Wirtschaft und Weiterbildung 4/2022

R wirtschaft + weiterbildung 04_2022 31 ren sollten. Aus dieser Zeit stammt der Titel: „Vorarbeiter“. „Der kluge König“ ist also eine fachliche Führungskraft, die • anlernt, kontrolliert und • Rücksprachen beantworten kann. Die Führungskraft kann Entscheidungen fällen und in der Regel weiterdenken als alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einflussbereich. Sie wird geachtet aufgrund ihres Fachwissens und des Überblicks. Kurzum: Die Führung definiert sich aus der Klugheit oder aus dem Erfolg heraus. Die Akzeptanz dieser Führungskraft schwindet, wenn die fachliche Expertise fehlen sollte. Die mentalen Modelle, die für diese Art von Führung spricht, finden wir noch heute in vielen Organisationen vor. Man kann sogar davon ausgehen, dass die meisten Führungskräfte, die heute in Organisationen ihre Arbeit leisten, zu einem großen Teil aufgrund ihrer Leistung und fachlichen Expertise Karriere gemacht haben. Sie haben gelernt in Lösungen zu denken. Kommt ein Problem auf ihre Abteilung zu, haben sie als Führungskraft den Anspruch, dieses Problem zu lösen und die Aufgaben, die damit verbunden sind, zu delegieren. Warum macht dieses Denken, den Leistungsstärksten zur Führungskraft zu machen, wenig Sinn? Gerade in Zeiten des steigenden Fachkräftemangels scheint es zum Teil absurd, die „Schlausten“ zu Führungskräften zu machen, da diese ja dann an der Basis fehlen. Deshalb arbeiten auch viele Führungskräfte noch zu einem großen Teil bei der operativen Arbeit mit und übernehmen die Führungsrolle als eine Art „Nebenjob“. Ein Teufelskreis für Führungskräfte Provokant gefragt: Wäre es nicht sinnvoller, die nicht so leistungsfähigen Mitarbeiter zu Führungskräften zu machen, da diese am wenigsten an der Basis fehlen würden? Viele Führungskräfte, die aufgrund von Fachwissen und Expertise Karriere gemacht haben, wundern sich heute, dass ihnen in Führungstrainings suggeriert wird, dass ihre Expertise in vielen Situationen sogar hinderlich oder wenig motivationsfördernd ist. Sie sollen nicht mehr Aufgaben delegieren, sondern Verantwortung. Sie sollen das Team nach Lösungen suchen lassen und nicht selbst die Lösung vorgeben. Zurecht denken sich natürlich viele Führungskräfte dabei: „Wieso, ich kann, und vor allem ich will, es doch selbst lösen?“ Ein Teufelskreis entsteht, denn die so oft geforderten modernen Führungsaktivitäten, die von ihm, dem „klugen König“ erwartet werden, mag er gar nicht ausfüllen: • Er löst fachliche Probleme lieber selbst und direkt. • Seine fachliche Mitarbeit hindert ihn, seine Führungsrolle auszufüllen beziehungsweise liefert wiederum ein Alibi für unterlassene Führung. Wichtig ist, der fachliche König hat also heute in vielen Organisationen noch nicht ausgedient und es gibt Kontexte, da wird das Paradigma des klugen Königs noch weiter seine Berechtigung haben. Vor 20 Jahren: die gute Königin/der gute König In den frühen 1970er Jahren hatten viele Organisationen die Erkenntnis, Führung in Organisationen bräuchte neben der fachlichen Expertise mehr und mehr auch eine beziehungsorientierte Komponente. Der Trend „Gruppendynamik“ hielt Einzug in die Chefetagen. Führungskräfte

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==