Wirtschaft und Weiterbildung 5/2022

editorial wirtschaft + weiterbildung 05_2022 3 Ich wünsche eine wertvolle Lektüre! Kristina Enderle da Silva, Chefredakteurin es ist schon einige Jahre her, aber ich habe diese Situation immer noch vor Augen: Wir saßen zu fünft beim Mittagessen und haben uns lachend unterhalten. Dabei fiel uns allen auf – darüber tauschten wir uns aber erst später aus –, dass einem in der Runde die Gesichtszüge entglitten. Eine Seite schien gelähmt zu sein, während er etwas schleppend sprach. Das Mittagessen war zu Ende. Der Kollege musste sich beim Aufstehen kurz abstützen, fuhr dann allein nach Hause. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass er einen Schlaganfall gehabt hatte. Zum Glück überstand er alles gut. Bis heute frage ich mich, warum es uns allen nicht gelungen war, die eindeutigen Symptome zu deuten und einen Notarzt zu rufen. Warum ich heute wieder daran denke, liegt an diesem Satz in der Titelgeschichte: „Betrachten wir die Menschen in unserem Umfeld regelmäßig daraufhin, ob bei ihnen Symptome von Dauerstress erkennbar sind. Wenn ja, informieren wir sie darüber und übergeben sie in kompetente Hände.“ Gerade jetzt, da die Pandemie ihren Schrecken verliert, aber mit dem Ukraine-Krieg neue existenzielle Sorgen aufkommen, ist es wichtig, die ununterbrochene Belastung zu erkennen. Unser Autor erklärt, dass Menschen im Dauerstress sich nicht mehr selbst helfen können. Sie brauchen einen Kümmerer – in der Familie genauso wie im Unternehmen. Fallen Symptome bei Kolleginnen oder Kollegen auf, empfiehlt er zunächst, den Betroffenen oder die Betroffene feinfühlig auf die eigenen Beobachtungen und dann auf professionelle Hilfsangebote hinzuweisen. Und hier kommen meine Zweifel angesichts der erlebten Situation wieder auf: Wie können wir sicherstellen, dass nicht alle die Symptome sehen, sie aber nicht richtig deuten oder überhaupt bewusst wahrnehmen? Wie gelingt der Übergang von Beobachtung zu Handlung? Vielleicht ist unsere Titelstrecke ein Anfang dafür, die Darstellung der Symptome ein Anlass zum bewussten Reflektieren und das dargestellte kognitive Verhaltenscoaching ein Weg, um Betroffenen einen Weg aus dem Dauerstress zu zeigen. Liebe Leserinnen und Leser,

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==