Wirtschaft und Weiterbildung 2/2021

wirtschaft + weiterbildung 02_2021 33 R kündigen. Das ist die kooperative Basis der Zusammenarbeit für alle, ein Com- mitment zwischen Geschäftsführung und Belegschaft. Bereits in der Planung zeigten sich viele Spannungsfelder. Wie werden Entschei- dungen gefällt, wenn eine Führungskraft nicht mehr das „Machtwort“ spricht? Was passiert mit Konflikten, wenn man sie nicht mehr in der bisherigen Hierar- chie hocheskalieren kann? Und wer trägt dabei die Verantwortung? Wie können Teams begleitet werden, ohne in die Au- tonomie der Teams einzugreifen? Teams sind häufig überfordert mit Konflikten und sehen sich nicht in der Lage, sie zu klären. In der Folge sinkt möglicherweise die Produktivität; Selbstorganisation und Agilität werden als unwirksam erlebt und abgelehnt, weil Verantwortung und Ver- antwortungsübernahme nicht transpa- rent geklärt sind und es einfacher ist, die Verantwortung ins Außen an andere ab- zuschieben (Responsibility Process nach Christopher Avery). Wie können Teams darauf vorbereitet, begleitet, geschult werden? Welche Konfliktkultur möchte die DB Systel etablieren, um mehr Inno- vation zu ermöglichen und eine nachhal- tige Kulturveränderung zu bewirken? Wie werden strukturelle Konflikte begleitet, die sich in der Konfliktbearbeitung zei- gen, um dadurch eine Kulturveränderung zu bewirken? Das waren wichtige Fragen für das Sys- temdesign der neuen Organisation, aber vor allem auch eine alltagspraktische und erfolgskritische Bewährungsprobe bei den ersten Schritten in der Transformation. Eine „Blaupause“ war auch nach langer Recherche nicht zu finden. Anfangs ohne formalen Auftrag zur Entwicklung des Konfliktmanagements und ohne Budget bottom up, brauchte es Leidenschaft, Sys- temkenntnis, Hartnäckigkeit, Langmut, Kreativität sowie heitere Gelassenheit, auch in Widerständen Kooperationsange- bote zu erkennen. So entstand die Idee eines niedrigschwelligen Angebots der innerbetrieblichen Konfliktbearbeitung. Mediatives Konfliktmanage- ment für Teambegleiter Zunächst wurde ein Ausbildungskonzept für die rund 90 internen Teambegleiter (intern: Agility Instructor) entwickelt und umgesetzt. Die Teilnehmenden durchlie- fen ein 23-tägiges Curriculum, mit dem sie auf die neue Rolle vorbereitet wurden. Neben dem Umgang in Veränderungs- prozessen und den Grundgedanken der Selbstorganisation beinhaltete dies ein Verständnis für systemisches Denken und Handeln, Handwerkszeug aus den Berei- chen Kommunikation und Konfliktma- nagement, lösungsfokussiertes Coachen und Resilienz. Das mediative Konfliktmanagement bil- dete dabei mit 25 Prozent einen wichti- gen Schwerpunkt. Praxisorientiert wur- den die Agile Instructors in Empathie, Aktivem Zuhören, Verhandlungsführung, Konsensorientierung und Konfliktver- mittlung trainiert und durch Rollenspiele vorbereitet. Das Unternehmen hatte hier- für ein Budget für externe Ressourcen be- reitgestellt. Viele der ehemaligen Team- begleiter sind heute in den Rollen Agility Master oder Product Owner auf Team-, Einheiten- oder Clusterebene tätig. Un- terstützung gab es auf der internen Ar- beitsebene im HR-Bereich, Gesundheits- management, Arbeitsrecht, bei Schwer- behindertenvertretung und Betriebsräten, Diversity, Compliance, internen Mediato- ren und Coachs. Die verschiedenen Insti- tutionen und Gremien im Unternehmen und Konzern, die sich mit Konflikten und/oder deren Auswirkungen beschäf- tigen, wurden frühzeitig mit einbezogen und sagten ihre Mitarbeit zu. So waren im DB-Konzern die Ombudsstelle und der Mediatorenpool wichtige Ansprech- partner und Unterstützer bei der Konflikt- bearbeitung. Parallel wurden in den ver- gangenen Jahren 20 Mediatorinnen und Mediatoren ausgebildet. Dabei waren eine anerkannte Ausbil- dung nach den Ausbildungsstandards des Bundesverbandes Mediation e. V. (200 Stunden) und eine Ausrichtung auf Wirt- schaftsmediation wichtig. Die Mediatoren werden als interne Konfliktberater und

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