R wirtschaft + weiterbildung 04_2022 25 Eine Umfrage unter 482 Führungskräften, die Ende 2021 durchgeführt wurde, war die Grundlage für die Studie „Alpha-Collaboration – Führung im Umbruch; Perspektiven für die Zusammenarbeit der Zukunft“. Die Studie kann unter www.ifidz. de für 39 Euro bestellt werden. Aus ihr können Handlungsempfehlungen für die Personal- und Führungskräfteentwicklung des Jahres 2022 abgeleitet werden. Zwei Drittel der befragten Führungskräfte (66 Prozent) erwarten einen Anstieg der Bedeutung der Führungsfunktion in ihrem Unternehmen. Dieser Befund steht in Widerspruch zu der in der New-WorkDebatte vertretenen These, Führung sei in zunehmend netzwerkartig organisierten Unternehmen nicht mehr nötig. Diese New-Work-Ansicht wird von den Führungskräften nicht geteilt. Das Gros der Befragten erwartet auch einen Anstieg der Anforderungen an Führungskräfte und zwar insbesondere in den Bereichen „Selbstmanagement“ (70 Prozent), „Mitarbeiterführung“ (68 Prozent) und „Teamführung“ (80 Prozent). Als Ursache hierfür wird immer wieder das Arbeiten im Homeoffice genannt, da das Führen von Mitarbeitenden auf Distanz von den Führungskräften erfordert, neue Führungsroutinen zu entwickeln. Zudem ist mit dem Führen hybrider Teams ein höherer Betreuungsaufwand und Koordinierungsaufwand verbunden. Beziehungsprofis und Sinnstifter gesucht Bei den Führungsrollen, die sich primär aus der hierarchischen Position der Führungskräfte ableiten, wie „Vorgesetzter“, „Manager“, „Macher“ und „Entscheider“ erwarten denn auch eher wenige Befragte einen Anstieg von deren Bedeutung (maximal 21 Prozent). Anders verhält es sich bei den Rollen, die sich aus ihrer Führungsfunktion ableiten, wie „Sinnstifter“ „Beziehungsmanager“ und „Coach“. Bei ihnen erwarten 62 bis 80 Prozent der Führungskräfte, dass ihre Bedeutung steigt. Kennzeichnend für diese Rollen ist: Ihre effektive Wahrnehmung hängt stark von der Beziehung zu den Mitarbeitern beziehungsweise Netzwerkpartnern und der Kommunikation mit ihnen ab. Die meisten Führungskräfte erwarten also, dass insbesondere die Rollenanforderungen steigen, die sich im Bereich Kommunikation und Kooperation aus dem veränderten Arbeitsumfeld für sie ergeben. Als größten Treiber dieser Entwicklung erachten sie die Digitalisierung (80 Prozent) und den gesellschaftlichen Wandel (78 Prozent). Über 70 Prozent der Führungskräfte nennen als zentralen Treiber aber auch die Veränderung der Mitarbeiter. Der Bedeutungsanstieg der Führungsrollen „Sinnstifter“, „Beziehungsmanager“ und „Coach“ hat seine Wurzel auch darin, dass 84 Prozent der Führungskräfte folgendes erwarten: Die Unternehmen werden, um ihre Agilität zu erhöhen, weitere Entscheidungsbefugnisse auf die Mitarbeiter- und Teamebene verlagern. Dadurch gewinnt auch das Thema laterale Führung beziehungsweise Führung ohne Weisungsbefugnis an Bedeutung. Circa 80 Prozent der Befragten erwarten, dass seine Bedeutung „steigt“ oder sogar „stark steigt“. Drei Viertel der Führungskräfte stufen ihren persönlichen Entwicklungsbedarf als „hoch“ oder sogar „sehr hoch“ ein. Dabei fällt auf: Am höchsten erachten ihren Entwicklungsbedarf die 41- bis 50-Jährigen – vermutlich auch, weil sie keine „Digital Natives“ sind. Zudem haben sie aufgrund ihrer längeren Berufstätigkeit und Führungserfahrung schon mehr Führungsroutine als ihre jüngeren Kollegen entwickelt, die sie aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen teilweise durch neue ersetzen müssen. Am geringsten erachten ihren Entwicklungsbedarf die Führungskräfte, die älter als 50 Jahre sind, von denen viele Top-Executives wie Vorstände und Geschäftsführer sind. Dies liegt vermutlich daran, dass sie sich nicht selten primär als die Top-Entscheider und -Manager in ihrer Organisation verstehen. Das heißt, sie haben ein teils anderes Rollen- und Selbstverständnis als die Führungskräfte auf der mittleren Führungsebene und Shopfloor-Ebene. Deshalb verspüren sie auch einen anderen Entwicklungsbedarf. Beziehung zu den Mitarbei- tenden neu definieren Mehr als die Hälfte der Führungskräfte sieht bei sich einen großen Entwicklungsbedarf im Bereich „Digitalkompetenz“ (53 Prozent). Zudem signalisieren 37 Prozent einen hohen Bedarf im Bereich „Selbstführung/-management“. Entwicklungsbedarfe bei Führungskräften Auffallend ist zudem, dass die Führungskräfte gleich in drei Bereichen große Entwicklungsbedarfe bei sich konstatieren, die eng mit ihren kommunikativen Fähigkeiten und ihrer Fähigkeit, zu ihren Mitarbeitern tragfähige Beziehungen aufzubauen, verbunden sind – nämlich • Beziehungsmanagement (44 Prozent) • Kommunikation und Motivation (41 Prozent) • Teamführung (27 Prozent). In diesem Themenfeld, bei dem es auch um die Frage geht „Wie verstehe ich mich als Führungskraft?“ und „Wie definiere ich meine Rolle im Team?“ und „Wie verhalte ich mich deshalb im Kontakt mit meinen Mitarbeitern oder mit meinem Team?“, scheinen aktuell die meisten Führungskräfte einen persönlichen Entwicklungsbedarf zu verspüren, sieht man von ihrer Digitalkompetenz ab. In der modernen, digitalen Arbeitswelt wandelt sich das Anforderungsprofil an Führungskräfte. Sie müssen sich zunehmend zu Beziehungsmanagern entwickeln, die sich unter anderem durch eine hohe „Persönlichkeitsintelligenz“, Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt. Die Vortragsrednerin sowie Managementberaterin ist auch Autorin des Buchs „Digital ist egal: Mensch bleibt Mensch – Führung entscheidet“. Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter IFIDZ Hamburger Allee 26-28 60486 Frankfurt am Main Tel. +49(0)69 719130965 www.ifidz.de AUTORIN
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