training und coaching 46 wirtschaft + weiterbildung 04_2022 Mitbürger. Und Deutsche, die ihrem Vaterland den Rücken zukehrten, weil ihnen die deutsche Bürokratie „die Luft zum Atmen nahm“? Sie stimmen oft schon nach wenigen Wochen ein Klagelied darüber an, wie willkürlich die Behörden in ihrer neuen Heimat agieren und wie schwierig es dort ist, Genehmigungen zu erlangen. Ähnliche Prozesse registriert man in Unternehmen, deren Mitarbeiter plötzlich mit ausländischen Partnern kooperieren müssen – zum Beispiel, weil ihr Arbeitgeber in Frankreich ein neues Werk eröffnete. Oder weil das Unternehmen eine Vertriebsorganisation in China oder den USA gründete. Oder weil es mit einem spanischen Mitbewerber fusionierte. Oder weil es von einem arabischen Investor gekauft wurde. In solchen Situationen unterschätzen Unternehmen und ihre Mitarbeitenden anfangs oft die kulturellen Implikationen der Zusammenarbeit – auch dann, wenn die neuen Partner keine „Exoten“ sind, sondern zum Beispiel Italiener oder Franzosen, Schweden oder USAmerikaner. Denn gerade, weil die westlichen Industrienationen gemeinsame Wurzeln und teilweise eine gemeinsame kulturelle Identität haben, erscheint an der Oberfläche vieles gleich. Das verleitet die Unternehmen dazu, transnationale Projekte getreu der Maxime zu planen: Das wird schon klappen. Das heißt, es Auswanderer stellen nach ein, zwei Jahren in der Fremde oft erstaunt fest: Jetzt lebe ich zwar fern der Heimat, doch meine besten Freunde, mit denen ich über meine Sorgen und Nöte rede, sind weiterhin Landsleute von mir. Dabei nahm ich mir vor dem Auswandern fest vor: Ich will nicht in einer deutschen Enklave leben, sondern persönliche Beziehungen zu den „Einheimischen“ aufbauen. Warum machen so viele Auswanderer diese Erfahrung? Die meisten Menschen, die bisher nur ihren Urlaub im Ausland verbrachten, unterschätzen, wie stark sie durch ihre Heimat geprägt sind. Sie unterschätzen zudem, wie sehr es sie mit ihren Landsleuten verbindet, dass sie dasselbe Schulsystem durchlaufen haben, von Kindesbeinen an dieselben Radiosender hörten, es gewohnt sind, den Müll zu trennen … Empfinden und Verhalten divergieren All diese Faktoren prägen unser Empfinden und Erleben und somit auch das, was uns wichtig ist. Deshalb haben Personen im Ausland oft das Gefühl: Meine Landsleute verstehen mich besser und schneller als die „Einheimischen“. Denn erst im tagtäglichen Miteinander registrieren sie die kulturellen Unterschiede im Empfinden, die zu einem unterschiedlichen Verhalten führen. Diese Unterschiede gilt es zu reflektieren. Zwei Beispiele: Oft wandern Deutsche aus, um „stressfreier“ zu leben. Doch schon nach kurzer Zeit klagen sie über die Laissez-faire-Mentalität ihrer neuen Kulturelle Unterschiede von Anfang an ernst nehmen CROSS-CULTURAL TRAINING. Das wird schon funktionieren. Nach dieser Maxime planen Unternehmen oft Projekte, an denen Personen aus verschiedenen Ländern mitwirken, denn sie unterschätzen meist die kulturellen Unterschiede im Bereich Kommunikation und Kooperation.
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