Wirtschaft und Weiterbildung 6/2022

menschen 16 wirtschaft + weiterbildung 06_2022 Das Buch vertritt die These, dass wir aus der Metamorphose des Schmetterlings viel lernen können und es nützlich ist, das Erlernte auf Unternehmen, Gesellschaft und Organisationen zu übertragen. Auch hier beginnt eine Transformation mit dem Auftauchen imaginierender Individuen, die als Spinner oder Außenseiter wahrgenommen werden, weil sie das Bestehende angreifen. Sie sind in der Regel mit einem gemeinsamen Anliegen verbunden, auch wenn dieses zu Beginn noch vage ist. Das Immunsystem der alten Gesellschaft versucht, diese Visionäre loszuwerden. Mit der Zeit bilden sich Cluster von Gleichgesinnten, die sich untereinander austauschen und Gemeinschaften bilden. Bald können die neuen Visionen aufblühen und machen sich schließlich in der gesamten Organisation bemerkbar. Razavi betont: „Der Schlüssel für eine erfolgreiche Mobilisierung im Unternehmen liegt darin, eine Bewegung an der Basis zu schaffen, die vom mittleren Management und prominenten Unterstützern mitgetragen wird. Die Basis muss lernen, dass es sich lohnt, über den täglichen Egoismus hinauszugehen, um Teil einer größeren Dynamik zu werden.“ Das Neue erreicht schließlich die Herzen und wird ansteckend und inspirierend. Die Transformation ist somit ein Akt der Bewusstseinsentwicklung. Man braucht eine Veränderung in der Mentalität und Identität, um eine Welt schaffen zu können, die sich deutlich von der bestehenden Welt unterscheidet. Eine entstehende mentale Energie treibt den Transformationsvorgang an, lockert den psychischen Boden des Unternehmens auf und reichert ihn mit Nährstoffen an. Es entsteht ein kulturelles Umfeld, in dem die neue Vision aufblühen kann. Eine Transformation ist noch lange kein durchgeplantes Projekt, sondern eine von zunehmender Gewissheit geleitete Reise, deren Ziel zunächst vage bleibt. Grundlegende Abgrenzung zum „Change“ Mit diesem Verständnis von Transformation zum wird zugleich der Unterschied zum Begriff „Change“ deutlich, der einen Wandel, eine Veränderung innerhalb eines bestehenden Paradigmas beschreibt. Ein Change liegt also dann vor, wenn kein Paradigmenwechsel stattfindet. Die grundsätzlichen Weltsichten, Logiken und inneren Bilder eines Systems bleiben unverändert. Change bedeutet, dass die bisherigen VorGrenzerfahrungen suchen, um Neues zu lernen „Wie der Historiker Rutger Bregman habe ich den Glauben an die Menschheit nicht verloren. Er hat in seinem Buch „Im Grunde gut“ (Rowohlt 2020) für ein positives Menschenbild appelliert. Ich stimme ihm zu, auch wenn mir bewusst ist, dass es Menschen gibt, die diesem Menschenbild nicht entsprechen. Damit kann ich leben. Mein Menschenbild ist Menschenbild. Reza Razavi, Wedemark, Experte für Unternehmenskultur, Change und Transformation, Leadership und Kooperation hat auf seiner Homepage (www.reza-razavi.de) sich zu seinem Menschenbild Gedanken gemacht. Reza Razavi (stehend). Der Berater erklärt auf einer Tagung des „Club 55“ die Elemente einer Transformation. positiv, optimistisch und unvoreingenommen. Ich glaube, dass Menschen rational und emotional handeln und dass ihre Bedürfnisse, ihre Impulse und ihre Handlungen logische Konsequenzen ihrer Geschichte und ihrer Erfahrungen sind. Ich glaube, dass Menschen gesehen, wahrgenommen und gebraucht werden wollen. Ich bin überzeugt davon, dass Menschen Grenzerfahrungen suchen, um sich zu entwickeln. Fehler, Defizite, Krisen, Scheitern, Erfolg und Misserfolg sind Teil solcher wichtigen Grenzerfahrungen. Ich glaube, dass es besser ist, unserem Umfeld wertschätzend, freundlich, großzügig und verantwortungsbewusst zu begegnen als mit einer negativen Haltung. Je nach Kontext und Umfeld kann sich der Mensch anders verhalten. Wenn Menschen in einem sehr kompetitiven, leistungsorientierten Kontext sind, dann werden andere Motive wie Macht oder Leistungsmotivation aktiviert werden und dann ein anderes Verhalten zeigen. Je nach Kontext kann das eine Motiv mehr aktiviert werden als das andere. Das heißt, in einem nicht kompetitiven Verhältnis ohne Wettbewerbsdruck kann sich Mitgefühl und Altruismus leichter entfalten. Daran müssen wir arbeiten.“ Reza Razavi R

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