Wirtschaft und Weiterbildung 6/2022

training und coaching 40 wirtschaft + weiterbildung 06_2022 ausforderungen, die der Product Owner „agil“ bewältigen muss. Ein Beispiel lautet: Der Product Owner ist auf dem Weg in die Kantine. Plötzlich läuft ihm ein Kollege über den Weg und sagt: „Ich habe da mal eine Frage ...“ Der Product Owner muss dann agiles Arbeiten und seine Rolle (er trifft auch Entscheidungen gegen die Interessen anderer) erklären und überzeugend verteidigen. Wenn ein Mitspieler eine Karte zieht, auf der steht: Ein Manager aus der Linie sagt: „In einem agilen Team will ich auch mal arbeiten. Ihr spielt den ganzen Tag doch nur mit Lego“, dann muss der Product Owner auch mit dieser Provokation wertschätzend umgehen können. Nach jeder Gesprächsrunde legt die Dreiergruppe eine kurze Feedbackrunde ein. Der Beobachter schildert, was er wahrgenommen hat. Dann sagen Product Owner und Stakeholder nacheinander, wie es ihnen in ihrer Rolle ergangen ist. Was fiel leicht? Was war schwierig? Das Spiel endet, wenn alle mindestens zweimal in jede der drei Rollen geschlüpft sind. Die Idee des Spiels ist es, die Aufgabenvielfalt eines Product Owners wie ein kommunikatives Abenteuer aufzufassen und in ein Rollenspiel zu übersetzen. Die Entwickler des Spiels hatten Menschen vor Augen, die sich häufig heldenhaft verhalten müssen, um in noch nicht allzu agilen Unternehmen erfolgreich zu sein. Die (angehenden) Product Owner sollten in diesem Spiel erleben, wie anspruchsvoll es ist, den Nutzen der Agilität auch unter Stress verdeutlichen zu können. Martin Pichler R Gelernt wird erst beim Debriefing Debriefing heißt, bewusst zu reflektieren, um zu lernen. Die Debriefing-Phase unterteilt sich laut Christian Böhmer in fünf Abschnitte: 1. Sensing Die Teilnehmenden bilden einen Stuhlkreis. Das Debriefing schließt sich ohne inhaltliche Unterbrechung an das Spiel an. Der Trainer oder die Trainerin muss die Stimmung der Gruppe gut wahrnehmen, damit später die zur Stimmung der Gruppe passenden Interventionen gemacht werden. 2. Clearing Die Teilnehmenden sind mit Emotionen aufgeladen und sollten diese aussprechen und mit den anderen teilen, um sie abzuschwächen. Nur dann können die Teilnehmenden das Spiel verstehen und die Lernerfahrungen abspeichern. 3. Sharing Ziel des Sharings ist es, die gemachten (sachlichen!) Beobachtungen aller Teilnehmenden zu sammeln, um ein gemeinsames Gesamtbild zu erlangen. Wie leitet man das Sharing ein? Dafür eignet sich eine Frage wie: „Begebt euch doch einmal in eine Metaperspektive und versucht zu beschreiben, was während beziehungsweise im Spiel passiert ist.“ Praxis. Der Mehrwert eines agilen Spiels entsteht beim Debriefing, sagt der Berater und Buchautor Christian Böhmer. Für die Nachbesprechung sollte deshalb etwa 50 Prozent der Zeit des gesamten Spiels eingeplant werden. 4. Reflecting Ziel der Reflexion ist es, möglichst viele Einsichten aus dem Spiel zu analysieren, um daraus grundsätzliche Erkenntnisse abzuleiten. Der Trainer oder die Trainerin stellt hilfreiche Fragen und teilt eigene Beobachtungen mit. Mögliche Fragen sind: Wie habt ihr euch zu Beginn beziehungsweise gegen Ende des Spiels verhalten? Wie wurden Entscheidungen getroffen? Wie hat sich anschließend der Arbeitsprozess verändert? Wie habt ihr Probleme erkannt, besprochen und gelöst? Wie sind neue Ideen entstanden? 5. Transfer Der letzte Phase des Debriefings heißt „Transfer der Erkenntnisse“. Oft entstehen nach einem Spiel Kleingruppen, in denen die Teilnehmenden gemeinsam eine konkrete Transferaufgabe bearbeiten. Das könnte zum Beispiel die Entwicklung eines Zukunftsszenarios sein: Die Teilnehmenden denken sich eine wahrscheinliche Situation in der Zukunft aus, in der sie das Gelernte benötigen. Gemeinsam überprüfen sie, wie sich diese Situation im Gedankenspiel durch die Anwendung neuer Verhaltensmuster ändert.

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