Wirtschaft und Weiterbildung 9/2022

wirtschaft + weiterbildung 09_2022 47 vor, ihre persönlichen Lernfortschritte vor der Unternehmensleitung zu präsentieren. Denkanstöße aus der Praxis Es liegt in der Natur des BDVT-Wettbewerbs, dass sich die Jury in erster Linie für die Didaktik der mehrteiligen Weiterbildungsmaßnahme interessierte. Aber es wurden auch konkrete „Lessons Learned“ gewürdigt: 1. Audiokanal. Die Qualität des Tons ist manchmal wichtiger als eine stabile Internetleitung, die eine störungsfreie Bildübertragung sicherstellt. Wenn die Gruppe, die sich in einem realen Meetingraum getroffen hat, untereinander diskutiert, dann sind die verschiedenen Sprechenden oft unterschiedlich gut im Homeoffice zu hören (Abstand vom Mikrofon). In vielen Fällen zahlt es sich aus, einen Meetingraum in ein professionelles Videostudio umzubauen. 2. Kameraverweigerung. Zu Beginn der Trainingsmaßnahme weigerten sich einige Teilnehmende, im Videokonferenztool die Kamera einzuschalten. Die Trainer und Trainerinnen sollten bereits im Vorfeld darauf hinweisen, wie wichtig die visuelle Präsenz aller für die Entwicklung der Gruppe ist und sie sollten Argumente parat haben, die zeigen, dass durch Sichtbarkeit Vertrauen und Zugehörigkeit entsteht. Andererseits gilt auch: Es gibt immer wieder Momente in einem Workshop, wo es Sinn macht, mit den Teilnehmenden „Kamerapausen“ zu vereinbaren. 3. Breakout Sessions. Oft macht in einem Live-Online-Workshop eine Kleingruppenarbeit Sinn. Dazu eröffnet die Workshopleitung im Videokonferenztool mehrere Kleingruppenräume (BreakoutSession-Räume), in die sie jeweils drei oder vier Teilnehmende zum Diskutieren „schicken“. Führungskräfte lernen so, dass es später (wenn sie einen Online-Workshop moderieren) oft ihre Aufgabe ist, die „passenden“ Mitarbeitenden in Kleingruppen zu schicken. So führt es selten zu einem echten Gedankenaustausch, wenn zwei Vielredner mit zwei Introvertierten kombiniert werden. Thema „Extroversion“: Psychologische Studien zeigen, dass extrovertierte Personen mehrheitlich als schlechte Zuhörer beurteilt werden. Sie sollten insbesondere im Rahmen von virtuellen Meetings klare Signale senden, dass sie gut zuhören. 4. Gruppendynamik. Führungskräfte sollten dafür sensibilisiert werden, dass in der Belegschaft oft eine Dynamik entsteht, die unter den Mitarbeitenden aufgrund des fehlenden Kontakts für eine Entfremdung sorgt und die eine Frontenbildung begünstigt („Die im Homeoffice“ gegen „Die im Büro“). Diese Frontenbildung kann Neid erzeugen (die im Büro sind besser informiert und haben möglicherweise bessere Karrierechancen) und dazu führen, dass jene, die häufig im Büro sind, Menschen bevorzugen, denen sie oft in der Realität begegnen. 5. Vorbilder motivieren. Es kommt bei den (einfachen) Führungskräften eines Unternehmens sehr gut an, wenn auch die Mitglieder der Geschäftsleitung selbst Teilnehmende der Weiterbildung sind, weil sie so das Signal senden, dass es wirklich wichtig ist, hybride Führungskompetenzen zu erlernen. „Die oberste Leitung wir so zum Leitbild einer neuen Unternehmenskultur“, sagt NewviewChefin Eva-Maria Kraus. Sie fordert alle Personalentwicklungsprofis auf, künftig Lernreisen zu entwickeln, die das Beste aus den verschiedenen Welten (analog, digital, hybrid) verbinden. Martin Pichler

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