titelthema 18 wirtschaft + weiterbildung 09_2022 Jeffrey Pfeffer (76), Professor für Organisationstheorie an der Graduate School of Business der Stanford University, widmet sein neues Buch „7 Rules of Power“ seiner Frau, deren Tod in seinem Herzen und seiner Seele eine große Leere hinterlassen hat. Ein amerikanischer Journalist sprach Pfeffer in einem Youtube-Interview auf diese sehr anrührende Widmung an und wollte mehr wissen. Der Professor berichtete von der „Liebe seines Lebens“, von einer sehr glücklichen Ehe und sagte dann, dass seine Frau vor einem Jahr zur Überraschung aller Selbstmord begangen habe, weil sie nicht mehr mit ihrer schweren Krankheit weiterleben wollte. Der Journalist bedankte sich für so viel Offenheit und gestand, dass ihm Pfeffer jetzt noch um einiges sympathischer und liebenswerter erscheine als vorher. Da der Interviewer Pfeffers Bücher gut kannte, fragte er verdutzt, warum er um alles in der Welt aufstrebenden Führungskräften davon abrate, anderen zu viel von sich zu erzählen – schließlich kämen sich Menschen dadurch näher und es entstünden wertvolle Verbindungen. Pfeffer antwortete, er sei alt und wolle keine Karriere mehr machen. Deshalb könne er es sich leisten, über seine Verletzlichkeit zu reden. Im Berufsleben würden aber besondere Spielregeln gelten. Kollegen kämpften schließlich untereinander um die nächste Beförderung. „Gefühle zeigen am Arbeitsplatz schadet der Karriere“ Die eigenen Schicksalsschläge und Schwachstellen freiwillig offenzulegen, sei so, als würde man dem Feind Munition übergeben. Außerdem würden die Mitarbeitenden Führung erwarten. Da seien Berichte über die eigene Verletzlichkeit nicht sehr hilfreich. Von einem Abteilungsleiter erwarte die Belegschaft, dass er konkret zu den anstehenden Einsparungen Stellung nehme. Es würde alle Zuhörer irritieren, wenn er auf einem Abteilungsmeeting seine Rolle als Führungskraft verließe und davon redete, wie sehr er es vermisse, abends seine Kinder zu sehen. Pfeffer schreibt sein Buch offensichtlich für eine bestimmte Zielgruppe. Dazu gehören nicht die Führungskräfte, die beliebt sein wollen, die hoffen, unter ihren Mitarbeitenden und Kollegen Freunde fürs Leben zu finden und die mit einer Position im mittleren Management für den Rest ihrer Berufstätigkeit zufrieden sind. Ultimative Ratschläge für alle, die ganz nach oben wollen Der Stanford-Professor schreibt zum einen für Berufsanfänger, die nicht gekündigt werden wollen, weil sie (aus Versehen) den Mächtigen auf die Füße treten. Laut Pfeffer werden nach inoffiziellen Schätzungen rund 20 Prozent der Stanford-MBA-Absolventen von ihrem ersten Arbeitgeber gekündigt, weil sie in irgendwelche Fettnäpfchen getreten sind. Zum anderen soll das Buch allen Berufstätigen helfen, die in einem Unternehmen oder einer Organisation möglichst weit nach oben kommen wollen. Pfeffer berichtet, dass er als Berater und Lehrer insbesondere karriereorientierten Frauen helfe, die berühmte „gläserne Decke“ zu durchbrechen und dass er auch vielen asiatisch- und afrikanischstämmigen Amerikanerinnen und Amerikanern geholfen habe, an die Spitze eines Unternehmens aufzusteigen, von wo aus sie dann viele Dinge zum Besseren hätten wenden können. Für Pfeffer gibt es einige unumstößliche sozialwissenschaftliche Grundlagen, die sein Denken bestimmen: • Es wird auch in Zukunft Hierarchien geben. Der Mensch als „Herdentier“ akzeptiert grundsätzlich Hierarchien. Von „oben“ nach „unten“ können in einer Hierarchie schnell Spielregeln aufgestellt und Entscheidungen getroffen werden – insbesondere, wenn ein Unternehmen sich an Marktveränderungen anpassen muss. • Die Menschen wollen grundsätzlich weit oben in der Hierarchie stehen. An der Spitze lebt man angenehmer und man hat mehr Kontrolle über sein Leben. Außerdem gilt seit Urzeiten: Menschen suchen die Nähe von Gewinnern und meiden gezielt Verlierer. Wer die Macht hat, hat deshalb auch viele Freunde, die einem manche Trickserei verzeihen (solang wie man Macht hat). • Wer aufsteigen will, befindet sich im Wettbewerb mit anderen und muss um die raren Plätze an der Spitze kämpfen. Um nach oben zu kommen, reicht es nicht aus, in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet zu haben. Man muss auf sich aufmerksam machen und den Eindruck erwecken, dass man kompetent genug ist, noch höhere Anforderungen zu erfüllen. Den Eindruck von Kompetenz erwecken ausgerechnet jene Menschen, die eine große Portion Selbstbewusstsein ausstrahlen. Wer das nicht kann, muss laut Pfeffer so tun, als habe er bereits sehr viel Selbstbewusstsein. Pfeffer erklärt seinen Lesern: „Jeder der aufsteigen will, spielt anderen etwas vor. Die Welt ist öfter eine Bühne als Sie denken.“ Pfeffer hat bereits einige Bücher und ArR 04. Selbstvertrauen – die innere Zuversicht, etwas zum Erfolg führen zu können, hilft 05. Einfühlungsvermögen – nur derjenige bekommt Macht, der andere „lesen“ kann 06. Konfliktfähigkeit – wer vor Konflikten nicht davonläuft, ist anderen überlegen Foto: marlanu / gettyimages.de
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