Wirtschaft und Weiterbildung 4/2021
54 wirtschaft + weiterbildung 04_2021 hot from outside Jeder kennt bestimmt ein Beispiel dafür, dass bei irgendeinem Sportfest genau der Athlet mit dem größten Selbstvertrauen gewann. „Selbstvertrauen soll Erfolg bringen?“, fragt sich Don A. Moore ungläubig und gibt zu bedenken: „Das Problem mit den Korrelationen ist, dass sie keine Kausalität aufzeigen.“ Das heißt, es ist möglich, dass es den Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung gar nicht gibt. Wenn ein Sportler fähiger als andere ist, dann erhöht das offensichtlich seine Leistung und es erhöht normalerweise auch noch das Selbstvertrauen. Wenn also selbstbewusstere Athleten erfolgreich sind, kann dies in Wahrheit daran liegen, dass sie wissen, wie man es richtig macht, und dies erklärt laut Moore sowohl ihr Selbstvertrauen als auch ihren Erfolg. Das Buch ist nicht so kompliziert, wie es sich gerade anhören mag. Schlicht und ergreifend geht es dem Autor um folgende Botschaft: „Liebe Leser, über- schätzt euch nicht, unterschätzt euch aber auch nicht. Nur mit einem Mittelweg in Sachen Selbstver- trauen lebt man auf Dauer ein erfolgreiches Leben – ein Leben, das einem peinliche und schmerzhafte Abstürze erspart, das es aber auch nicht zulässt, dass man wegen mangelndem Selbstvertrauen vor- teilhafte Gelegenheiten versäumt.“ Der wichtigste Teil des Buchs dreht sich folglich um die Frage, wie ein Mensch „perfectly confident“ wird und zu einer ehrlichen und realistischen Selbstein- schätzung kommt. Der Weg ist mühsam, denn man muss sich selbst durch ein Assessment schicken, indem man anhand konkreter Fälle aus der Ver- gangenheit sein früheres Selbstvertrauen mit den damals erzielten Ergebnissen vergleicht. Prozentan- gaben helfen bei der Selbstbeurteilung. Nur der Blick zurück auf optimistische Gefühle und der sich anschließenden Performance hilft laut Moore weiter: „Hat mein perfektes Selbstvertrauen damals allen Ernstes zu klugen Entscheidungen geführt? Wo habe ich Herausforderungen angenommen, für die ich noch nicht bereit war? Wie schneide ich ab, wenn ich mich ehrlich mit anderen vergleiche?“ Hilf- reich soll es auch sein, wenn man die Perspektive wechselt und sein früheres Handeln aus dem Blick- winkel eines Wettbewerbers oder gar eines Feindes betrachtet. Mit welchen Argumenten die wohl gegen einen gewettet hätten? Der Inhalt des Buchs könnte so manches Führungskräfteseminar bereichern. Ernsthafte Forschung wird geschickt mit lockerem Storytelling kombiniert. Dr. Don A. Moore forscht seit zwei Jahrzehnten zur Psychologie des Vertrauens. Er hat einen Lehr- stuhl für Management und Führung an der Haas School of Business der University of California in Berkeley inne. Über seine Forschungen hat er auch in diversen Fachzeitschriften berichtet. Für die populäre „Psychology today“ schreibt er einen Blog (www.psychologytoday.com/intl/blog/perfectly-con- fident/202004/are-you-risk-misplacing-yourself) zum Thema Selbstvertrauen. Psychologie Es lebe der Mittelweg Don A. Moore, Perfectly Confident, Harper Col- lins Publishers, New York 2020, 267 Seiten, 25 Euro Keine Herausforderungen annehmen, für die man nicht bereit ist. „ „ Gudrun Porath Die freie Journalistin Gudrun Porath hat sich auf die zentralen Themen der Personalentwicklung und der Organisationsentwicklung spezialisiert. Sie ist E-Learning- Kolumnistin für www.haufe.de/personal un d Mitglied des Programmbeirats „Corporate Digital Learning Experience“ der Messe „Zukunft Personal Europe“ in Köln. Außerdem schreibt sie regelmäßig für das „Personalmagazin“ und „Wirtschaft + Weiterbildung“.
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