Wirtschaft und Weiterbildung 5/2022

wirtschaft + weiterbildung 05_2022 31 übergreifenden Führungs- und Arbeitskreis entwickelt. Darauf aufbauend wurden zusammen mit mir praxisorientierte Führungswerkstätten initiiert. Diese sollten bewusst kurz – maximal vier Stunden – und interaktiv gestaltet sein, um die Haltungsdimensionen der Führung erlebbar zu machen. Spaß, Leichtigkeit sowie die passgenaue Umsetzung für die unterschiedlichen Gesellschaften als auch für die sehr produktions- und technikorientierte Zielgruppe waren weitere Anforderungen. Zusammen mit Geschäftsführung und Personalabteilung entstand ein Konzept, welches sich sowohl an den Phasen der Theorie U als auch an den drei skizzierten Stadien der Kooperation orientiert. Im ersten Schritt erfolgte ein Impulsworkshop mit allen Mitgliedern der Geschäftsführung. Dieser schloss sehr gut an die vorherige Phase der Erarbeitung der Haltungsdimensionen an. An die Stimmung am Anfang erinnere ich mich als offen, sachlich und zugleich zurückhaltend – typische Kennzeichen einer reaktiven Phase. Noch dazu war ich als externe Moderatorin neu im System und unterstützte somit diese Dynamik. Als Facilitatorin oder auch als Führungskraft ist es in dieser Phase vor allen Dingen wichtig, in den Kontakt zu gehen, einen Überblick und Orientierung über die nächsten Schritte zu geben als auch offene Fragen und Unsicherheiten zu klären. Eine Frontalpräsentation wäre nicht zielführend. Deshalb standen der Austausch und Dialog im Kick-off im Vordergrund. Das zuvor skizzierte Transformationsmodell wurde gemeinsam mit den Geschäftsführern erläutert und diskutiert. Ebenfalls verorteten wir die Möller-Group-Haltungsdimensionen der Führung gemeinsam im Modell. Abschließend konnten gesellschaftsspezifische Bedürfnisse für die nächsten Schritte adressiert werden. Nach weiteren Dialoginterviews mit den jeweiligen Geschäftsführern folgten individuelle Führungswerkstätten in den verschiedenen Möller-Group-Gesellschaften. In diesen jeweiligen Kick-offs nahmen der Geschäftsführer mit dem jeweiligen oberen Führungskreis teil. Die Führungsgruppe im reaktiven Stadium aktivieren und in Kontakt bringen, die gemeinsame Wahrnehmung für die Zusammenarbeit und Führung zu schärfen, waren konzeptionelle Grundgedanken und Zielsetzungen. Bildlich gesprochen ging es um die Stärkung der Brücke des Vertrauens untereinander – die erste Säule der Brücke stabilisieren. Der grundsätzliche Aufbau der Führungswerkstätten war sehr dialogorientiert. Der Austausch war dabei eingebettet in eine klare Struktur. Diese gab allen Beteiligten Prozesssicherheit und Orientierung – zwei wichtige Elemente, um Menschen in der reaktiven Phase zu unterstützen und zu ermutigen. In der Tabelle auf Seite 28 sind die grundsätzlichen Bausteine skizziert. Die Stärke nutzen: Klares Ziel für großen Veränderungswillen Bemerkenswert ist in der Möller Group die Umsetzungsstärke, mit der die einzelnen Führungsteams ihre vereinbarten Maßnahmen für die Zusammenarbeit nach den Workshops umsetzten. Dieser Verbesserungswille ist durch die jahrelang gelebte Kaizen-Kultur im Blut. Diese Stärke wird nun gezielter auch für die Themen „Zusammenarbeit“ und „Führung“ eingesetzt. „Wenn wir verstehen, was zu tun ist, wozu das wichtig ist und wie wir das umsetzen können, dann machen wir es einfach. Das ist unsere Stärke. Die sehr passgenauen Führungswerkstätten waren bisher ein voller Erfolg: nicht nur niedrigschwellig, sondern auch enorm wirkungsvoll. Es ist richtig was im Umbruch“, ist das Zwischenfazit der Personalleiterin Julia Quest. Zwischen den praxisorientierten Führungswerkstätten sorgen die jeweils ernannten Umsetzungslotsen dafür, dass alle sich mit der vereinbarten Maßnahme zur Zusammenarbeit beschäftigen. Zugleich unterstützen interne HR Business Partner beziehungsweise Personalentwickler das Dranbleiben zwischen den Führungswerkstätten. Der Erfolg bleibt nicht aus. „Ich selbst bin in meiner Kommunikation sehr viel transparenter geworden, zum Beispiel erläutere ich frühzeitiger eine Strategie und stelle mich den Fragen der Belegschaft“, fasst CEO Gunther Schmidt sein Hauptlearning in dem bisherigen Prozess zusammen. Die Kommunikationskultur habe sich bereits spürbar verbessert, berichteten alle Teilnehmenden in der zweiten Führungswerkstatt der Möller-GroupHolding. Dabei fokussierte sich die zweite Führungswerkstatt auf folgende Bausteine, um die gemeinsame Haltung als Team zur Transformation zu stärken (die zweite Säule der Brücke) und den nächsten Schritt gemeinsam vorzubereiten: • Fortschritte in der Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten reflektieren und würdigen. • Stimmungsabfrage und Austausch zur anstehenden Veränderung: – Was passiert? Ich verstehe die Ziele und die anstehenden Veränderungen. – Wie machen wir es? Ich kann die Veränderungen bewältigen. – Wozu machen wir es? Ich spüre, wozu die Veränderung notwendig ist. • Entwerfen von individuellen ChangeStatements der Teilnehmenden mit der Struktur „Wozu? Was? Wie?“ als konkreter nächsten Schritt: Wie kommuniziere ich die Veränderung in meinem Team? Außergewöhnlich war der große Wunsch nach gegenseitigem Feedback in diesem Führungskreis – ein klares Zeichen für eine hohe psychologische Sicherheit im Team in einem aktiven Stadium. So präsentierten sich die Führungskräfte gegenseitig ihre Statements zum Change-Prozess und gaben sich konstruktives und wertschätzendes Feedback. R Anke von Platen ist LeadershipCoach, Prozessbegleiterin sowie Autor in. Ihre Erfahrungen und Learnings fasst sie regelmäßig in Büchern zusammen. Aktuell ist das Buch „Führung mit Haltung“ im Haufe Verlag erschienen. Darin greift sie auch einige Grundgedanken aus dem Buch „Impeccable Leadership“ von Frits Wilmsen und Nienke Schaeffer (Paris Books, Driebergen, 2020) auf. www.ankevonplaten.de AUTORIN

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