthema 22 wirtschaft + weiterbildung 01_2022 • uberwiegend holokratische oder soziokratische Ansatze als Organisationsmodell verfolgt beziehungsweise • uberwiegend oder ausschließlich in agilen Strukturen arbeitet und • hoch volatil in der Zusammensetzung von Teams und der Übernahme von Rollen ist, wurde sich das Kompetenzrad ebenso anbieten. Die bislang formalen Stellen oder Positionen konnen unproblematisch durch die verschiedenen Rollen (wie „Scrum Master“ und „Product Owner“) ersetzt werden. Wenn es sich um reine Entwicklungswunsche der Mitarbeitenden handelt (ohne vorrangigen Anspruch auf Anreize), sollte eine konsequente Begriffsdifferenzierung stattfinden. Entwicklungsmaßnahmen sollten systematisiert und strukturiert in Form von Entwicklungspfaden gestaltet werden. Sollte aus der Entwicklung die Übernahme einer Stelle oder Rolle mit einer hoheren Verantwortung resultieren, ist der Bedingungsrahmen fur diese Tatigkeit abzustecken. Dies kann sowohl geplant als auch prozessual und opportunistisch geschehen. Das heißt, im Kontext der individuellen Entwicklungspläne und „Learning Journeys“ ergeben sich in der Praxis Entwicklungsgelegenheiten durch neue Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Rollen oder Stellen, die situativ ergriffen und zeitgleich für die individuelle Entwicklung aufbereitet werden. Mit dem Begriff der „KletterwandR Mehr als ein Trostpflaster Werfen wir bei der Frage nach den Benefits zunächst einen Blick auf die klassische Führungskarriere: Wie kommt es, dass höhere Hierarchieebenen besser bezahlt werden als niedrigere? Im Kern gibt es drei grundsätzliche Aspekte der Gehaltsfindung: Markt-, Leistungs- und Anforderungsgerechtigkeit. Gerade die Anforderungsgerechtigkeit ist dabei entscheidend. Dies wird üblicherweise in Form von Stellenbewertungen systematisch erfasst, anhand von Kriterien wie der „Impact“, den eine Stelle auf den Unternehmenserfolg hat, die Freiheit des Handelns oder der zu verantwortenden Ressourcen. Diese Klassifizierung ist also nicht exklusiv an Personalführungsaufgaben gebunden. Somit lassen sich Führungs-, Projektleitungs- oder Expertentätigkeiten gleichermaßen in ihrer Wertigkeit für die Unternehmung vergleichen – und in der Konsequenz innerhalb einer Entgeltbandbreite bezahlen oder mit Benefits ausstatten. Gleiches gilt für Befugnisse wie Entscheidungsvollmachten oder die Einbindung in Entscheidungsprozesse. Gerade diese Aspekte sind von hoher Bedeutung für Menschen, die sich für alternative Karrierewege entscheiden. Die Vorstellung, dass allein die Chance auf Entwicklung zu kurz greift, verkennt die Lage allerdings. Nicht jeder ist auf eine monetäre Maximierung ausgerichtet. Der Wert, den ein Mensch seiner Karriere beimisst wird zunehmend individueller beschieden. So gilt Freizeit inzwischen als ultimatives Statussymbol. Auch die Chance bei besonders interessanten Aufgaben zu arbeiten, die großes Lernpotenzial haben oder in der Fach-Community bedeutsam sind, kann ein attraktiver Aspekt sein. Unsere Sichtweise ist, dass das Heischen um Anerkennung zutiefst menschlich ist und – allem ökologischen Bewusstsein und Minimalismustrend zum Trotz – bleibt. Es wird Wichtig. Ein zentraler Aspekt bei der Planung von Entwicklungswegen ist die Frage nach den Anreizen und Benefits, die damit verbunden sind – mehr Geld, größerer Dienstwagen, mehr Befugnisse. Lassen sich diese allein durch die Chance auf Entwicklung in der „New Career“ ersetzen? keine statussymbolfreie Welt entstehen. Sie verlagern sich nur: Statussymbole werden sehr viel individualisierter und politisch korrekter. Entscheidend ist hier eine genaue Kenntnis der Interessen und Motive der Mitarbeitenden sowie eine flexible, maßgeschneiderte Gestaltung von Anreizen und Befugnissen adäquat zu den Möglichkeiten der Organisation. Wer nur nach einem schnellen Trostpflaster sucht, sieht sich mittelfristig getäuscht. Wer eine alternative Karriere anbietet, sollte sich darauf einstellen, dass eine offene und ehrliche Kommunikation darüber, was Sie als Organisation anbieten (und was nicht), aufzeigt, wie gut es gelungen ist, diese individuellen Aspekte zu berücksichtigen. Um es klar zu sagen: Wir sprechen hier über eine Disruption. Es geht nicht mehr um die Frage, was bietet die Organisation an, um Menschen in vorgezeichneten Karrierepfaden der Führung zu belohnen. Vielmehr geht es um konsequente Orientierung am Mitarbeitendeninteresse – auch (oder gerade) bei den individuell bedeutsamen Benefits.
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