Wirtschaft und Weiterbildung 4/2022

menschen 16 wirtschaft + weiterbildung 04_2022 BUDDHISMUS. Neben dem Dalai Lama galt der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh als wichtiger Vertreter eines modernen Buddhismus. Nun ist Thich Nhat Hanh, der lange Jahre in den USA und in Frankreich lebte, im Alter von 95 Jahren in seiner Heimat verstorben. Auch in Deutschland war er aktiv und gründete im Jahr 2008 in Waldbröl das „Europäische Institut für angewandten Buddhismus“. Der wohl bemerkenswerteste Nachruf auf den Buddhisten Thich Nhat Hanh stammt von einem Mitglied des katholischen Franziskanerordens. Pater Richard Rohr, der in den USA das „Center for Action and Contemplation“ (www.cac.org) leitet, schrieb im „Time Magazine“ vom 14. Februar 2022, dass er Thich Nhat Hanh schon allein deshalb bewundere, weil dieser die Meinung vertreten habe, dass kein Individuum der nächste Buddha sein sollte, sondern eine Gemeinschaft. Der Franziskaner stimmte ihm zu: „Wir brauchen keinen individuellen Messias mehr. Wir brauchen konkrete Gemeinschaften von Menschen, die über einen längeren Zeitraum hinweg in einer liebevollen, gewaltfreien Beziehung leben.“ Der Hinweis darauf, dass es neben einer individuellen Erleuchtung beim Meditieren auch eine gemeinschaftsorientierte Erleuchtung geben könne, sei „das größte Geschenk“, das Thich Nhat Hanh der Menschheit gemacht habe. Achtsam sein – besonders gegenüber den eigenen negativen Gefühlen Das „Time Magazine“ nannte den Vietnamesen einen „Pioneer of mindfulness“. Und in der Tat, Thich Nhat Hanh modernisiere die Achtsamkeitsmeditation und gab ihr eine neue Richtung, die auch das Zusammenleben mit anderen verbessern soll. Neu war die Botschaft, dass die Achtsamkeit sich auch auf die eigenen Gefühle richten muss, denn negative Gefühle Trauer um den „Pionier der Achtsamkeit“ können nicht nur dem Einzelnen, sondern auch seinem Umfeld schaden. Thich Nhat Hanhs Auslegung der Lehre Buddhas forderte vom Einzelnen, die eigene Meditationspraxis immer in Bezug zum Dienst am Mitmenschen zu sehen. Beides sei nicht voneinander zu trennen, wenn man sich für den Frieden in der Welt engagieren will. Das Motto hieß: „Peace in oneself – Peace in the world“. Bevor man nicht mit sich selbst Frieden geschlossen hat und zum Beispiel den Hass auf sich selbst oder ein aggressives Verhalten sich selbst gegenüber nicht beendet hat, werde man seinen Mitmenschen beziehungsweise seiner Gemeinschaft keine Hilfe sein können. Der Friedensaktivist Thich Nhat Hanh hat Millionen von Menschen erstmals gezeigt, wie wichtig die Achtsamkeit für ein glückliches, zukunftsbejahendes Zusammenleben in einer Gruppe und letztlich auch auf der ganzen Welt ist. Grundsätzlich definierte Thich Nhat Hanh Achtsamkeit als eine Kunst, in jedem Moment geistig präsent zu sein und in der Gegenwart zu leben. Der Mensch sei so beschaffen, dass dazu ein stetiges, aktives Bemühen erforderlich sei. Emotionen unheilsamer oder gar negativer Art wie Ärger, Wut, Angst oder Verzweiflung sollten besonders achtsam beobachtet werden. Durch unerschütterliche Achtsamkeit könne es zum Teil schon gelingen, dass negative Emotionen abgeschwächt werden. Durch eine regelmäßige Anwendung von Achtsamkeitsmeditationen könnte schließlich sogar die „Essenz der Dinge“ erfasst werden. Foto: Alexei Sysoev / AdobeStock

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