training und coaching 42 wirtschaft + weiterbildung 04_2022 mit einer Tirade von Selbstvorwürfen und -beschimpfungen? Bei nicht wenigen Menschen ist das so, denn sie haben die Überzeugung verinnerlicht: Ich muss kritisch mit mir selbst sein, um erfolgreich zu sein. Das Hadern mit sich selbst wird sozusagen als Stimulanz verstanden, um besser zu werden und sich selbst zu inspirieren. Zu heftige Selbstkritik ist schädlich Auf der körperlichen Ebene lässt sich feststellen: Eine zu heftige Selbstkritik und große Unzufriedenheit mit uns selbst, versetzt uns in Aufregung. Die Folge: Stresshormone werden ausgeschüttet. Das wäre positiv, wenn wir diese als Aktivierungsenergie nutzen könnten – zum Beispiel, um vor einer Gefahr zu flüchten, wie dies bei unseren Ahnen in der Steinzeit der Fall war. Am Schreibtisch sitzend können wir diese Hormone aber nicht abbauen. Dort lösen sie bei uns unter anderem innere Unruhe, Unkonzentriertheit und Bluthochdruck aus. Auf der emotionalen Ebene gilt: Durch eine heftige Selbstkritik werden negative Empfindungen zwar überlagert, sie werden hierdurch aber nicht verarbeitet – im Gegenteil. Aus der psychologischen Forschung ist bekannt, dass unterdrückte Emotionen sich verstärken. Deshalb müssen wir immer mehr Energie aufwenden, um unseren inneren Kritiker im Zaum zu halten und unsere Unzufriedenheit mit uns selbst vor der Außenwelt zu verbergen. Dies führt nicht selten dazu, dass wir irgendwann die Selbstkontrolle verlieren und unangemessen auf einen äußeren Impuls reagieren. Oft sinkt mit der Zeit die eigene Handlungsfähigkeit Selbstkritik kann durchaus ein Motivator sein. Wenn wir jedoch permanent mit uns hadern, mindert dies mit der Zeit unser Selbstbewusstsein und unsere Fähigkeit zu agieren. Wie so viele Dinge hat auch der innere Kritiker zwei Seiten. Eine Wurzel von ihm ist Angst. Ein bisschen Furcht in dem Sinne von „Was passiert, wenn ich diese Präsentation vermassle“ oder „… diesen Termin nicht einhalte?“ kann durchaus für eine gewisse Zusatzmotivation sorgen. Wird die Angst jedoch zu groß, führt dies zu Viele Menschen hadern permanent mit sich selbst. Stets haben sie das Gefühl, eigenen oder fremden Ansprüchen nicht zu genügen – zum Beispiel im Beruf, aber auch im Privatleben und beim Freizeitsport. Als Ursache hierfür werden in Coachings immer wieder solche äußeren Stressoren wie Termindruck, eine hohe Arbeitsbelastung und permanent anstrengende Veränderungen am Arbeitsplatz genannt. Doch neben diesen äußeren gibt es auch innere Stressoren: zum Beispiel ein zu hoher Anspruch an sich selbst, der sich in Form eines inneren Kritikers artikuliert. Stellen Sie sich vor, Sie verhaspeln sich in einer Präsentation oder Ihnen fällt nach Feierabend ein, dass Sie beim Arbeiten etwas vergessen haben. Wie reagieren Sie dann? Starten Sie dann innerlich eine heftige Selbstkritik und überziehen sich Mit dem inneren Kritiker Freundschaft schließen PSYCHOLOGIE. Selbstkritik ist wichtig, um aus Erfahrungen zu lernen. Doch wenn wir permanent mit uns hadern und an uns zweifeln, bewirken wir das Gegenteil. Deshalb sollten wir Selbstmitgefühl zeigen und Freundschaft mit unserem „inneren Kritiker“ schließen. Yvonne Emig hat sich als Trainerin und BusinessCoach (DBVC) auf die Themen Führungskräfteentwicklung, Change-, Konflikt- und Selbstmanagement spezialisiert. Sie lebt in Frankfurt am Main und arbeitet unter anderem als freie Mitarbeiterin für die Unternehmensberatung Machwürth Team International als Consultant und BusinessCoach. www.mticonultancy.com AUTORIN
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