wirtschaft + weiterbildung 03_2022 33 R die mehr als 12.000 Mitarbeitenden des Halbleiterherstellers in Deutschland auch in Pandemiezeiten lernen und sich weiterbilden können. Auch sie startete mit ihrem Team zu Beginn des ersten Lockdowns damit, die Face-to-Face-Formate in die digitalisierte Welt zu übertragen. „Das war eine große Herausforderung, auch in der Zusammenarbeit mit unseren externen Trainern und Trainerinnen“, erklärt sie beim Branchentalk. „Wir mussten deshalb erst einmal eine Qualitätsprüfung durchführen und sehen, wer die digitalen Formate gut umsetzen kann.“ Und die Personalentwicklerin blickte auch auf Mitarbeitende und Führungskräfte. „Der größte Trugschluss wäre es anzunehmen, dass jeder und jede mit den digitalen Medien umgehen kann.“ Die Trainings zur Medienkompetenz und zum „Hybrid Leadership“, die bei Infineon aufgesetzt wurden, erlebten große Nachfrage. Die Hamburger Niederlassung des italienischen Pharma- und Gesundheitsunternehmens Chiesi ist die größte Vertriebsgesellschaft außerhalb Italiens. Die Leiterin Personalentwicklung, Heike Baader-Kröger, musste die vielen Außendienstmitarbeitenden unterstützen, auf digitales Arbeiten und Lernen umzustellen. „Zu Hause hocken, in die Kiste zu schauen – der Lockdown war für unsere Außendienstler sozusagen keine artgerechte Haltung“, fasst Baader-Kröger mit etwas Ironie die Situation zusammen. Am Anfang seien viele überfordert gewesen. „Ich hatte weinende Menschen am Telefon, die unsere Unterstützung brauchten.“ Das sei nicht nur eine Frage der technischen Unterstützung, sondern vor allem des Aufbaus eines passenden Mindsets, erklärt die Personalentwicklerin, die selbst zertifizierte Trainerin und Coach ist. „Kämpfen, fliehen oder totstellen – das sind die klassischen Reaktionen auf die Krisensituation. Und einige haben sich für die dritte Variante entschieden.“ Gegengesteuert hat die Personalentwicklerin mit Selbstführungstrainings für Mitarbeitende und Führungskräfte. „Da muss man sofort reagieren und sich nicht erst lange über die Angebote abstimmen“, ist sie sich sicher. Fehlende digitale Kompetenzen waren dabei auch bei den externen Trainern und Trainerinnen zu sehen. Von einigen musste sich die Personalentwicklerin konsequent trennen. Selbstmanagement, Kommunikation und digitale Führung sind auch die drei Themen, die in einer Umfrage von FAZ und Cornerstone On Demand als die wichtigsten inhaltlichen Herausforderungen in der Weiterbildung in der Pandemiezeit genannt wurden. Der LMS-Anbieter stellte ein Lernpaket zu diesen Inhalten unter dem Titel „Remote Work Essentials“ zusammen und „die Unternehmen haben danach geschrien, weil sie schnell etwas brauchten, womit man allen Mitarbeitenden helfen kann“, bewertet Thorsten Rusch, Senior Manager Solution Consulting bei Cornerstone On Demand, die Nachfrage nach diesem Angebot. Doch während es in vielen Unternehmen eben darum ging, welche Inhalte auf den Lernplattformen ausgespielt werden sollten, waren mittelständische Unternehmen nach Ruschs Beurteilung noch auf einem anderen Level: „Die mussten zunächst die Strukturen für das digitale Lernen schaffen, eine Lernplattform erstmal aufbauen.“ Professionalisierung im Fokus Inzwischen habe aber jeder verstanden, dass Digitalisierung die Zukunft sei, betont Rusch. Die Unternehmen sind auf dem Weg der Professionalisierung angekommen, nachdem im ersten Pandemiejahr noch Notlösungen dominierten. Die Akzeptanz von digitalen Formaten ist rasant in die Höhe geschossen, darin sind sich alle Talk-Teilnehmenden einig. Cornerstone kann das an der Zahlenentwicklung von 2021 im Vergleich zu 2020 ablesen: „Die Anzahl der Trainings, für die Jessica Richter ist Head of People and Leadership Development bei Infineon Technologies. Markus Grunwald ist Vorstand des E-Learning-Unternehmens Know How. „ Die Personalentwicklung hat inzwischen eine ähnliche Ausnahmestellung wie die IT in den Unternehmen – ohne sie funktioniert nichts mehr.“ Markus Grunwald
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