Wirtschaft und Weiterbildung 3/2022

R wirtschaft + weiterbildung 03_2022 47 Anekdote, einer Geschichte oder einer spannenden Behauptung. Dadurch steigt die Aufmerksamkeit. Ansonsten gilt Mark Twain, amerikanischer Schriftsteller, der sagte: „Eine gute Rede hat einen guten Anfang und ein gutes Ende und beide sollten möglichst dicht beieinander liegen.“ Mir ist nie klar geworden, warum so viele Referenten am Ende die Phrase verwenden „Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit“. Diese grauenhafte Floskel hat in unserer Vortragslandschaft einen festen Platz erworben. Was will der Redner damit sagen? Danke, dass Sie mir zugehört haben, obwohl es sehr langatmig war? Haben Sie schon mal ein Buch gelesen, dessen letzter Satz so lautet? Haben Sie schon mal einen Film gesehen, der sich am Ende für Ihre Aufmerksamkeit bedankt? Konnten Sie schon mal einen Werbespot hören, bei dem abschließend das Wort Danke aus dem Lautsprecher tönt? Mit Metaphern in den Lernturbo schalten Was mich am meisten stört, ist die Tatsache, dass die Redner freiwillig darauf verzichten, sich persönlich dem Publikum zuzuwenden und das Dankeswort an Powerpoint delegieren. Damit entwerten sie sich selbst. Der Referent hat endgültig den Kontakt zum Publikum verloren, sobald er zu erkennen gibt, dass er nicht in der Lage ist, ohne Powerpoint zu begrüßen und sich zu bedanken. Am Ende sollten Sie Ihrem Publikum eine Kernbotschaft mit auf den Weg geben, zum Weiterdenken anregen und einen Handlungsschub erzeugen. „Irgendwie ist unser Gehirn wie ein Garten. Wenn wir ihn eine Weile lang sich selbst überlassen, geht es vielleicht eine Zeit lang gut. Irgendwann einmal aber kommt vielleicht eine Hitzeperiode und viele Blumen vertrocknen. In regenreichen Zeiten wuchert das Unkraut und nach einem warmen Winter macht es unsere liebevolle Gartenarbeit zunichte. Wie mit den Pflanzen in unserem Garten verhält es sich auch mit unseren Gedanken. Ab und an mal müssen wir neue Samen sähen, Setzlinge einpflanzen, sie hegen und pflegen und vor allem vom Unkraut befreien, das durch unangenehme Erlebnisse, Panikmache in der Presse und andere negative Einflüsse zu wuchern beginnt“, so beginnt das Kapitel „Metaphern und Geschichten als Gehirnsprache“ von Franz Hutter und Sandra Mareike Lang, das Teil ihres Buchs „Neurodidaktik“ ist. An dieser blumigen Einführung wird deutlich, wie anschaulich Bilder und Metaphern sein können. Im Berufsleben wird mit einer bildhaften Sprache eher sparsam umgegangen. Hierbei geht es oft derart langweilig zu, dass es spannender wäre, den Gartenzaun zu streichen und der Farbe beim Trocknen zuzuschauen. Dabei ist eines sicher: Das Gehirn liebt Bilder und Geschichten, sie sind ein Festmahl für unser Oberstubchen. Unser Gehirn denkt in Bildern. Sprachbilder sind kein rhetorischer Schmuck, sie sind Verstandnishilfen. Abstrakte Phänomene können vereinfacht werden und komplizierte Zusammenhänge erscheinen mit ihnen lebendiger und klarer. Synthese aus visuellen und gesprochenen Informationen Ziel einer gelungenen Präsentation im Zusammenhang mit einer Weiterbildung ist es, eine Synthese aus visuellen und gesprochenen Informationen zu schaffen. Wenn wir also etwas mit Sprache bewirken wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Worte im Gehirn des Zuhörers Bilder erzeugen, die er emotional positiv bewertet und abspeichert. Schon unsere Sprache deutet darauf hin: Wir machen uns ein Bild von jemandem, bilden uns etwas ein und besitzen eine umfassende Bildung. Wir sprechen, um uns mitzuteilen und um verstanden zu werden. Das gelingt nicht immer und das liegt auch daran, dass Sprache an sich mehrdeutig und nicht immer trennscharf ist. Von daher verstärken wir die gesprochenen Inhalte mit Metaphern (griechisch: übertragen). Es gibt kaum einen Bereich, den wir nicht sprachlich bebildern. Wir besitzen einen nahezu unbegrenzten Vorrat anschaulicher Redewendungen, um unser Kopfkino ablaufen zu lassen. Passende Sprachbilder regen die Fantasie der Zuhörer an und besitzen die Kraft, sich tief in der Gedankenwelt einzugraben. Was nicht durch den Bauch geht, bleibt im Kopf nicht hängen. Wenn Bilder in einer Präsentation gezeigt werden, sollten es keine tausendmal gesehenen, sterilen Agenturfotos sein. Diese sehr häufig verwendeten Abbildungen wirken gestellt, präsentieren stets gut gelaunte Buromenschen und drücken selten das aus, was der Nutzer bezwecken möchte. Das führt im Hirn bestenfalls zu einem kurzen Aufflackern des neuronalen Netzwerks, dann ist wieder Funkstille. Zum gesprochenen Wort eignen sich einzigartige Abbildungen. Sie besitzen eine höhere Chance, die Vorstellungskraft des Publikums anzukurbeln. Für Fotos, auf denen Personen gezeigt werden, vor allem ausdrucksstarke Gesichter, gilt das besonders. Allerdings lösen oft wiederholte, abgedroschene Metaphern keine Bilder mehr Buchtipp. Michael Kühl-Lenjer: Lernen mit Hirn: Neurodidaktische Impulse, Verlag Business Village, Göttingen 2022, 276 Seiten, 34,95 Euro

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