Wirtschaft und Weiterbildung 4/2021
R wirtschaft + weiterbildung 04_2021 49 beiten ihre Energie fokussieren, ist sehr unterschiedlich: Manche haben eher ein- zelne Personen(-gruppen) im Blick. Who – Für wen arbeite ich? Andere haben das Unternehmen bezie- hungsweise die Organisation im Blick und wieder andere eine bestimmte Ge- meinschaft oder die Gesellschaft insge- samt. Fokus Menschen: Viele Personen arbeiten bevorzugt für Menschen, die sie persön- lich kennen und wertschätzen. Das kann ihr Chef sein, das können aber auch Kol- legen sein, die sie nicht im Stich lassen möchten. Ebenso können dies Kunden sein, zu denen sie eine persönliche Bezie- hung entwickelt haben. Oder Personen- gruppen, für die sie Sympathien hegen – zum Beispiel Menschen mit einer Be- hinderung. Fokus Unternehmen/Organisation: Bei an- deren Personen speist sich die Motivation primär daraus, dass sie sich als Teil eines größeren Ganzen verstehen, zu dessen Wohlergehen oder Erfolg sie ihren Beitrag leisten möchten. Zum Beispiel, indem sie für ihr Unternehmen eine strategisch wichtige Software entwickeln. Dabei kann ihr Stolz, dieser Organisation anzu- gehören, sich ebenfalls aus unterschied- lichen Wurzeln speisen. Zum Beispiel daraus, dass diese Organisation der Tech- nologieführer in ihrem Markt ist. Oder dass sie sehr expansiv ist. Oder dass ihre flache Hierarchie den Mitarbeitern große Gestaltungsspielräume lässt. Fokus Gesellschaft/Gemeinschaft: Wie- der andere Personen ziehen den Sinn primär daraus, dass sie mit ihrer Arbeit in ihren Augen einen Beitrag zum Wohl- ergehen oder zur Weiterentwicklung der Gesellschaft leisten. Dies kann die Gesell- schaft als Ganzes sein, wenn das Unter- nehmen zum Beispiel im Gesundheits- oder Umweltschutzbereich aktiv ist oder zur technologischen Innovation beiträgt. Dies kann aber auch eine lokale oder re- gionale Gemeinschaft sein. Zum Beispiel, wenn Menschen sich dem Wohlergehen der Personen in ihrem unmittelbaren Le- bensumfeld, beispielsweise ihrer Nach- barschaft verpflichtet fühlen. Hieraus resultiert die Frage: Für wen ar- beitet Ihr Unternehmen? Für einzelne Menschen oder Personengruppen? Für andere Unternehmen/Organisationen oder die Gesellschaft? Je stärker sich Ihre Mitarbeiter mit dem „Who“ identifizieren können, desto selbstverantwortlicher und engagierter arbeiten sie. Also sollte Ihr Unternehmen auf diese Frage eine Ant- wort haben. Why – Warum arbeite ich? Laut Hurst gibt es zwei Arten des Warums: Entweder machen Menschen etwas, weil sie an das Prinzip „Karma“ glauben oder weil sie der Welt und den Menschen zu mehr „Gerechtigkeit“ verhelfen möchten. Karma: An das Karma zu glauben, be- deutet für Hurst, dass man überzeugt ist: Was ich „Gutes“ tue, fällt irgendwie auch positiv auf mich zurück. Dasselbe gilt für schlechte Taten. Menschen, die an das Karma glauben, erachten dieses sozu- sagen als ein physikalisches Gesetz, das man nicht aushebeln kann. Sie sind über- zeugt, dass Systeme sich letztlich immer wieder von selbst ins Gleichgewicht bringen. Deshalb haben sie in der Regel ein liberales Wirtschaftsverständnis. Sie vertrauen auf das freie Spiel der Kräfte und sind überzeugt, dass sich die Märkte immer wieder von selbst ausbalancieren. Und bezogen auf das Individuum neigen sie zu der Auffassung: Jeder ist – unab- hängig von seiner Herkunft – seines Glü- ckes Schmied. Gerechtigkeit: Diesem Credo steht dia- metral das Denken der Menschen gegen- über, die ihr „Warum“ an Gerechtigkeit ausrichten. Sie sind überzeugt: Es bedarf Reglementierungs- und Steuerungsme- chanismen, um Gerechtigkeit sicher- zustellen. Das motiviert sie, einen akti- ven Beitrag zum Schutz der (potenziell) Schwachen oder Bedrohten zu leisten. Dies können einzelne Bürger oder Kon- sumenten ebenso wie die Umwelt oder Freiheit sein. Deutlich lässt sich diese Dualität auch in der aktuellen Debatte über das Thema Digitalisierung wieder- finden. Während manche Menschen in ihr, überspitzt formuliert, die Lösung aller Menschheitsprobleme sehen, sehen andere primär die Gefahren, die von ihr ausgehen. So zum Beispiel, dass sich Mo- nopole bilden, die den Wettbewerb aus- hebeln, oder dass Überwachungssysteme entstehen, die die bürgerliche Freiheit be- drohen. Also fordern sie eine staatliche Steuerung dieser Entwicklung, um aus ihrer Warte höherwertige Güter wie Frei- heit, Gerechtigkeit, fairer Wettbewerb zu bewahren. Hieraus resultiert die Frage: An wen rich- tet sich das „Warum“ Ihrer Organisation? Eher an Menschen, die an das „Karma“ glauben, oder an solche, die für „Ge- rechtigkeit“ eintreten? Angenommen Ihr
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