Wirtschaft und Weiterbildung 9/2022

personal- und organisationsentwicklung 32 wirtschaft + weiterbildung 09_2022 sieben Mitarbeitende 2020 ein Masterstudium begonnen, im Herbst folgen noch einmal ein oder zwei Mitarbeitende. Bisher hat rund ein Drittel der weiterqualifizierten Mitarbeitenden die Abteilung oder den Fachbereich gewechselt. Sie sind aus der klassischen Motorenentwicklung ausgestiegen und in die Entwicklung neuer Produkte eingestiegen. Ein paar Beispiele: Ein Mitarbeiter entwickelt jetzt Microgrids im Systems Engineering. Ein anderer Ingenieur hat zuvor einzelne Komponenten – speziell Injektoren – für Motoren entwickelt und arbeitet nun an hybriden Antrieben für den Schienenverkehr. Ein weiterer Mitarbeiter war für die Kühlwasser- und Ölversorgung zuständig und ist heute Komponentenverantwortlicher für Batterien. Erste neue Produkte sind bereits im Feld: Ein Hybridzug und eine Brennstoffzelle wurden in Betrieb genommen. Die Weiterbildung zahlt also ganz konkret auf die Unternehmensstrategie ein, das Knowhow wandert in Richtung Nachhaltigkeit und der Wert sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze steigen. Was zum Erfolg beiträgt Die Einbettung in die Unternehmensstrategie wiederum ist ein essenzieller Faktor für den Erfolg des Pioneer-Programms. Die Mitarbeitenden von Rolls-Royce Power Systems sehen: Hier verändert sich etwas, das Unternehmen hat einen Plan, macht sich auf den Weg und denkt das Ganze bis zum Ende durch. Dazu gehört auch die konkrete Verankerung des neuen Wissens in der Organisation: An welchen Stellen genau kommen die weiterqualifizierten Mitarbeitenden wie zum Einsatz? Ebenso wichtig für den Erfolg ist eine konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit von Unternehmen und Bildungspartner. Power Systems und die Hector School pflegen seit mehr als drei Jahren eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Gegenseitige Impulse tragen stark zur Weiterentwicklung des Programms bei. Im regelmäßigen Austausch – zeitweilig wöchentlich – prüfen die Projektleitungen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist, und passen das Programm immer wieder an die Bedürfnisse der Teilnehmenden und sich verändernde Bedingungen an. Jährlich gibt es zudem ein großes Review-Meeting mit den Leitungen von Forschung und Entwicklung, den Fachabteilungen, der Personalabteilung und den Sprechern aus den einzelnen Weiterbildungsgruppen. Dabei geht es um den Projektstand, das Feedback der Teilnehmenden und die Überführung des Knowhows in die Organisation. Generell wird Austausch in dem Projekt groß geschrieben. Social Events leisten einen wichtigen Beitrag dazu und unterstützen die Verankerung des neu erworbenen Wissens. Ob ein gemeinsames Abendessen oder ein sportlicher Wettbewerb beim Bogenschießen – im informellen Rahmen entstehen spannende Diskussionen und Gelerntes lässt sich reflektieren und vertiefen. Das stärkt gleichzeitig die Verbindung und Kooperation über Abteilungsgrenzen hinweg. Quintessenz: ernst nehmen, anfangen und durchziehen Lebenslanges Lernen ist heute eine Schlüsselkompetenz. Nur mit Lernen gelingt der Wandel. Der Wille dazu lässt sich jedoch nicht verordnen und auch Bewahren sollte Raum bekommen. Wie kann dennoch eine Lernkultur im Unternehmen entstehen? Es steckt wohl schon in der DNA von Rolls-Royce Power Systems, Herausforderungen mit Pioniergeist anzugehen. Ingenieurinnen und Ingenieure sind von Natur aus neugierig, wollen Dinge ausprobieren und Neues hervorbringen. Daher ist die Bereitschaft zum Lernen und zur Weiterbildung bei Power Systems generell hoch. Gleichwohl erreicht das Pioneer-Projekt eine neue Dimension. Da reichte es nicht, eine Vision in schöne Worte zu kleiden. Vielmehr ging es darum, eine Bewegung zu kreieren. Das heißt: ein richtiges Projekt aufsetzen, kompetente Partner dazu holen, zügig anfangen und das Ganze systematisch und transparent durchziehen. Dabei braucht es den Mut, größer zu denken – nicht nur zwei Mitarbeitende weiterzubilden, sondern gleich viel mehr und das Wissen schnell in der Praxis zu verankern. Das zeigt, wie ernst es dem Unternehmen ist. Dieses Commitment kommt bei den Mitarbeitenden an. Sinnvoll ist es auch, die Qualifizierung in kleineren Wellen zu gestalten, damit zügig erste Erfolgsgeschichten greifbar werden. „Wieder zu lernen, ist zwar anstrengend, aber es macht viel Spaß“ – das hören wir quasi unisono von den Teilnehmenden. Sie wollen Teil der Transformation sein, den Wandel mitbewegen. Dennoch braucht es ein paar besonders Neugierige und intrinsisch Motivierte, die vorangehen und zeigen, was durch Lernen möglich ist – und damit andere anstecken. Zugleich müssen Ausprobieren, Fehler und Irrwege erlaubt sein, um daraus zu lernen und etwas Konstruktives zu machen. Solche positiven Erfahrungen nähren wiederum die Lernbereitschaft und eine unterstützende Haltung. Wie hat es Nelson Mandela formuliert: „Ich verliere nie. Entweder ich gewinne oder ich lerne.“ Martin Urban, Nico Jäckel R Martin Urban ist Executive Vice President Engineering der Rolls-Royce Power Systems AG und leitet seit Januar 2022 das im Artikel vorgestellte Pioneer-Projekt. Zuvor war er in dem Unternehmen Vice President Mobile Engine & System Platform Integration und Vice President System Development. Tel. +49(0)7541 90-50960 martin.urban@ps.rolls-royce.com AUTOREN Nico Jäckel verantwortet Marketing und Vertrieb beim International Depar tment des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Ein Schwerpunkt dabei ist die berufsbegleitende Weiterbildung von Ingenieuren und Ingenieurinnen an der Hector School of Engineering & Management, der Technology Business School des KIT. Tel. + 49(0)721 608-47891 nico.jaeckel@kit.edu Foto: Rolls-Royce Power Systems Foto: KIT

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