Wirtschaft und Weiterbildung 4/2022

wirtschaft + weiterbildung 04_2022 29 überwunden. Sie denken stattdessen in netzwerkartigen Zusammenhängen. Sie versuchen zudem, statt der Zusammenarbeit in ihrem Bereich die Zusammenarbeit in dem für sie relevanten Beziehungsnetzwerk zu optimieren, das am Leistungserbringungsprozess direkt beteiligt ist. Dieses Bewusstsein hat ein Teil der Führungskräfte schon verinnerlicht. Das belegt die Tatsache, dass sie immer wieder ihre Abhängigkeit bei der Zielerreichung auch von Mitarbeitern anderer Bereiche und externen Unterstützern betonen. Zudem scheinen sich viele von ihnen schon bewusst zu sein, dass gute Führung auch ein teils verändertes Selbstverständnis als Führungskraft und Führungsverhalten erfordert. Hierfür spricht, dass das Gros von ihnen erwartet, dass die Führungsrollen „Sinnstifter“ und „Beziehungsmanager“ weiter an Bedeutung gewinnen. Führungskräfte sehen Gefahren im Beziehungsbereich Dies ist insofern relevant, als bei einer bereichs-, funktions- und zuweilen sogar unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit die Führungskräfte vielen am Leistungserbringungsprozess beteiligten Personen nicht qua disziplinarischer Gewalt vorgeben können: „Tue dies und das“. Sie müssen vielmehr aufgrund ihres Auftretens und Verhaltens sowie der Kraft ihrer Argumente die Mitarbeiter als Mitstreiter gewinnen. Ähnliches gilt für das Führen der eigenen Mitarbeiter auf Distanz. Ihnen können die Führungskräfte zwar vorgeben, was sie zu tun haben, inwieweit ihre Mitarbeiter dies aber real tun, können sie aufgrund der räumlichen Distanz aber nur bedingt kontrollieren. Also bleibt ihnen letztlich oft keine andere Wahl, als die Mitarbeiter durch ihr Verhalten und argumentativ zu überzeugen. Ansonsten müssen sie ihnen vertrauen. Das heißt wiederum: Wechselseitiges Vertrauen ist gerade beim Führen auf Distanz ein zentraler Erfolgsfaktor. Ansätze einer solchen Kultur der Zusammenarbeit und Führung, die in der Vuca-Welt zunehmend erfolgsrelevant ist, scheint es in den Unternehmen bereits zu geben. Diese gilt es auszubauen, unter anderem indem die Unternehmen die Entwicklung ihrer Führungskräfte massiv fördern. Praxisnahe, erfolgreiche Führungskräfteentwicklungsprogramme zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie folgende Entwicklungselemente miteinander verbinden: Kollektive Qualifizierung (zum Beispiel in Seminaren, Trainings, Webinaren und mittels Lernplattformen). Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Teilnehmern die Skills zu vermitteln, die sie zum Führen von Menschen im digitalen Zeitalter brauchen. Außerdem gilt es, durch das gemeinsame Lernen dafür zu sorgen, dass das nötige Alignment entsteht. Individuelle Qualifizierung (zum Beispiel mittels Coaching oder auch Mentoring). Ziel dieser Maßnahmen ist es, bei den Teilnehmern die Verhaltenssicherheit und -flexibilität zu erzeugen, die sie zum Wahrnehmen ihrer Führungsfunktion brauchen und ihr Selbstbewusstsein als Führungskraft zu stärken. Transferunterstützende Maßnahmen (zum Beispiel Teamcoaching, Erfahrungsaustausch). Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass die Teilnehmer tatsächlich das gewünschte Führungsverhalten zeigen und im Unternehmen eine Führungskultur entsteht, die den Erfordernissen des digitalen Zeitalters entspricht. On-the-Job-Lernen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die neuen Führungskompetenzen systematisch auszubauen und zu einer Routine werden zu lassen. Dabei variiert der Umfang der individuellen und kollektiven Förder- und Unterstützungsmaßnahmen auf den verschiedenen Führungsebenen in der Regel. Bei den Führungsnachwuchskräften, denen noch das Basishandwerkszeug in Sachen Führung vermittelt werden muss, dominieren oft die kollektiven Entwicklungsmaßnahmen. Je erfahrener die Führungskräfte sind und je exponierter ihre (Führungs-)Position ist, umso individueller und auf ihren persönlichen Bedarf zugeschnittener werden in der Regel die Förder- und Unterstützungsmaßnahmen sein müssen. Steht das Führungskräfteentwicklungsprogramm, empfiehlt es sich, dieses in einer Kick-off-Veranstaltung zu präsentieren. Barbara Liebermeister „ Führungskräfte überzeugen am besten durch ihr eigenes Verhalten und durch ihre vorbildliche Kommunikation.“ Barbara Liebermeister Barbara Liebermeister (rechts). Webinare dürfen auch einmal Spaß machen, heißt es im Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ) in Frankfurt.

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