aktuell 12 wirtschaft + weiterbildung 05_2022 Aktuell herrscht in vielen Unternehmen eine Aufbruchsstimmung in Sachen digitales Lernen. Beim Umsetzen ihrer Ideen erliegen sie jedoch oft fünf Irrtümern: Irrtum 1: Präsenzseminare werden 1:1 in die virtuelle Welt übertragen. Nutzen Sie das Entwickeln Ihres E-Learning-Angebots als Chance, um den erforderlichen Veränderungen beim Lernen und Lehren in der modernen Arbeitswelt Gestalt zu geben. Das erfordert auch, die Struktur und Aufbereitung der Lernmaterialien, die Formulierung der Aufgabenstellungen sowie die Kommunikation und Betreuung der Lernenden zu überdenken. Irrtum 2: Interaktion kommt im virtuellen Raum von selbst in Gang. Leider reicht es nicht, ein Forum oder einen Chat für die Kommunikation mit den Teilnehmenden und zwischen ihnen einzurichten und schon werden diese Tools von ihnen rege genutzt. Diesen Prozess müssen Sie aktiv steuern. Das Signal, das bei den Teilnehmenden ankommen muss, ist: „Hier tut sich etwas! Es lohnt sich, hier aktiv zu sein!“ Stellen Sie gezielt Aufgaben, wie in Posts Ihre Erwartungen und Lernerfahrungen publik zu machen oder dass jeder zu mindestens zwei, drei Einträgen der Kollegen ein Statement abgibt. Irrtum 3: Das unterschätzte Wir-Gefühl. Viele Weiterbildner, Personalentwickler und Trainer fokussieren sich zurzeit stark auf den technischen Aspekt des Onlinelernens. Sie vergessen jedoch oft den Menschen dahinter. Menschen sind soziale Wesen, deshalb sollte Ihnen die humane Gestaltung der neuen, digitalen Lernwelt ein wichtiges Anliegen sein. Grundsätzlich gilt: Beim Design des Onlinekurses oder E-Learning-Programms sollte stark darauf geachtet werden, inwieweit dieses eine Interaktion und Kollaboration zulässt. Irrtum 4: Bearbeitungszeit gleich Lernzeit. Oft wird vergessen, dass das Lernen seine Zeit braucht. Zeitdruck und Stress sind für alle Lernprozesse kontraproduktiv. Dass die Lerner bei E-Learning-Programmen zeit- und ortsunabhängig Zugriff auf die Lernmodule und -inhalte haben, verspricht zwar eine höhere Effektivität, doch Vorsicht: Die Bearbeitungszeit darf nicht mit dem wirklichen Lernen verwechselt werden. Lernen bedeutet „Zeit lassen, Zeit nehmen und Zeit geben“. Kurze Lerneinheiten zwischen drei und fünfzehn Minuten sind der Hit. Das können kurze Lernvideos, Podcasts, Quiz oder Texte sein. Alles, was eine tiefe Reflexion und Abstand zum Nachdenken braucht, sollte in Ruhe in den Randzeiten stattfinden. Irrtum 5: Digitale Lerninhalte fördern selbstorganisiertes Lernen. Fragen Sie sich, ob Ihre Mitarbeiter oder Kollegen überhaupt über die Kompetenz verfügen, mit den digitalen Angeboten wirkungsvoll umzugehen. Denn beim Einführen neuer Lernformate gilt es auch, die Lerngewohnheiten und -biografien der Adressaten zu beachten. Der lange geforderte Kulturwandel, dass die Mitarbeiter auch beim Lernen mehr Eigenverantwortung zeigen, erfordert Zeit. Was in der Theorie so einfach klingt, ist für viele Menschen mit einer „alten“ schulischen Biografie völlig ungewohnt. In der Schule gaben die Lehrer und später im Betrieb die Führungskräfte oder Trainer den Umfang und Inhalt des Lernens vor. In der modernen E-Learning-Welt sollen die Lerner sich nun plötzlich die Lernzeiten selbst einteilen und auch noch selbst für ihre Motivation sorgen. Gastkommentar Learntec: Auf diese fünf E-Learning- Irrtümer achten Sabine Prohaska Sabine Prohaska ist Expertin im Bereich Learning & Development. Sie hat langjährige Erfahrung in der Beratung und Begleitung von E-Learning Projekten und unterstützt Organisationen dabei, professionelle (Online-) Trainingskonzepte zu erstellen und umzusetzen (www.seminarconsult.at). Die Bearbeitungszeit eines E-LearningKurses darf nicht mit der wirklichen Lernzeit verwechselt werden. „ „
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