personal- und organisationsentwicklung 34 wirtschaft + weiterbildung 06_2022 das Arbeitsklima und die Motivation der Mitarbeitenden. „Meine Erfahrung ist, je höher jemand in der Hierarchie steht, desto schlechter kann er Perspective Taking, auch wenn er oft das Gegenteil glaubt“, so der Berater. Vermuten, was die anderen denken könnten Um Perspective Taking besser anzuwenden, soll die Verhaltensökonomie helfen. Die relativ neue Disziplin der Wirtschaftswissenschaften nutzt empirische Methoden, um die Motive menschlichen Verhaltens zu ergründen und die daraus folgenden Entscheidungen besser verstehen zu können. Sie arbeitet vor allem auch mit Experimenten, in denen Menschen Entscheidungen treffen, die dann reale Folgen haben. Bekannt sind Experimente, bei denen die Versuchspersonen je nach ihrem Verhalten unterschiedliche Belohnungen bekommen. Indem man die Belohnungen systematisch variiert, lässt sich erkennen, wovon menschliches Verhalten im Alltag wirklich abhängt. Welche aktuellen Projekte es in der Forschung zu Perspective Taking gibt und wie man den Ansatz in der Praxis umsetzt, erfuhren die Teilnehmenden bei der Academy of Behavioral Economics 2022, einer gemeinsamen Veranstaltung des Gottlieb Duttweiler Instituts und des Beratungsunternehmens Fehr Advice & Partners. Anhand eines Live-Experiments erklärte Matthias Sutter, Direktor am Max-PlanckInstitut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, den strategischen IQ. „Es „In einer Unsicherheitsgesellschaft ist Perspective Taking zentral, weil sich aus der Vergangenheit keine Prognose mehr auf das künftige Verhalten erschließen lässt“, erklärt Gerhard Fehr, CEO des Beratungsunternehmens Fehr Advice & Partners in Zürich. „Damit wird Erfahrung weniger wert.“ Perspective Taking bedeute, vor allen Entscheidungen fit zu sein, das Verhalten anderer systematisch einschätzen zu können. „Wenn man das tut, verringert man die Fehlerquote seiner Entscheidungen massiv“, so der angewandte Verhaltensökonom. Doch vor allem Manager schnitten dabei schlecht ab. „Sie projizieren oftmals ihre eigenen Einstellungen auf andere und sagen ihnen dann, wie sie glauben, dass sie sind“, so Fehr. Das habe vielfältige negative Auswirkungen unter anderem auf Immer wichtiger: sich in andere hineinversetzen können VERHALTENSÖKONOMIE. Wer das künftige Verhalten anderer Personen halbwegs zutreffend einschätzen kann, erhöht seine Erfolgsquote. Doch die Fähigkeit des sogenannten „Perspective Taking“ ist gerade auf der Führungsebene oft schlecht ausgebildet. Man projiziert gerne die eigenen Einstellungen auf andere und glaubt, dass die anderen sind wie man selbst. Hier können Ansätze der Verhaltensökonomie helfen. Podiumsdiskussion. Das Denken in Beziehungen gefordert (von rechts): Robert Wagner, Karl Heinz Strauss, Matthias Sutter und Raffaella Sadun. Rüschlikon. Die Academy of Behavioral Economics traf sich südlich von Zürich am linken Ufer des Zürichsees.
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