Wirtschaft und Weiterbildung 2/2021
wirtschaft + weiterbildung 02_2021 19 Wirtschaftsausbildung nicht vermittelt“, so der Organisationspsychologe und Autor des Buchs „Changing Employee Behavior“. Deshalb versagten viele auch dabei, das Verhalten ihrer Mitarbeiter zu verändern. Denn dazu müssten sie wis- sen, was ihre Mitarbeiter überhaupt mo- tiviert. Trauer überwinden Ein Klassiker am IMD ist das sechstägige „High Performance Leadership“ (HPL), das achtmal im Jahr durchgeführt wird und von dem Organisationspsychologen George Kohlrieser geleitet wird. In dem Kurs beschäftigen sich die Teilnehmer intensiv mit ihrer eigenen Persönlichkeit und entwickeln ihren individuellen Lea- dershipweg. Der Professor of Leadership and Organizational Behavior veröffentli- chte im September einen Artikel über die versteckten Gefahren von unverarbeiteter Trauer. Diese wirke sich teils erheblich auf die Leistungsfähigkeit der Manager und ihren Umgang aus und koste laut einer Studie allein US-Firmen 75 Milliar- den Dollar im Jahr. Von den über 7.000 Teilnehmern des HPL- Kurses seien mehr als ein Drittel aller Teilnehmer einmal in ihrem Leben von Trauer betroffen gewesen. Und in Zeiten der Coronapandemie treffe das wohl auf noch viel mehr Personen zu - sei es, dass man einen Bekannten verloren habe, Mitarbeiter entlassen musste, die eigene Karriere abgebremst worden sei oder man seine Freunde nicht mehr treffen könne. Kohlrieser beschreibt drei Schritte, mit denen sich unverarbeitete Trauer bewäl- tigen lässt: Bewusstwerdung, Akzeptanz der Realität und eine Veränderung der ab- gespeicherten Erinnerungen. Wie groß der Einfluss unbewusster Ängste und unterdrückter Emotionen auf scheinbar rationale Managemententschei- dungen ist, hat in Europa vor allem der Managementexperte und Psychoanaly- tiker Manfred Kets de Vries bekannt ge- macht. In seinen Büchern „Führer, Nar- ren und Hochstapler: Die Psychologie der Führung“, „The Leader on the Couch: A Clinical Approach to Changing People & Organizations“ oder „Sex, Money, Happi- ness, and Death: The Quest for Authenti- city“ beschäftigt er sich fundiert mit der Psyche von Managern. Inzwischen ist der Professor für Leadership Development and Organisational Change an der Insead Business School zwar emeritiert, leitet dort aber immer noch das Programm „The Challenge of Leadership“. In dem Kurs erfahren die Teilnehmer, wie genau Menschen das Funktionieren einer Orga- nisation beeinflussen. Sie beschäftigen sich mit bewusstem und unbewusstem Verhalten, mit rationalen und irrationalen Handlungen, lernen, wie sie mit irratio- nalen und dysfunktionalen Prozessen umgehen können und erforschen ihren eigenen Führungsstil. Auch in anderen Leadership-Programmen am Insead wie „High Impact Leadership Program“ oder „Leading for Results“ geht es explizit um psychologische Themen. Konstantin Korotov hat mit Manfred Kets de Vries eng zusammengearbeitet, als er seine Promotion mit Fokus auf Organiza- tional Behavior am Insead erworben hat. Heute lehrt Korotov als Management-Pro- fessor an der ESMT in Berlin. „Wir haben eine sehr große Nachfrage bei Kursen, die sich mit Psychologie befassen“, freut er sich. „Die Manager sind sehr interessiert, etwas über sich selbst und andere zu ler- nen.“ Das gelte vor allem für Ingenieure und Naturwissenschaftler in Führungspo- sitionen. In dem von ihm geleiteten Kurs „Leading with Psychological Intelligence“ lernen die Teilnehmer, wie sie mehr psycholo- gische Sicherheit für ihre Mitarbeiter schaffen können, indem sie zum Beispiel Regeln festlegen und mehr Geduld auf- bringen. Gerade für Naturwissenschaftler sei es oft schwer zu verstehen, wie wich- tig es manchmal sei, ausführlich über eine Sache zu sprechen. „Sie sind es ge- wohnt rational und analytisch vorzuge- hen und halten solche Gespräche oft für Zeitverschwendung“, so der Professor. Doch gerade wenn es Probleme mit dem Engagement gebe, sei eben auch der Auf- bau einer guten emotionalen Beziehung wichtig. In dem Kurs dreht sich vieles auch um Themen wie den Umgang mit Unsicher- heit oder das sogenannte „notwendige Übel“, also eine Entscheidung, die not- wendig für das Unternehmen ist, aber einzelne Interessen verletzt – egal ob fi- nanziell oder leider auch psychologisch. Müsse zum Beispiel ein Projekt, in das Mitarbeiter viel Herzblut und Zeit ge- steckt haben, gestoppt werden, dann müssten Manager wissen, wie sie mit dem berechtigen Ärger oder der Wut der Mitarbeiter umgehen. „Unser psycholo- gisches Basiswissen ist der erste Schritt, um ein Team zu verstehen“, so Professor R „ Ohne Psychologie geht nichts, vor allem bei den obersten Führungskräften.“ Thomas A. Gutzwiller Konstantin Korotov (ESMT). Seine Forschungsschwer- punkte liegen im Bereich Organizational Behavior, Führungs- und Personalma- nagement.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==