Wirtschaft und Weiterbildung 6/2022

R wirtschaft + weiterbildung 06_2022 47 rausforderung und Unterstützung für die einzigartigen Herausforderungen und Möglichkeiten am Arbeitsplatz einer jeden Führungskraft. Gerade die jüngsten Erfahrungen mit Distance Learning im Zuge der Covid19-Pandemie haben die Grenzen von einem traditionellen Verständnis von Blended Learning gezeigt: Eine notgedrungene Konzentration auf formelles Lernen, zudem verlagert in den virtuellen Raum, hat wie noch nie zuvor den Mangel an Möglichkeiten für kontextbasiertes informelles Lernen sowie soziale Interaktion offenbart. Dabei sind gerade beide Faktoren zentral für L&D im Besonderen und Erwachsenenbildung im Allgemeinen, wie die Forschung nachgewiesen hat (Lassoued, Alhendawi, Bashitialshaaer, 2020). Auch wenn die Forschung zu diesem erweiterten Verständnis von Blended Learning im Sinne des 70-20-10-Ansatzes noch relativ jung ist, so konnten bis dato viele inhaltliche Bezüge zu Studien darüber, wie Erwachsene lernen, bis weit in die 1970er Jahre nachgewiesen werden. Ebenso konnte gezeigt werden, dass dieser Ansatz sich auf anerkannte Lerntheorien und -praktiken stützt, insbesondere was das Lernen am Arbeitsplatz im 21. Jahrhundert betrifft (Bagley, 2018). Zukunftskompetenz bedeutet mehr strategische Voraussicht Es sind Fähigkeiten wie Agilität, Flexibilität und Resilienz, so die gängige Argumentation, die es Unternehmen erlauben, unsichere Zeiten erfolgreich zu bewältigen. Diese Annahme unterliegt aber zwei entscheidenden Trugschlüssen: 1. Es wird davon ausgegangen, dass strategische Anpassungen an sich ändernde Marktbedürfnisse, Umbrüche des Wettbewerbsverhaltens oder an neue Produktinnovationen schnell und mit geringen Kosten realisierbar sind. Für kleine, von großen Kapitalzuflüssen befreite und schnell agierende Start-ups mag das vielleicht bedingt zutreffen. Große Unternehmen haben häufig Millionen-, wenn nicht sogar Milliardenbeträge in Vermögenswerte einschließlich Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, Zulieferkanäle, Produktionsanlagen und Vertriebswege investiert, ganz zu schweigen von den vertraglichen und sozialen Verpflichtungen gegenüber ihren Interessengruppierungen. Für diese Unternehmen ist eine Richtungsänderung in der Regel eine kostspielige und zeitraubende Angelegenheit, die nur mit entsprechender Voraussicht erfolgreich zu koordinieren ist. 2. Die jüngsten Krisen (Immobilienkrise, SARS, Finanzkrise) und insbesondere die Covid-19-Pandemie einhergehend mit einem fundamentalen Umbruch in der globalen Gesellschaft haben uns gezeigt, wie notwendig Zukunftskompetenz (Futures Literarcy), also die Kompetenz der strategischen Voraussicht gepaart mit der Fähigkeit des proaktiven und kollaborativen Imaginierens von Zukunft, heute ist (Miller, 2018). Annahmen über Kontinuität haben innerhalb kurzer Zeit an Relevanz verloren und Unternehmungen gleich welcher Art waren gezwungen, die Unbestimmtheit des Wandels zu akzeptieren und die emergente Neuartigkeit in ihr Denken und Handeln zu integrieren. Ein souveräner Umgang mit dem unbekannten Morgen war mittels einer prognostischen Fortschreibung von einem bekannten Gestern nicht möglich. Agilität, Flexibilität und Resilienz spielen daher zweifelsohne eine bedeutende Rolle, ohne Zukunftskompetenz machen sie aber orientierungslos, so wie Zukunftskompetenz ohne Agilität handlungsunfähig macht. Es ist Zukunftskompetenz, die Manager zu Führungskräften macht, und Organisationen Orientierung auf dem Weg in neue Handlungsräume gibt. L&D meint dann nicht mehr nur die Entwicklung von Führungskräften unter dem Aspekt, die Fähigkeit, die Handlungen von Individuen und Gruppen mit Blick auf die Realisierung von Zielen auszurichten, sondern umfasst ebenso die Kompetenz, Individuen und Gruppen befähigen zu können, sich Vorstellungen von Zukunft auf unterschiedliche Weise nutzbar zu machen und Illusionen über Gewissheiten und die damit verbundenen Fragilitäten zu überwinden. Das Lernmodell „Foresight Journey“ In diesem L&D-Format liegt der Schwerpunkt auf informellem Lernen durch Erfahrungen an einem konkreten Projekt im eigenen Geschäftsfeld sowie dem persönlichen Austausch auf Augenhöhe, wähLessons Learned. Für eilige Leser haben die beiden Autoren ihre wichtigsten Erkenntnisse zu folgenden „Lessons Learned“ zusammengefasst: · Führungskräfte lernen und verändern sich am effektivsten durch eigene Erfahrung bei der Bewältigung realer Herausforderungen. · Tiefes Lernen und echte Veränderungen treten dann ein, wenn Menschen sich aktiv und emotional motiviert in ein konkretes Projekt einbringen können. · Diese Form von Engagement und Kognition erweitert das Wissen und führt dazu, Denkmuster zu hinterfragen und Verhaltensweisen zu verändern. · Informelles Lernen stellt die lernende Person und die Erfahrungen mit konkreten Situationen am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt. · Modelle des Leadership Development sollten stärker im Hinblick auf informelle und beiläufige Möglichkeiten des Lernens umgeformt werden. Mehr informelles Lernen

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