personal- und organisationsentwicklung 30 wirtschaft + weiterbildung 09_2022 tiv kann über einen Expertenworkshop mit einem konkreten Praxisbeispiel von Power Systems eine weitere Spezialisierung erworben werden. Um dem Wunsch nach internationaler Ausrichtung zu entsprechen, findet das Programm in englischer Sprache statt. Ein ausgewogener Mix aus Theorie und Praxis trägt dazu bei, dass das erworbene Wissen eng mit praktischer Erfahrung verknüpft wird. Der theoretische Teil wird an der Hector School in Karlsruhe durchgeführt. Hinzu kommen praktische Einheiten in den Laboren des KIT sowie Case Studies am KIT oder mit konkreten Projektbeispielen des Unternehmens. Um sich intensiv mit den Themen auseinandersetzen zu können, wird in kleineren Gruppen mit maximal 20 Personen gearbeitet. In den praktischen Einheiten sind die Gruppen teilweise deutlich kleiner. Alle drei Stufen schließen mit einer Prüfung ab und die Teilnehmenden erhalten ein Zertifikat, um ihre Qualifizierung belegen zu können. Die Mitarbeitenden können die Weiterbildung komplett in ihrer Arbeitszeit durchführen und sie erhalten zusätzlich Lernzeit für die Prüfungen. Personalentwicklung ist immer mit im „Projektboot“ Bei der Festlegung der Inhalte der Weiterbildung hatten seitens Rolls-Royce Power Systems die Fachabteilungen das Heft in der Hand. Sie wissen schließlich am besten, welche Kompetenzen sie brauchen. Bei Fragen der Umsetzung war wiederum die Personalentwicklung stark gefordert – etwa wenn es darum ging, wie viel Zeit die Mitarbeitenden in die Weiterbildung investieren sollen und welche Budgets wofür zur Verfügung stehen. Zudem galt es, die neuen Stellen und Tätigkeiten genau zu beschreiben. Ein Jobprofil beispielsweise für Systemingenieure und -ingenieurinnen gab es noch nicht. Zusammen mit den Fachabteilungen hat die Personalabteilung ein „Capability Management“ aufgestellt, um die neu entwickelten Fähigkeiten in die Tarifstruktur zu integrieren. Die Mitarbeitenden waren somit von Anfang an darüber im Bild, welche Gehaltsentwicklungen sich eventuell aus der Weiterbildung ergeben, und konnten sowohl interne als auch externe Marktbedingungen vergleichen. Auch bei der Auswahl der Teilnehmenden hatte die Personalentwicklung ein Wörtchen mitzureden – besonders in der zweiten und dritten Qualifizierungswelle, in denen Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen auf Lernreise gingen. Zunächst mit den besonders Neugierigen anfangen Schließlich wurde das Programm im Unternehmen vorgestellt und konkret beschrieben: Was wollen wir erreichen? Wie ist das Programm aufgebaut? Wie hoch ist der Lernaufwand? Welche Prüfungen gibt es und welche konkreten Entwicklungsmöglichkeiten entstehen daraus? R Steile Lernkurve · Kein Selbstläufer: Das große Interesse in der ersten Welle verleitete dazu zu glauben, dass es auch leicht bliebe. Doch das war ein Trugschluss. Nachdem der erste Schwung an Hochmotivierten bereits im Boot saß, kamen nicht automatisch wieder so viele Lernwillige nach. Das lag auch daran, dass nach der ersten Welle die neuen Stellen weniger konkret vorbereitet worden waren. Hier ist ausdauernde Sorgfalt gefragt. · Zu große Sprünge: Der Weg vom klassischen Maschinenbauer hin zum Systemingenieur ist gut machbar. Entsprechend groß war hier das Interesse. Aber der Sprung von der Mechanik in die Elektrotechnik und Automation ist riesig – das hat man unterschätzt. Jemand, der beispielsweise in einem Feld 20 Jahre Erfahrung hat und eine Koryphäe ist, lässt sich nicht sechs Monate in einem ganz anderen Bereich ausbilden, um dort dann quasi Anfänger zu sein. Diese Herausforderung für das Selbstbewusstsein ließ sich nicht immer auffangen, sodass derzeit noch eine Lücke in der Elektrotechnik und Automation klafft. Erkenntnisperlen. Eine Lernreise machen auch die Projektteams von Rolls-Royce Power Systems und der Hector School. Manche Hürden, Irritationen, Holzwege und mit der Coronapandemie schlichtweg höhere Gewalt haben für wertvolle Erfahrungen gesorgt und Dazulernen erfordert. · Präsenz ist unschlagbar: Die Coronapandemie hat alle vor große Herausforderungen gestellt. Es ist gut gelungen, die Präsenzformate in Onlineformate und später auch in Hybridformate zu überführen. Gleichwohl ist klar geworden: Nur Online macht auf Dauer müde. Lernen braucht auch einen realen Raum, damit sich ein intensiver Austausch entfalten kann. · Das Ohr am Gleis: Ab der zweiten Welle mischten sich Teilnehmende aus mehreren Bereichen mit unterschiedlicher fachlicher Basis. Manch einer drohte, abgehängt zu werden. Da hieß es: aufmerksam hinhören, hinschauen, nachfragen und anpassen, um jede und jeden mitzunehmen. Die Teilnehmenden wurden außerdem dazu motiviert, ihre Meinung mitzuteilen und sich direkt mit den Lehrenden auszutauschen. Erforderlich war auch eine Weiterentwicklung des Teilnehmerprofils – ein Fragebogen, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch vor Beginn der Kurse ihren fachlichen Hintergrund und ihre Erwartungen beschreiben.
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