Wirtschaft und Weiterbildung 9/2022

menschen 14 wirtschaft + weiterbildung 09_2022 HR UND DIGITALISIERUNG. Bei der digitalen Transformation, der Veränderung der Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung, sieht Blogger, Keynote Speaker und Digitalisierungsexperte Sascha Lobo in Deutschland immer noch große Defizite. Eine wichtigere Rolle sollte der Personalbereich mit speziellen Fort- und Weiterbildungen spielen. Viele Unternehmen buhlen derzeit um wenige Fachkräfte. Kann das auf Dauer gut gehen? Sascha Lobo: Ich spreche ausdrücklich nicht vom Fachkräftemangel, sondern davon, dass die Zahl der möglichen Mitarbeitenden geringer wird. Wir stehen vor einer demografischen Herausforderung. Fachkräftemangel hört sich an wie ein isoliertes Problem, das in manchen Branchen auftritt. Aber es geht tatsächlich darum, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter sich in Zukunft aussuchen kann, wann, wo und wie sie oder er arbeitet. Das gilt aber wohl nur für diejenigen Personen, die digital gut aufgestellt sind? Lobo: Ja. Der sogenannte Digital Divide ragt bis in die Beschäftigtenstruktur hinein. Die einen werden, so befürchte ich es, von der digitalen Transformation nicht bevorzugt. Sie werden Probleme bekommen. Die anderen werden von der digitalen Transformation und der Entwicklung dahinter dramatisch bevorzugt. Dieses beides gilt es miteinander zu vereinen. Das wird die zentrale Aufgabe der Personalerinnen und Personaler der Zukunft. Heute müssen die Unternehmen die Menschen dazu bringen, sich zu bewerben. Wenn das nicht innerhalb weniger Sekunden auf dem Smartphone möglich ist, bewirbt sich ein substantieller Teil dieser Menschen nicht bei dem Unternehmen, weil das Unternehmen das Gefühl vermittelt, dass es die Gegenwart nicht in den Griff bekommt. Wenn das alles nicht so stromlinienförmig ist, wie es diese Generation erwarFotos: Martin Pichler „ Die digitale Transformation ist eine Bildungsfrage“ tet, dann können die Unternehmen ein Problem bekommen. Das ist im Moment noch klein, aber es wird größer. Es gibt auch noch die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Manche sind durchaus digital affin, andere nicht. Wie wichtig wird Weiterbildung? Lobo: Die digitale Transformation in Deutschland ist eine Bildungs- und insbesondere eine Fort- und Weiterbildungsfrage. Wenn Fort- und Weiterbildung in Unternehmen nicht vernünftig stattfindet, können wir uns die digitale Transformation in die Haare schmieren. Und man muss mir glauben, dass ich diese Metapher nicht leichtfertig verwende. Das ist nicht meine exklusive Meinung. Es gibt ein Papier des World Economic Forum von 2020. Dieses geht davon aus, dass 40 Prozent der Mitarbeitenden in den nächsten fünf Jahren ihre Core Skills – ihre Kernfähigkeiten, die sie für ihre Arbeit brauchen – neu lernen müssen. Ich würde sogar sagen, dass es in einzelnen Branchen mehr als 40 Prozent sind. Dabei spielt sicherlich nicht nur das Alter eine große Rolle, sondern auch Ängste und Vorbehalte der Mitarbeitenden ... Lobo: Die Altersfrage bleibt tatsächlich essenziell. Zwar ist Digitalisierung in erster Linie eine Frage der Haltung und keine des Alters. Aber wenn wir von Durchschnittswerten ausgehen, sind sowohl die Kenntnisse als auch ein gewisses Gespür für Vernetzungszusammenhänge bei jüngeren Menschen eher vorhanden als bei älteren. Die Frage ist: Wie bekomme ich Sascha Lobo (47). Er gilt als einer der profiliertesten Digitalisierungsexperten in Deutschland. Seit 2006 trägt er einen Irokesenschnitt, um nach eigenen Aussagen einen höheren Wiedererkennungswert zu erzielen.

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