Wirtschaft und Weiterbildung 6/2022

training und coaching 50 wirtschaft + weiterbildung 06_2022 etwas Wichtiges zu sagen hatten, weil das Andere/das Neue dort schon erfolgreich gelebt wurde. Dies war in Stanford besonders ausgeprägt. Beim Besuch des Department for Mechanical Engineering führte uns dessen Direktor Professor Larry Leifer durch das Institut. Das Gebäude ist in der Mitte geteilt, auf der einen Seite finden sich traditionelle Büro- und Konferenzräume, auf der anderen Seite leere Etagen mit stapelbarer Büroausstattung. Wer mit Design Thinking etwas vertraut war, wunderte sich nicht über die Tatsache der freien Bestuhlung. Es war eine Tatsache, dass eine unsichtbare Grenze das Gebäude emotional teilte, nach dem Motto: »Hier beginnt die entmilitarisierte Zone des Denkens«. Man muss sich so viel stärker von den psychischen und physischen Zwängen des bestehenden Geschäfts lösen, um alternative Zukünfte zu entwickeln. Die Suche nach dem Neuen scheitert oft am Alten, dessen Kultur uns in seinen Fängen hält. Der offene Geist in Stanford hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Teilnehmer sich bewusster wurden, dass Zukunftsfähigkeit verlangt, radikale Fragen in einem völlig freien Raum zu stellen und dabei die Suchdimensionen weit aufzuspannen. Wie weit sich diese Erfahrungen auf die strategische Qualität der späteren Arbeiten der Teilnehmer ausgewirkt hat, war nicht direkt messbar, aber die Tatsache, dass nach dem Foresight Journey – Lernen auf neuen Wegen am Ende unseres Programms in einigen der teilnehmenden Firmen konkrete strategische Initiativen ergriffen wurden, lässt vermuten, dass die Eindrücke aus Stanford im Marketingsinn »sticky« waren. Im Gegenteil dazu hatten wir den Eindruck gewonnen, dass zwischen den Teams der jeweiligen Unternehmen nur ein spärlicher Austausch auf fachlicher Ebene stattfand. Auch schienen die Teams vorsichtig zu sein, anderen Teams Anstöße für Neues zu unterbreiten. Wir führten dies trotz vorherrschender Diversität der teilnehmenden Unternehmen einerseits auf Gründe der Vertraulichkeit zurück; andererseits aber auch auf die gelebte Innovationskultur bei den überwiegend aus dem D-A-CH-Raum teilnehmenden Unternehmen im Vergleich zu der sehr offenen Innovationskultur im US-amerikanischen Kontext. Die äußerst positive Resonanz bei Firmenbesuchen in den USA bestätigt diese Einschätzung nachdrücklich. Wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse Interessanterweise wurde gerade bei diesen Angeboten reger Gebrauch vom Austausch auf Augenhöhe gemacht, was möglicherweise auf die räumliche Distanz zu den besuchten Unternehmen zurückzuführen sein könnte. Nicht zuletzt sei an dieser Stelle noch auf die Erfahrungen der Coachs eingegangen. Sie begleiteten das Programm über den gesamten Zeitraum. Der offene Austausch auf Augenhöhe gestaltete sich hier weitgehend eindimensional, das heißt, die Coachs erfreuten sich eines regen Interesses, wenn es darum ging, ihre Expertise zu teilen. Eher verhalten zeigten sich die teilnehmenden Führungskräfte, wenn es darum ging, sich mit den Coachs offen über ihre konkreten Themen im Projekt auszutauschen. Eine deutlichere Klärung der Rollen der Coachs sowie vertraglich geregelte Geheimhaltungserklärungen mögen hier hilfreich sein. In unserem ersten Jahrgang hatten wir lediglich die Chatham House Rule schriftlich vereinbart. Formales Lernen durch Kurse und Fachliteratur, die Vermittlung von Erfahrungswissen – im Unterschied zu akademischen Diskurswissen – oder auch jenes Wissens, das unmittelbar am konkreten Projekt angewandt werden konnte, kamen besonders gut an. Insofern hat sich die enge Verbindung zwischen Projekt und dem von uns konzipierten Seminar mit Praxisbezug sehr gut angeboten. Auch hat die Erfahrung gezeigt, dass Kamingespräche – anstelle von Arbeitssitzungen – sehr gut aufgenommen wurden. Michael Shamiyeh, Bolko von Oetinger R · A rdichvili, A.; Natt och Dag, K.; Manderscheid, S. (2016): Leadership development: Current and emerging models and practices. Advances in Developing Human Resources, 18(3), S. 275 – 285. · A rets, J.; Jennings, C.; Heijnen, V. (2016): 702010: Towards 100 % Performance: Sutler Media. · B agley, C. M. (2018): An evaluation of the 70: 20: 10 framework for workplace learning. · F ord, J. K.; Baldwin, T. T.; Prasad, J. (2018): Transfer of training: The known and the unknown. Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior, 5, S. 201 – 225. · L assoued, Z.; Alhendawi, M.; Bashitialshaaer, R. (2020): An exploratory study of the obstacles for achieving quality in distance learning during the COVID-19 pandemic. Education Sciences, 10(9), S. 232. · M arsick, V. J.; Watkins, K. E.; Callahan, M. W.; Volpe, M. 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