Wirtschaft und Weiterbildung 6/2022

aktuell 12 wirtschaft + weiterbildung 06_2022 Teams arbeiten effizienter als Einzelpersonen, so lautet ein weitverbreitetes Credo. Doch das ist nicht immer der Fall. Oft schöpfen Teams ihr Potenzial nicht aus. Diese Gefahr ist bei virtuellen Teams besonders groß. Cyril Northcote Parkinson, ein englischer Soziologe, untersuchte im Jahr 1957 die Entwicklung des Britischen Marineministeriums, das ursprünglich das gesamte britische Empire verwaltete. Nach dessen Zerfall reduzierte sich die Mitarbeiterzahl des Ministeriums nicht. Im Gegenteil: Sie erhöhte sich zur Überraschung vieler Zeitgenossen. Daraus schloss Parkinson: Die Mitarbeiterzahl von Unternehmen korreliert nur bedingt mit dem Arbeitsvolumen. Organisationen neigen dazu, sich selbst zu beschäftigen. Parkinson ermittelte hierfür unter anderem folgende Ursachen: 1. Wie viel Zeit jemand für eine Aufgabe braucht, hängt auch von der zur Verfügung stehenden Zeit ab. Sie wird schlicht verbraucht. 2. Menschen investieren ihre Zeit primär in Tätigkeiten, die wahrgenommen sowie belohnt oder sanktioniert werden – und nicht in diejenigen, die nötig wären. 3. Macht, Prestige und Anerkennung sind in vielen Unternehmen an die Mitarbeiterzahl gekoppelt. Deshalb streben Führungskräfte eine höhere Anzahl an Mitarbeitern an. 4. Der Führungsnachwuchs schafft neue künstliche Bedarfe an Mitarbeitern und Führungspositionen, um sich bessere Karrierechancen zu eröffnen. Treffen diese Befunde zu, dann sollte man gegen diese „natürlichen“ Effekte ankämpfen. Hierfür gibt es folgende Handlungsempfehlungen: • Stellen Sie (auch bei einer virtuellen Zusammenarbeit) sicher, dass Ihre Mitarbeiter spüren: Mein Engagement wird registriert und meine Leistung lohnt sich – für mich. • Schaffen Sie eine Erfolgsgemeinschaft. Jedes Mitglied der Gruppe sollte das Gefühl haben „im selben Boot“ zu sitzen. Sprich: Wenn unsere Leistung top ist, profitiere auch ich davon. Ebenso verhält es sich im umgekehrten Fall. • Rütteln Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig auf. Sonst verfallen sie in lähmende Routinen. Starten Sie immer wieder neue Projekte und Initiativen, die Ihre Mitarbeiter motivieren, sich besonders anzustrengen. • Koppeln Sie die Vergütung, die Karrieren und das Prestige in Ihrer Organisation nicht an der Zahl der Mitarbeiter. Fördern Sie Projekt- und Expertenlaufbahnen. • Fragen Sie sich als Führungskraft: Sende ich – auch online – an die Mitarbeiter die richtigen Signale, was (mir) wichtig ist? Wer zum Beispiel top-gestaltete PowerpPointPräsentationen honoriert, „züchtet“ Mitarbeiter, die vor Meetings tagelang Folien „basteln“. • Führen Sie regelmäßig Prozessanalysen durch. Jede Organisation neigt dazu, „Speck“ anzusetzen. Deshalb sind alle zwei, drei Jahre „Diätkuren“ nötig. • Reduzieren Sie für bestimmte Aufgaben „scheinbar willkürlich“ die Ressourcen. Nötigen Sie Ihre Mitarbeiter und Teams, sich so zu organisieren, dass sie mit weniger Ressourcen auskommen. Oft werden so effizienzsteigernde Ideen geboren. Und wenn Ihre Kürzungen sich als übertrieben erweisen? Dann können Sie ja wieder Ressourcen freigeben. Gastkommentar Ruhekissen „virtuelles Team“ Dr. Georg Kraus Prof. Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-Provence, der St. Galler Business School und der technischen Universität Clausthal. Jede Organisation neigt dazu, Speck anzusetzen. Diätkuren sind wichtig. „ „

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