Wirtschaft und Weiterbildung 2/2021

R wirtschaft + weiterbildung 02_2021 29 dann würden ihre Gedankenspiele offizi- ell und sie müssten hierüber auch die Ka- pitalmärkte informieren, weil solche Infos „kursrelevant“ sind. Top-Manager befinden sich in einem Dilemma Doch auch die Top-Entscheider in nicht- börsennotierten Unternehmen können nicht alles gleich lauthals verkünden, was sie mittel- oder langfristig in Betracht ziehen, betont Cornelia Mast, Inhaberin der Unternehmensberatung Mascon Ex- perts in Niederkirchen (Pfalz), die unter anderem fünf Jahre CEO bei der Pfaff In- dustriesysteme und Maschinen AG war. „Denn sie müssen stets auch bedenken: Welche Auswirkungen hätte es auf die Beziehung zu unseren Kunden, Lieferan- ten und Kapitalgebern wie Banken, wenn sie erfahren würden, dass wir zum Bei- spiel erwägen, eine bestimmte Produkt- linie einzustellen oder unseren Service auszulagern?“ Doch schon in normalen Zeiten spre- chen viele Führungskräfte mit ihren Mit- arbeitern zu wenig über ihre Arbeit, die damit verbundenen Erwartungen und Ziele seitens des Unternehmens und ihr Befinden. In Krisenzeiten, in denen sie noch stärker als sonst als Entscheider und Manager gefragt sind und selbst unter Anspannung stehen, ist mangelnde Kom- munikation jedoch ein großes Übel. Dann sagen zum Beispiel die Top-Entscheider im Unternehmen nicht selten, nachdem sie weitreichende Beschlüsse trafen, zu den ihnen nachgeordneten Führungs- kräften: „Kümmert ihr euch darum, dass ….“ Und diese sagen wiederum zu den ihnen nachgeordneten Führungskräften, weil sie selbst unter Stress stehen: „Küm- mert ihr euch darum, schließlich seid ihr ja Führungskräfte.“ Und so weiter. Und die Letzten, also zum Beispiel die Füh- rungskräfte auf der Shopfloor-Ebene? Die beißen sprichwörtlich die Hunde. Nicht selten wird die Aufgabe „Kommu- nikation der Beschlüsse und Vorhaben“ auch an die Stabsabteilungen „Personal“ oder „Kommunikation“ delegiert. Das geht nach Auffassung des Organisati- onsberaters Klaus Doll, Neustadt an der Weinstraße, „gar nicht“. „Zwischen den Mitarbeitern der Stabsabteilungen und denen der Fachabteilungen besteht oft keine gewachsene persönliche Vertrau- ensbeziehung“, so Doll. „Entsprechend wenig Bedeutung messen sie deren Wor- ten bei.“ Dies gilt insbesondere für die Verlautbarungen der Kommunikationsab- teilungen, die laut Doll in manchen Un- ternehmen von den Mitarbeitern nur als „Papiertiger“ oder gar „obrigkeitshörige Eunuchen ohne Eier“ wahrgenommen werden. Entsprechend wenig Bedeutung messen sie zum Beispiel deren weichge- spülten internen Mails bei. Das Verschwinden der Identifikation verhindern Viele Unternehmen kämpfen zurzeit damit, dass die Identifikation der Mit- arbeiter bröckelt und zwar je länger die Coronapandemie andauert. Das gilt in erster Linie für die Kurzarbeiter, die zum Teil seit Monaten zuhause sitzen und von ihrem Arbeitgeber nichts mehr gehört haben. Das gilt in verstärktem Maße auch für die Mitarbeiter im Homeoffice. Denn sie geraten im Führungsalltag schnell in Vergessenheit, weil sie sozusagen nicht präsent sind. Und weil zudem das sonst übliche „Gespräch en passant“, wie der Berater Simon betont, entfällt. „Es gibt zwar noch eine allgemeine Information, zum Beispiel im wöchentlich offiziell an- beraumten Telefon- oder Video-Call, doch letztlich findet keine Führung mehr statt“. Auch dies lässt mit der Zeit die Identifika- tion mit der Arbeit und dem Arbeitgeber sinken.

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