menschen 16 wirtschaft + weiterbildung 01_2022 nere mich an ein Leadership-Meeting vor vielen Jahren, bei dem die Führungskräfte die Aufgabe bekamen, zu den Mitarbeitenden in die Büros zu gehen und in der Regel eine Stunde lang mit ihnen über die wichtigsten tagesaktuelle Themen zu sprechen. Alle kamen nach dieser Stunde wie berauscht zurück, weil sie dieses Erlebnis gar nicht mehr kannten. Wir als Vorstände oder Manager müssen heutzutage auf Augenhöhe mit den Mitarbeitenden arbeiten, deshalb brauchen wir flache Hierarchien. Sie setzen sich auch für Diversity ein, daher möchten wir Ihnen Fragen stellen, die normalerweise nur Frauen beantworten müssen. Wie vereinbaren Sie Ihre Arbeit mit Familie und Privatleben? Staff: Ich nehme gezielt Auszeiten und reserviere dafür Zeit. Ich habe meinen Jahresurlaub für 2022 schon geplant. Werden wir noch ein bisschen konkreter: Mussten Sie sich zwischen Kind und Karriere entscheiden? Staff: Karriere war früher ein großes Thema für mich, deshalb habe ich mich damals mehr für die Karriere entschieden. Leider habe ich damals zu wenig Zeit mit der Familie verbracht, muss ich heute ehrlicherweise sagen. Im Nachhinein versuche ich jetzt Dinge anders zu machen, die ich damals zum Beispiel mit meiner Tochter oder Familie versäumt habe. Sie tragen viel Verantwortung. Warum trauen Sie sich das eigentlich zu? Staff: Das ist eine gute Frage, über die ich noch nie nachgedacht habe. Aber meine spontane Reaktion: Man wächst mit der Aufgabe, man wächst über Erfahrungen und Erlebnisse in neue Aufgaben hinein und damit nimmt automatisch auch die Verantwortung zu. Wie stehen Sie zu Deutschlands Frauenquote? Sind Zielvorgaben oder Quoten eigentlich ein gutes, brauchbares Instrument, um Präsenz von Frauen in der Führung zu stärken? Staff: Zielvorgaben ja, Quote eher nein. Zielvorgaben sorgen für Transparenz, und sie sind ein Messkriterium, um das Thema voranzubringen. Diversity ist für mich aber mehr als Frauenförderung. Wie ist es Ihnen gelungen, in Ihrer Position ernst genommen zu werden? Staff: Indem ich immer zuhöre, indem ich versuche, den Standpunkt der oder des anderen zu verstehen, und indem ich mich auch für andere Themen interessiere. Frauen werden auch oft gefragt, ob sie sich als Role Model für andere Frauen sehen. Würden Sie sagen, dass Sie ein Role Model für jüngere Männer sein können? Staff: Das wäre vermessen. Aber eine gewisse Vorbildfunktion sehe ich schon. Ich würde lieber von einer Mentoring-Funktion sprechen. Entspricht Ihr heutiges Outfit dem, was Sie sonst in der Regel in Ihrem Büro tragen? Und wie kleiden Sie sich eigentlich in Ihrer Freizeit? Staff: Ich kleide mich tatsächlich sehr oft so wie heute, immer seltener mit Anzug und Krawatte. Einen Anzug trage ich bei offiziellen Gelegenheiten, wie zum Beispiel Aufsichtsratssitzungen, aber selbst da trage ich den Anzug mittlerweile häufig ganz ohne Krawatte. Und privat kleide ich mich natürlich noch etwas legerer. Interview: Kristina Enderle da Silva und Reiner Straub R „ Manager müssen heutzutage auf Augenhöhe mit den Mitarbeitenden arbeiten – deshalb brauchen wir flache Hierarchien.“ Jörg Staff Interview. MIt Kristina Enderle da Silva und Reiner Straub diskutierte Jörg Staff (ganz links) über die Trends im Personalmanagement.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==