Wirtschaft und Weiterbildung 5/2022

R wirtschaft + weiterbildung 05_2022 37 Schwappt bald eine Kündigungswelle über uns hinweg? Umfrage. Kommt die große Kündigungswelle, die in den USA zu beobachten ist, auch nach Deutschland? Das Research-Team der Jobplattform Stepstone ist dieser Frage auf den Grund gegangen. Logistik, Pflege, Handwerk. In Branchen wie Freizeit und Touristik, Groß- und Einzelhandel sowie Hotel und Gastronomie übersteigt die Zahl der aktiv Suchenden bereits die der passiven. Für Unternehmen bedeutet diese Entwicklung auch: Sie werden höhere Gehälter zahlen müssen. Die drei wichtigsten Wechselgründe laut Studie sind: Gehalt und Mitarbeitervorteile (66 Prozent), Unternehmenskultur und Betriebsklima (50 Prozent), Aufgaben, Gestaltungsspielraum und Sinnhaftigkeit (49 Prozent). Immer mehr Berufstätige fordern Nachhaltigkeit Stepstone betont mit Nachdruck, dass man durch Befragungen auch herausgefunden habe, dass derzeit alle Arbeitgeber an Attraktivität verlieren, die Diversity und Nachhaltigkeit belächelten. Haltung zu zeigen sei ein Thema, das bereits 2021 bei immer mehr Unternehmen auf die Agenda gerückt sei. Und diese Entwicklung werde 2022 wichtiger werden: Fast jeder Zweite suche bei einem Jobwechsel gezielt nach nachhaltigen Unternehmen. Und Menschen bewerben sich laut Stepstone lieber bei Unternehmen, die für Vielfalt stehen. Umso alarmierender sei es, dass Deutschlands Arbeitgeber bei dem Thema im internationalen Vergleich hinterherhinkten. „Viele Unternehmen wollen diverse Teams fördern, es fehlt aber an konkreten Schritten“, sagt eine weitere Stepstone-Studie. Leider seinen Gehälter bei vielen Unternehmen nach wie vor ein wohlbehütetes Geheimnis, über das bis zum Ende im Bewerbungsprozess nicht gesprochen werde. Dabei sei das Gehalt derzeit das entscheidende Kriterium bei der Jobwahl, sagen neun von zehn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Es sei höchste Zeit, dieses Geheimnis zu lüften. Wenn man das Thema noch länger totschweige, werde sich der Gender Pay Gap niemals schließen. Stepstone: „Jeder Mensch verdient von vornherein zu wissen, was seine Leistung wert ist.“ Werden die Kündigungen in Deutschland bald deutlich zunehmen? Zu dieser Frage hat die Jobplattform Stepstone Ende 2021 und Anfang 2022 insgesamt rund 18.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland befragt. Erforscht wurden auch die Erwartungen an künftige Jobs und Arbeitgeber. Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage lauten in aller Kürze: · Rund 15 Millionen Deutsche denken mehrmals pro Woche an einen Jobwechsel. · Rund jeder Zehnte denkt täglich an einen Jobwechsel. · Nur für wenige treue Seelen ist ein Jobwechsel derzeit kein Thema. Rund zwei Jahre nach Beginn der Pandemie treffen zwei Phänomene aufeinander: Die ohnehin seit Jahren steigende Wechselbereitschaft hat im Zuge von Corona weiter Fahrt aufgenommen. Menschen stellen ihren Job kritischer in Frage als je zuvor. Gleichzeitig erlebt Deutschland derzeit ein Jobwunder, bedingt durch Aufholeffekte nach der Krise, aber auch als Vorzeichen der heraufziehenden Arbeitslosigkeit. Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei Stepstone: „In Deutschland erreichte die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Jahr 2021 Rekordwerte. Eine Kündigungswelle wie in den USA gibt es in Deutschland noch nicht, aber trotz ruhigerem Wellengang gilt: Die Flut wird kommen.“ Warum ist das so? Zum einen verstärke sich der Trend zum Wechsel seit Jahren. Zum anderen gebe es einen großen Experten-/Expertinnenmangel und der Arbeitsmarkt werde sich in einem Maße verändern, wie wir es uns aktuell noch nicht vorstellen könnten. Wo wird am häufigsten gekündigt? Die Belegschaft werde vor allem auf diese Aspekte im Job künftig nicht mehr verzichten: flexible Arbeitszeiten, flexibles Arbeiten (Homeoffice), hohe Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit. Insbesondere Menschen in stark nachgefragten Berufen sind auf dem Sprung: Es gibt eine hohe Wechselbereitschaft in Foto: Olga Kurbatova / gettyimages.de

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