titelthema 22 wirtschaft + weiterbildung 05_2022 der Basis bislang gemachter Erfahrungen irgendeine neue Problemlösung einfallen zu lassen. Storch, Leiterin des Instituts für Selbstmanagement und Motivation Zürich (ISMZ), ein Spin-off der Universität Zürich, berief sich dabei auf Professor Dr. Julius Kuhl, der bis 2015 den Lehrstuhl für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung an der Universität Osnabrück innehatte. Auch er schrieb in seinen Büchern: „Um in einer Krise wieder handlungsfähig zu werden, müssen die eigenen Emotionen reguliert werden.“ Storch hat mit Kuhl das Buch „Die Kraft aus dem Selbst: Sieben Psychogyms für das Unbewusste“ geschrieben (Hogrefe Verlag, Göttingen 2017, 304 Seiten, 24,95 Euro). Reguliert wird laut Storch in der Regel, indem die gestresste Person etwas ganz Individuelles unternimmt – mit dem Hund spazieren gehen, Atemübungen machen, sich massieren lassen, ein Musikinstrument spielen, Pizza backen oder was auch immer. Ein professioneller Coach sollte seinem Klienten helfen können, das herauszufinden, was ihn gelassener macht, und er sollte ihm Mut zusprechen, die identifizierte Tätigkeit auch regelmäßig zu praktizieren. Viele Menschen hätten Bedenken, dass sie wegen einer für die Erwachsenen exotischen Entspannungstechnik (mit Puppen spielen oder ein seltenes Handwerk ausüben) verlacht würden. „Abzuschalten und auf die kreativen Prozesse im eigenen Gehirn zu vertrauen, lohnt sich. Ich bin sehr erstaunt, auf wie viele konstruktive Ideen manche Leute trotz aller Widrigkeiten kommen, sobald sie mitten in einer harten Krise chillen konnten“, so Storch. Allerdings gebe es immer auch Menschen, bei denen die Grenzen der Belastbarkeit dauerhaft überschritten seien. Dann sei psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Storch nutzte ihren Auftritt beim OnlineKongress auch, um darauf hinzuweisen, dass es nach ihrer Meinung den Coachs verboten werden sollte, einer Person in Not einzureden, jede Krise sei eine Chance und sie würde gestärkt daraus hervorgehen. So ein Spruch zeige, dass der Coach einen Menschen mit Existenzangst nicht ernst nehme. „Mit oberflächlichem Gesülze zu versuchen, die Angst eines Klienten schönzureden, davon halte ich überhaupt nichts.“ Die Psychologin wies darauf hin, dass Menschen auch an einer Krise zerbrechen können. „Eine Krise ist ein Risiko. Wer in einer Krise steckt, befindet sich in Gefahr.“ Klaus Eidenschink: Konflikte regulieren, nicht ausmerzen Wie kann ein Mensch konfliktfähiger und damit auch resilienter werden? Auf diese Frage antwortete Klaus Eidenschink, Organisationsberater und Business-Coach aus München, im Gespräch mit dem Kongressmoderator Sebastian Mauritz spontan: „Die Selbstdistanzierungsfähigkeit ist sehr wichtig.“ Seine Gefühlswallungen nicht auszuagieren, das sei die entscheidende Fähigkeit, um grundsätzlich konfliktfähiger zu werden. Gleichzeitig solle man sich aber auch vor Augen halten, dass es immer Situationen geben könne, wo es Sinn mache, aus Protest laut zu schreien und einen Streit zu eskalieren. Resilient sei Bereits zum dritten Mal konnte Sebastian Mauritz, Göttingen, mit zwei weiteren Moderatoren seinen „Resilienz-Kongress“, für den er redaktionell verantwortlich zeichnet, online durchführen. Insgesamt gab es in diesem Jahr 63 jeweils einstündige Interviews (!) mit den 65 Experten und Expertinnen. Der Kongress dauerte sechs Tage (vom 11. bis zum 16. März 2022) und stand unter dem Motto „Potenziale entfalten – aus Krisen wachsen“. Wer den Kongress verpasst hat, kann sich die Videoaufzeichnungen von allen Gesprächen nachträglich anschauen, muss dazu aber für 99 Euro ein „Kongresspaket“ (www. resilienz-kongress.de) erwerben. Wir veröffentlichen hier eine kurze Zusammenfassung der Gespräche mit Maja Storch, Klaus Eidenschink und Anselm Grün. Maja Storch: Panik verhindert kreative Lösungsideen „Resilienz ist Affektregulation. Wenn ich in einer schweren Krise stecke, dann brauche ich zuerst einmal eine ganz bestimmte Kompetenz – nämlich die Fähigkeit, meine negativen Affekte herunterzuregulieren“, sagte die Psychotherapeutin Maja Storch (64), die durch das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) bekannt wurde. Ein Affekt sei eine vorübergehende Gefühlswallung, die durch äußere Anlässe oder innere psychische Vorgänge ausgelöst werde. Typische Affekte seien zum Beispiel Angst, Panik, Zorn, Hass oder Freude. Nur wenn man einen Zugang zu seiner Gelassenheit bekomme, dann sei das eigene Gehirn auch in der Lage, sich auf „ Resilient ist, wer negative Affekte regulieren kann“ COACHING/STRESS. Erst die Fähigkeit eines Menschen, negative Affekte abschwächen zu können, ermögliche es seinem Gehirn, kreative Problemlösungen zu produzieren, betonte die Psychologin Maja Storch auf dem „Online-Resilienz-Kongress 2022“. Zusammen mit 64 weiteren Experten gab sie Impulse zum Thema „Krise, Konflikt und Stress“.
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