Wirtschaft und Weiterbildung 1/2021

titelthema 20 wirtschaft + weiterbildung 01_2021 04. „Covid-19: What You Need to Know“, Osmosis – a platform for medical students 05. „Mind Control: Managing Your Mental Health During Covid- 19“, University of Toronto R Für die Coursera Inc. im kalifornischen Mountain View ist die Coronapandemie ein unverhoffter Glücksfall. Colleges, Hochschulen und sonstige Weiterbil- dungseinrichtungen wurden geschlossen und mussten auf Online-Unterricht um- stellen. Dazu nutzen sie immer häufiger die technischen Angebote der Plattform Coursera. Seit Mitte März – und damit dem Beginn der Pandemie – bis Mitte Dezember 2020 stieg die Zahl der Nutzer weltweit um 27 Millionen auf insgesamt 76 Millionen Nutzer. Gegenüber dem ent- sprechenden Vorjahreszeitraum war das eine Steigerung der Neuzugänge um 292 Prozent. Kein Wunder, dass die nicht börsenno- tierte Coursera von internationalen An- legern Mitte des Jahres frisches Kapital in Höhe von 130 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt bekam und jetzt über liquide Mittel in Höhe von 300 Millionen Euro verfügt. Der Kapitalmarkt schätzt den Gesamtmarktwert von Coursera der- zeit auf beachtliche 2,5 Milliarden Dollar – nach „nur“ einer Milliarde Euro im Jahr 2019. Coursera genießt damit den Status eines „Einhorns“. So bezeichnet man auf den Kapitalmärkten ein Start-up, das mit seiner Marktbewertung (in der Regel oft vor einem Börsengang) die Hausnummer von einer Milliarde US-Dollar überschrei- tet. Zum Umsatz der Jahre 2019 und 2020 will sich Coursera nicht äußern. Das ame- rikanische Internetportal „www.classcen- tral.com“ , das sich auf Online-Bildung spezialisiert hart, schätzt, dass im Jahr 2020 mindestens 200 Millionen Dollar umgesetzt wurden. Werden Studium und Weiterbildung künftig vor allem online stattfinden? Was bedeutet das für die Hochschulen? Und welche Vorteile bietet eine Plattform 22 Millionen davon in Asien, weil in die- sen aufstrebenden Ländern individuelles Lernen besonders „in“ ist. 16 Millionen Coursera-Nutzer gibt es in Nordamerika, je 13 Millionen in Europa und Lateiname- rika. In den letzten zwölf Monaten sind die Zahlen rasant gewachsen: in Asien um 72 Prozent, in Europa um 49 Prozent. In Indien hat die Zahl der User zum Bei- spiel sich verdoppelt. Coursera arbeitet mit mehr als 200 Uni- versitäten, darunter auch etlichen Top­ universitäten wie dem MIT, der Stanford University oder dem britischen Imperial College, zusammen. Begonnen hat alles im Jahr 2012, als die Stanford-Informa- tikprofessoren Andrew Ng und Daphne Koller einige IT-Kurse online stellten und damit überraschend mehr als 100.000 Teilnehmer fanden. Das führte zur Entwicklung einer Plattform für soge- nannte „Massive Open Online Courses“ (MOOCs), also kostenlosen, offenen Onlinekursen für sehr viele Teilnehmer. Daraus entstand später das Unterneh- men Coursera, das seit 2017 von CEO Jeff Maggioncalda geleitet wird. MOOCs ge- hören zwar noch immer zum Angebot, aber das Spektrum hat sich inzwischen deutlich erweitert. „Coursera versteht sich als Ökosystem fürs Lernen, das den Lernenden lebenslang begleitet“, erklärt Maggioncalda. „Wir haben die Inhalte und Zielgruppen deutlich ausgeweitet.“ Viele Kurse sind umsonst Angeboten werden derzeit mehr als 4.500 Onlinekurse. Die meisten (über 1.000) gibt es zum Thema „Business“, über 800 in Sachen „Technologie“, über 400 zum Thema „Data Science“. Diese drei The- menkreise seien auch die Bereiche, die wie Coursera zusätzlich den „normalen“ Wirtschaftsunternehmen? Auf der inter- nationalen Konferenz für Bildung, Tech- nologie und Innovation „Enlighted 2020“, die von der spanischen IE University zu- sammen mit mehreren Partnern organi- siert wurde, gab der CEO von Coursera, Jeff Maggioncalda, interessante Einblicke in das Geschäft der großen Lernplatt- formen, zu denen auch Konkurrenten wie Edex oder Udacity gehören. Ein Hoch auf die Plattform- ökonomie Die Plattform Coursera bietet Kursanbie- tern eine technologische Infrastruktur und verdient gut daran – obwohl das Lehrmaterial ausschließlich von den Bildungsanbietern kommt. Denn als Plattform-Unternehmen wie „Uber“ oder „Airbnb“ vermittelt auch Coursera nur die Angebote anderer. Die Lernplattform selbst besitzt keine Inhalte, hat keine Leh- renden und keine Studenten. Bedenken gibt es insbesondere beim Datenschutz. So bekamen die Technische Universität München und die Ludwig-Maximilians- Universität München im Jahr 2017 für ihre Kooperation mit Coursera den „Big- Brother-Award 2017“ in der Kategorie Bil- dung verliehen. Die Daten der Studieren- den würden in den USA gespeichert und verarbeitet und dürften damit auch dem Zugriff durch US-Behörden ausgesetzt sein, hieß es in der Begründung. Zudem gab es den Vorwurf, Coursera würde die Daten der Lernenden verkaufen. Das US- Unternehmen beteuert dagegen, im Ein- klang mit den Datenschutzregeln in der EU zu handeln. Inzwischen sind mehr als 76 Millionen Lernende bei Coursera registriert: rund 06. „The Science of Well-Being“, Yale University

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