Wirtschaft und Weiterbildung 1/2021

personal- und organisationsentwicklung 26 wirtschaft + weiterbildung 01_2021 Anpassungsfähigkeit, kreatives Denken und Handeln, Selbstlernkompetenz und digitale Kompetenzen. Das Experiment: Selbstorganisation des Teams Neue Trends in der Personalentwick- lungsszene sind für uns Anlass, die da- hinterstehenden Konzepte genau zu be- trachten und zuerst am eigenen Leib zu erfahren. Zu Beginn des Jahres 2019 führ- ten organisatorische Veränderungen im GPOD-Team zu den Fragen: Wie wollen wir uns neu organisieren? Welche Form von Führung brauchen wir, um gut arbei- ten zu können? Damit begaben wir uns als Team auf eine Lernreise, die uns nach- haltig geprägt hat. Wir beschäftigen uns bereits seit einigen Jahren intensiv mit neuen Organisations- formen und einem veränderten Führungs- verständnis. Wir sind ein eingespieltes Team, haben eine von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit erreicht und sind neu- gierig und offen für neue Ansätze. Mit den Aspekten hohe Eigenverantwortung, offene und transparente Kommunikation und auf Augenhöhe basierende Zusam- menarbeit schien daher Selbstorganisa- tion auch für uns eine adäquate Lösung zu sein. Unser Ziel war es, eine Organisationsform zu finden, die zum Unternehmen und zu uns als Team passt. Wir definierten neue Ziele, hinterfragten unser Selbstverständ- nis und entwickelten einen strategischen Fahrplan für unseren mittel- und langfris- tigen Beitrag für die Organisation. Füh- rung verteilten wir in demokratischer Ab- stimmung auf alle Schultern; sensiblere Themen wie Gehaltsgestaltung ließen wir erst einmal unbeachtet. Mit Tatendrang stürzten wir uns in unsere Projekte und agierten in der neuen Organisationsform. Nach wenigen Wochen zeigte sich: Jeder übernahm mehr oder weniger Team- aufgaben; erste Irritationen und Frage­ zeichen wurden lauter und die emotio- nale Belastung wurde von Tag zu Tag spürbarer. Die vermeintliche Klarheit über Rollen, Aufgaben und Verantwor- tung zeigte sich im Alltag ganz anders. So können wir rückblickend sagen, dass wir als selbstorganisiertes Team in die typischen Stolperfallen der Selbstorgani- sation getappt sind, wie von Breidenbach und Rollow in ihrem Buch „New Work needs inner work“ (2019) beschrieben: Nicht jeder Mitarbeiter möchte mehr Freiheit und weniger Struktur, nicht jede Entscheidung kann demokratisch gefällt werden und Selbstorganisation ist kein Selbstläufer. Im Gegenteil: Selbstorgani- sation fordert mehr Führungskompetenz von jeder einzelnen Person. Hilfe von außen war bei diesem Experi- ment für uns unerlässlich, um uns vor Zerrüttung und Misstrauen zu schützen. Mit Unterstützung einer Führungskraft und eines externen Coachs haben wir den Prozess der Selbstorganisation reflek- tiert und die für uns passenden Elemente der Selbstorganisation beibehalten. Dazu zählen unter anderem • Transparenz und Kommunikation, • Übernahme von Verantwortung, Co- Creation, • Rollen statt Titel, • eine veränderte Meeting-Struktur und • eine auf Vertrauen und Feedback basie- rende Kultur der Zusammenarbeit. Die Vergrößerung des Teams und der Wunsch nach mehr Klarheit über Rollen und Aufgaben führte uns Anfang 2020 in das Co-Leadership-Modell. Zwei Kollegen im Team, die auch bisher viele der Füh- rungsaufgaben übernommen hatten, sind nun für die strategische Ausrichtung und Entwicklung des Teams verantwortlich. Mit der geteilten Führung bauen wir auf den Erfahrungen der Selbstorganisation auf und ergänzen diese um den Fokus der individuellen Bedürfnisse. Es geht darum, den einzelnen Menschen im Team mit seinen Stärken im Unternehmen zu för- dern und eine Teamzusammensetzung zu finden, in der wir alle voneinander profi- tieren können. Das neue Selbstverständnis als GPOD Durch unsere oben geschilderte eigene Lernreise verändern wir uns als GPOD permanent. Unser neuer Beratungsan- satz ist denkbar einfach: Wir suchen eine passende Lösung für ein Problem im Ar- beitsalltag, ob im Fertigungsbereich, in der IT oder in der Produktentwicklung. Eine Herausforderung für uns bleibt dabei weiterhin die „Make or Buy“-Frage. Viele Themen könnten wir im Team inhaltlich vorbereiten und selbst im Fachbereich umsetzen, was auch häufig die Erwar- tung im Unternehmen ist. Doch wir ver- stehen uns als Initiator und Impulsgeber für neue Ansätze, Formate und Inhalte. Wir verfolgen Trends, antizipieren The- men, testen Denkansätze und holen uns auch externe Impulsgeber dazu. Wir setzen Standards und leisten Anschub- hilfe. Die Umsetzung und Skalierung der Formate geben wir dann bewusst an die lokalen Standorte oder an externe Anbie- ter ab. Ein weiterer Schwerpunkt unseres R Dorit Schalansky leitet gemeinsam mit Caroline Göbel in einem Co-Lea- de r ship - Mode ll das Team Global People & Organizati- onal Development von Ottobock. Tel. +49(0)5527 8483624 dorit.schalansky@ottobock.com AUTORIN Martina Pumpat ist Inhouse Con- sultant People & Culture bei Otto- bock sowie syste- mischer Coach für Transformations- projekte. Tel. +49(0)151 58264259 martina.pumpat@ottobock.com AUTORIN Caroline Göbel leitet gemein- sam mit Dorit Schalansky das Team Global Peo- ple & Organizational Development (GPOD) von Ottobock. Tel. +49(0)5527 8481359 caroline.goebel@ottobock.com AUTORIN

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