Wirtschaft und Weiterbildung 2/2021

wirtschaft + weiterbildung 02_2021 25 line. Das gute alte Jahresgespräch mag immer noch wichtig sein, um die Arbeit der Mitarbeitenden und die Zusammen- arbeit gründlich zu reflektieren, Verein- barungen zu treffen etc. In der täglichen Arbeit hingegen zählt permanentes Feed- back, und bei Remote Work umso mehr. Geben Sie nicht nur Feedback, sondern auch „Feedforward“. Das heißt: Rückmel- dung mit konkreten Wünschen in kür- zeren Zeitabschnitten. Vor allen Dingen sollten Sie sich Feedback von Ihrem Team holen. Machen Sie einen guten Job als Digital Leader und in der Remote-Arbeit? Wer nicht fragt, der nicht gewinnt. 12. Führen Sie ein Daily ein (täglicher Status, kurz und knackig) Wenn in Ihrem Unternehmen schon agil gearbeitet wird, kennen Sie das soge- nannte „Daily Stand-up“. Falls Sie es noch nicht kennen, sollten Sie es jetzt digital einführen. Die Grundidee dieser guten Routine, die ursprünglich aus einer agi- len Projektmanagement-Methode namens Scrum kommt, besteht darin, in einer Projektgruppe täglich ein kurzes Meeting von maximal 15 Minuten Dauer abzuhal- ten. Jeder aus dem Team sagt kurz, woran er gerade arbeitet. Häufig geschieht dies in Kombination mit einem weiteren Tool, dem sogenannten Kanban Board. Diese Methode stammt von Toyota aus dem Jahre 1947 und betraf ursprüng- lich die Lagerhaltung. In der modernen Arbeitswelt ist damit meistens gemeint, dass man die Aufgaben nach Status sor- tiert: Welche werden gerade bearbeitet, welche stehen noch an, bei welchen ist man im Verzug? Das Ganze wird visuell dargestellt, entweder physisch an einem Whiteboard, dem Kanban Board, mit Mo- derationskarten oder Post-its. Oder eben digital, zum Beispiel mit einem Tool wie Trello. Wenn Sie bisher noch nicht so ge- arbeitet haben, weil Sie nicht aus der IT sind, sollten Sie zumindest das tägliche Daily einführen: gut moderiert, am bes- ten mit einem digitalen Kanban Board. Mögliche Fragen: Was hast du gestern ge- macht? Was willst du heute tun? Und was behindert dich gerade in deiner aktuellen Arbeit? Die Fragen können Sie natürlich anpassen. Entscheidend ist, dass Sie morgens ein rituelles Meeting von kurzer Dauer abhal- ten, in dem jede und jeder sagt, was sie oder er gerade tut. Dies sorgt für Trans- parenz und einen positiven Kollateral ­ nutzen. Alle sehen sich und jeder weiß, was der andere macht. 13. Führen Sie regelmäßig Retrospek- tiven durch Unsere Zeit wird immer schnelllebiger. Alle halbe Jahr einen Workshop durch- zuführen, um zu fragen, was läuft gerade gut und was nicht, reicht heute nicht mehr. Ein hilfreiches Tool, ebenfalls aus der agilen Arbeitswelt, ist hierbei die sogenannte Retrospektive. Erklärt sich fast von selbst. Mindestens einmal im Monat, im Idealfall wöchentlich, sollten Sie sich fragen: Passt das eigentlich, was wir gerade tun? Was läuft gut, was läuft schlecht? Womit sollten wir aufhören, was sollten wir weiterführen, und wer hat eine neue Idee? Genauso sieht die klassi- sche Retrospektive aus. 14. Schaffen Sie Raum für informelle Kommunikation Erinnern Sie sich noch? Am Anfang der Corona-Zeit war es weit verbreitet, dass Menschen in den sozialen Kanälen Bilder ihrer informellen Live-Online-Meetings posteten. Gemeinsames Kaffeetrinken, Mittagessen, Feierabendbierchen – alles online. Nach einigen Monaten wurden nicht nur die Bilder auf Facebook und Instagram seltener. Auch in den Unter- nehmen wurden diese Meetings nicht mehr durchgeführt. Sehr schade. Fördern Sie das Netzwerken und den informellen Austausch auch online. Wie Sie das ma- chen, bleibt Ihrer und der Kreativität Ihrer Mitarbeitenden überlassen. Wichtig ist, dass Sie informelle Kommunikation als Notwendigkeit betrachten und passende Formate dafür schaffen. 15. Achten Sie auch auf die vorhande- nen Ressourcen Remote-Arbeit ist fordernd. Dummer- weise hat es sich im Jahr 2020 eingeschli- chen, dass viele die guten alten Regeln des Zeitmanagements komplett missach- ten. Live-Online-Meetings werden so ein- gerichtet, dass eines direkt nach dem an- deren folgt. Die komische Formulierung „Ich habe einen harten Anschlag und muss jetzt raus“ kennen Sie vielleicht. Ziemlich absurd, nicht nur die Formulie- rung, die eher nach einem terroristischen Akt klingt, sondern auch die Praxis des Verschwindens als solche. Sie sollten zwi- schen jedem Meeting ein paar Minuten Pause haben. Alles als gleichermaßen wichtig und dringlich zu erachten, ist ein Fehler. Schon seit vielen Jahren lehrt uns ja die Eisenhower-Methode: Man muss Priori- täten setzen. Sie als Führungskraft soll- ten auf Ihre Ressourcen achten. Jeden Tag acht oder mehr Stunden ohne Pause zu arbeiten, ist ungesund. In Krisenzei- ten mag das angemessen sein, aber ein Dauer zustand darf es nicht werden. Inso- fern sorgen Sie nicht nur für Ihre Mitar- beitenden, sondern auch für sich selbst. Die modernen Werkzeuge, von denen hier in diesem Artikel die Rede war und die eine Online-Zusammenarbeit erst er- möglichen, müssen letztlich von allen Führungskräften durch stetiges Üben er- lernt werden. Noch anspruchsvoller wird es, wenn die nächste technische Verände- rung ansteht. Im Bereich der Live-Online- Kommunikation werden das die Augmen- ted Reality und die Virtual Reality sein. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis wir VR-Brillen tragen und die Online-Kommu- nikation sich dadurch noch mehr der phy- sischen Kommunikation im realen Raum annähert. Dann werden Elemente wie die Körpersprache eine viel größere Rolle spielen. Die spannende Frage ist letztlich aber, wie ein Chef den Wechsel zwischen Remote-Arbeit und der Zusammenarbeit im traditionellen Büro meistert. Albrecht Kresse, Jannis Herzog Buchtipp. Albrecht Kresse, Jannis Herzog: „Live Goes Online“, Berlin 2020, 226 Sei- ten, 19,90 Euro (nur über www.edutrain- ment.com oder Amazon zu beziehen)

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